
"Auf einer mittelalterlichen Burg in einem Turmzimmer sitzen und den ganzen Tag schreiben, schreiben, schreiben - wie sonst sollte wohl der Job einer Burgenbloggerin aussehen...? Wenn ich morgens aufgestanden bin, meinen Tee getrunken hab, und einmal oben auf dem Burgturm hinausgeschaut hab, dann stehen meistens Termine an, ich fahre hin und treffe mich mit Leuten in Oberwesel, in St. Goarshausen, wie eine klassische Lokalreporterin, dann komme ich irgendwann zurück auf die Burg, mach einen kurzen Schnack mit den Leuten vorne im Kassierhäuschen... Und dann setze ich mich an den Tisch und schreibe und manchmal vergisst man dann auch, dass man auf einer Burg ist, man ist dann ja auch in einer eingerichteten Wohnung und manchmal gucke ich dann zum Fenster raus und denke: Ach ja richtig! Da ist ja diese Burg!" (lacht)
Dem Klischee zu entsprechen, dazu hat Jessica Schober keine Lust. Von wegen Burgfräulein, das malerisch im Erker sitzt und verträumt den Schiffen zuwinkt, die auf dieser stark befahrenen Handelsstraße namens Rhein auch nicht mehr wirklich romantisch wirken. Nicht, dass die Burgenbloggerin keinen Blick für die Besonderheit ihres ungewöhnlichen Zuhauses auf Zeit hätte:
"Die Aussicht ist großartig. Wenn man morgens die Tür aufmacht, sieht man über den Rhein, man sieht die Weinhänge, gegenüber sieht man einen Steinbruch, und ich find das eigentlich interessant, man hat da jeden Tag so ein bisschen Kino."
Aber die ungewöhnliche Schönheit der Landschaft und die Faszination dieses historischen Ortes, von dem aus einst, im 11. Jahrhundert, Raubritter ihr Unwesen trieben, und der später, im 19 Jahrhundert, von Preußens König Friedrich Wilhelm wieder aufgebaut und bewohnbar gemacht wurde, sollen den Blick der Burgenbloggerin nicht weichzeichnen. Das würden ihr die aufmerksamen Leser ihres Blogs wohl auch nicht durchgehen lassen:
- Um genau zu sein gibt es zwei sehr wichtige Themen für uns hier: Demografie (betrifft das Leben der alten Menschen hier und auch der Jungen) und Tourismus. Ohne das alles gehen auch nach und nach die Geschäfte kaputt und somit auch die Lebensqualität derer, die hier wohnen!
- Hallo Frau Burgenbloggerin, verfolge gerne den Blog und finde ihn auch gut. Sie schreiben, die Burg macht was mit mir, finde ich sehr schön beschrieben. Könnte es aber auch sein, dass das Tal etwas mit Ihnen macht? Bisher bewegen sie sich mit Ausnahme der Bahnlärmdemo in Koblenz fast nur um Ihren eigenen Burgturm. Vielleicht ist der Radius etwas größer, als bei den Einheimischen, aber das Tal ist 70 Kilometer lang.
- Ich habe seit 25 Jahren ein Geschäft in Bacharach und die Entwicklung in dieser Zeit ist alles andere als gut. Leider wollen das viele nicht sehen... Deshalb sehe ich auch eine große Chance für uns alle darin, dass die Burgenbloggerin von außen kommend mal auf uns blickt und auch Dinge aufzeigt, die hier viele nicht sehen wollen oder können.
Ein Interview schaffte es bereits in den Landtag
"Ich les das jeden Tag und man kann nur begeistert sein, dass mal jemand da ist, der den Spiegel vorhält. Weil doch das Rheintal ein bisschen eingeschlafen ist und das sind Tatsachen, die muss man ins Auge schauen," meint auch Klaus Hinner, der die Touristen durch die historischen Räume von Burg Sooneck führt. Das mit dem "Spiegel vorhalten" hat übrigens schon geklappt. Und es hat heftige Wellen geschlagen, die bis nach Mainz zu spüren waren, wo die Arbeit von Jessica Schober schon im ersten Monat nach Amtsantritt Gegenstand einer hitzigen Landtagsdebatte wurde. Stein des Anstoßes: ein Interview, das sie mit Kulturstaatssekretär Schumacher führte und in dem der Tacheles redete, zum Beispiel über die trostlose Umgebung der Loreley.
- "Mein Interview war hart, aber herzlich. In der Sprache eines Tweets: klare Worte statt heißer Brei."
- "Was wir stattdessen erleben: verspotten, abkanzeln, von oben herab."
- "Sie beschädigen das brandneue Amt der Burgenbloggerin, die mit Recht von sich sagt: Sie will - hören Sie mir zu - sie will den Burgfrieden stören..."
"Das fand ich spannend. Toll zu sehen, dass Leute da so munter diskutieren, wenn da jemand den Finger in die Wunde legt. Einige haben angefangen, ihre Heimat zu verteidigen, andere haben gesagt, ja, in gewissen Sachen hat er aber recht. Da scheint grade so eine Debatte in Gang zu kommen, die ich gut finde."
Mit der Bilanz ihres ersten Monats als bloggende Burgbewohnerin kann Jessica Schober also zufrieden sein.