Denn was hier verhandelt werden soll, bleibt ein Rätsel. Vielleicht geht es um eine verpasste Liebe, die zwischen Tannhäuser und Elisabeth, zerrieben zwischen Trieb und Tugend. Doch wird die keusche Elisabeth am Ende so ungebrochen und umstandslos in den Stand der Heiligkeit entrückt, dass auf der anderen Seite für Tannhäuser wenig mehr bleibt als ein arme-Sünder-Dasein. Da stirbt er denn auch, und Arlaud lässt das tote hohe Paar so schön symmetrisch drapieren, Chor und Orchester der Bayreuther Festspiele machen so überwältigend laut Musik dazu, dass für weitere Fragen hier gar kein Platz bleibt. Dummes Stadttheater, nur teurer ausgestattet mit grellen 80er Jahre Geschmacklosigkeiten. Und immer noch fragt man sich, ob man am Ende bloß das erlösende Ironiesignal übersehen hat. Sollte Arlaud als sein eigener Bühnenbildner mit seinen grüner als grünen Wiesen wie aus dem Fernsehen für Kleinkinder die Künstlichkeit der künstlichen Tannhäuser-Paradiese zwischen Venusberg und Wartburg anprangern wollen? Wenn ja, kennt er sein Publikum schlecht: das findet den Kitsch wohl ganz schön.
In der grellen Ödnis der falschen Bilder wird viel gefuchtelt (mit Schwertern), es wird viel herumgeschmissen (Notenblätter, Harfen, Kreuze, Blumen) dann wieder in gefrorenen Stellungen herumgestanden. Es ist ein Krampf. Und umso trauriger, als dieser Bayreuther "Tannhäuser" musikalisch seine Meriten hat. Christian Thielemann dirigiert die sprödere Dresdener Fassung inzwischen deutlich knalliger, mit einer klaren Dramaturgie der Steigerungen und Sinn für den großen Effekt. Man kann das gegenüber seiner subtileren Herangehensweise der letzten Jahre als Vergröberung kritisieren - und muss doch staunen, wie lustvoll gespannt ihm das Orchester darin folgt. Das hat alles Saft und Kraft, es wird irgendwann halt recht laut. Die Ensembles sitzen, der Chor singt umwerfend. Kwangchul Youn ist ein nicht nur prachtvoller, sondern auch fein differenzierender Landgraf. Bei Roman Trekels Wolfram wird dagegen ein Hang zum vokalen Over-acting, zu Ausdrucks-Manierismen spürbar, das kam zwar gut an, und blieb doch unter seinen Möglichkeiten. Dafür gibt Ricarda Merbeth ihrer Elisabeth immer mehr Farben und Facetten
Der Sänger klugen Weisen lauscht man gern. Doch nach Boulez-Schlingensiefs Aufbrucharbeit an dem anderen Erlösungsstoff "Parsifal" ein Tag zuvor wirkte Arlauds buntes Tannhäuser-Arrangement irgendwie absurd.