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Burgfrieden zwischen IOC und FIFA

Das Internationale Olympische Komitee IOC und der Fußball-Weltverband FIFA sind die beiden reichsten und mächtigsten Sportkonzerne der olympischen Welt. Das Verhältnis der beiden Organisationen ist traditionell von Spannungen begleitet. Vor einer Woche hatte FIFA-Präsident Joseph Blatter dem IOC mangelnde Transparenz vorgeworfen. Mit der Verlegung der Fußball-WM 2022 in den Winter, in unmittelbare zeitliche Nähe der Winterspiele 2022, gefährdet er die Einnahmen des IOC. Wie reagiert nun das IOC-Exekutivkomitee auf seiner Tagung in Lausanne?

Von Jens Weinreich | 13.01.2011
    Manche IOC-Exekutivmitglieder wollten sich nicht zu den Attacken des FIFA-Präsidenten Joseph Blatter äußern, der ja selbst IOC-Mitglied ist. Vizepräsident Thomas Bach zum Beispiel winkte nur ab, das Thema sei zu delikat, und verwies auf die Pressekonferenz des IOC-Chefs Jacques Rogge. Blatters teilweise wirren Attacken sind seit einer Woche eines der Hauptthemen im olympischen Umfeld. Intern tobt man - doch nach außen versuchte Rogge die Lage zu beruhigen. Nach einem Telefonat mit Blatter verkündete er einen Burgfrieden.

    Die Sache sei geklärt und vergessen, erklärte Rogge. Er sei sehr froh über die gute Zusammenarbeit mit der FIFA. Staunen im Saal. Die Frage, ob sich Blatter bei ihm entschuldigt habe, wollte er nicht beantworten.

    Eishockey-Weltpräsident, Blatter-Freund und IOC-Exekutivmitglied René Fasel sagt:

    "Ich meine, es ist 2022, noch viele, viele Jahre. Aber sicher ist das ein Thema für uns, natürlich. Wir haben die Winterspiele im Februar 2022. Wenn da eine FIFA-WM dazu kommt, ist das für beide Seiten nicht sehr positiv."

    Tatsächlich ist nichts geklärt, denn eine mögliche Verlegung der Fußball-WM 2022 in den Winter - wenige Wochen vor die Olympischen Winterspiele - könnten Einnahmeverluste für das IOC bedeuten. Es geht um mehrere Hundert Millionen Euro. Rogge erklärte:

    "Für das IOC ist das sehr klar. Das IOC wird Winterspiele natürlich im Winter ausrichten. Wenn die FIFA irgendwann einen WM-Termin festgelegt hat, werden wir uns zusammensetzen und sehen, dass unsere Interessen nicht verletzt werden."

    Hinter den Kulissen aber rumort es gewaltig. Angeblich sollen Hardliner in der FIFA sogar darauf drängen, der Fußball solle sich aus dem Olympiaprogramm verabschieden. Damit wäre die ewige Diskussion mit den Klubs über die Abstellung der Stars für die Sommerspiele beendet. Den Vereinen und Verbänden könnte die FIFA damit eine gewisse Entspannung in der Kalenderplanung offerieren - als Gegenleistung müssten die Vereine der WM-Verlegung in den Winter zustimmen und nur einem den Spielkalender ändern. Die Vereinigung der europäischen Top-Klubs, ECA genannt, trifft sich Anfang Februar in Genf. Es scheint, als sei ECA-Präsident Karl-Heinz Rummenigge durchaus kompromissbereit und nicht auf Konfrontation mit Blatter aus.

    Doch sind Olympische Spiele ohne Fußball denkbar?

    René Fasel sagt:

    "Nein, eigentlich nicht. Ich meine, der Fußball ist sicher ein Teil der olympischen Familie, der internationalen Sportfamilie. Für mich persönlich ist das schwer vorzustellen ohne Fußball."

    Im Gegensatz zu allen anderen 34 olympischen Weltverbänden ist die FIFA nicht die olympischen Tantiemen des IOC angewiesen. Das schafft der FIFA, die wie das IOC Milliarden umsetzt, eine Position der Stärke.

    Natürlich geht es ums Geld. Fasel glaubt, die technische Entwicklung eröffne beiden Konzernen neue Vermarktungsmöglichkeiten.

    "Wir wird die Technologie sein in zehn Jahren. Eigentlich weiß das niemand. Wird es noch immer dieses Schema der Fernsehrechte geben? Wahrscheinlich nicht. Es wird eine ganz andere Medienwelt geben, als wir heute haben."

    Rogge erklärte, dass die Rücklagen des IOC nun 555 Millionen Dollar betragen. Das Geld soll auch auf der Bank bleiben und nicht etwaige Mindereinnahmen wegen der zeitlichen Kollision von Winterspielen und Fußball-WM ausgleichen.