Das kleine Rhein- oder Winzerdörfchen Hammerstein hat sogar eine eigene Rheininsel, vorgelagert, Hammersteiner-Werth, heute ein Naturschutzgebiet. Und dieses Inselchen mit dem Namen Werth verwehrt den vorbeiziehenden Rheinschiffen und den Personendampfern teilweise den Blick auf den winzigen Ort. Man mag vom Rheindampfer aus sicher die Hammersteiner Weinlagen oben am Steilhang erkennen.
Ganz ähnlich erblickt 1840 der französische Schriftsteller Viktor Hugo, also vor 170 Jahren von einem qualmenden, ratternden, dampfgetriebenen Schiff, aus Köln kommend. Und wir lesen über Hugos Rheinreise:
Viktor Hugo ist 38 Jahre alt, bekannt vor allem durch seinen romantisch-dramatischen Roman vom unglücklich verliebten buckligen Glöckner von Notre-Dame. Hugo gilt auch als vorzüglicher Reiseschriftsteller. Man reiste damals, um darüber berichten zu können. Er hat sich fundiert über die wichtigen Orte und geschichtsträchtigen Burgen seiner Rheinreise vorinformiert.
Deswegen hält Viktor Hugo den Burgberg Hammerstein in einer doch sehr professionellen Tuschezeichnung fest. Habe sie in einer kleinen Kopie dabei. Er zeichnet diese Burg Hammerstein über dem Rhein thronend, zeichnet sie nicht als Ruine. Er hält sie fest, wie sie vor ihrem Abriss ausgesehen haben mag? Und diese Tuschzeichnung übernimmt Hugo auch in seinen Reisebestseller "Die Rheinreise". Und Hugo notiert auf Seite 187:
Hammerstein erfuhr [...] die Fehde der Grafen von der Wetterau mit den Erzbischöfen von Mainz und mit Kaiser Heinrich II. im Jahre 1017; die Flucht Kaiser Heinrich IV. im Jahre 1105; den 30-jährigen Krieg, den Durchzug der Schweden und Spanier [...] und die Verheerung der Franzosen im Jahre 1689 [...] und die Schande, im Jahre 1823 für nur hundert Taler verkauft zu werden.
Wir dagegen, die amtierenden Reiseweltmeister, wir radeln, wandern, oder schippern hier fast ahnungslos vorüber? Also beginnen wir unsere Recherche und befragen den Ortsbürgermeister Karl-Heinz Windheuser, wie viele Seelen hat denn dieses- oder Ihr Hammerstein?
Windheuser: "Wir haben knapp 400 Einwohner."
Nussbaum: "Woher kommt der Name Hammerstein? Ich hab so einen alten Siegelring von 1230 gesehen, der hat 3 Hämmer im Wappen. Ob hier mal Stein abgebaut worden ist?"
Windheuser: "Also man hat mit Sicherheit hier auch seine Steinbrüche gehabt, weil die Burg musste ja gebaut werden und da wurden schon eine Menge Steine gebraucht. Und die Weinberge sind alle mit Natursteinmauern gebaut. Aber wahrscheinlich kommt der Namen anderswo her. Und zwar stellt der Hammersteiner Schlossberg, auf dem sich ja die Burg befand und die heutige Ruine, stellt ja ein Hindernis für den Rhein dar. Das heißt, der Rhein muss ähnlich wie an der Loreley um den Berg fließen. Und im Althochdeutschen nannte man das "Hame" oder "Hamar", das bedeutet Hindernis. Und wahrscheinlich haben die Hammersteiner Burgherrn daher den Namen genommen."
Und direkt an diesem Burgfelsen angelehnt steht auch das Kirchlein, dem heiligen Georg geweiht. Innen auf dem barocken Hochaltar sticht der Drachentöter Georg auf den Drachen ein. Und eine Abbildung darüber. Ein barock ausgemaltes Bild von der "Dreifaltigkeit", gemalt von Januarius Zick.
Windheuser: "Janarius Zick, der von 1730 bis 1797 lebte. Zu dieser Zeit kurtrierischer Hofmaler in Ehrenbreitstein war. Und damit wird dieser Hochaltar entsprechend aufgewertet."
Und er malt einen etwas müde aussehenden Gottvater, daneben auf gleicher Augenhöhe Jesus. Und darüber in einer himmlischen Lichtwolke die Taube des Heiligen Geistes. Wie kommt nun so ein kleines, armes Weindörfchen Hammerstein an einen solchen Maler? Januarius Zicks Karriere, gleichzeitig eine Reisegeschichte, zusammengefasst:
Die Fresko-Maler, Vater und Sohn Zick, kommen aus dem süddeutschen Raum, arbeiten unter anderem auch in der Würzburger Residenz. Dann geht der junge Januarius Zick zu Studien nach Paris. Anschließend macht er sein Meisterstück mit einer prächtigen Freskierung im zweistöckigen Festsaal des opulenten Jagdschlosses Engers am Rhein.
Wir folgen nun dem ausgeschilderten "Rheinsteig". Hier sind wir mit dem Historiker und Buchautor Alexander Thon verabredet. Hab sein Buch über rheinische Burgen dabei. Titel "Wie ein Monarch mitten in seinem Hofstaate thront". Und dieser Titel greift die Burgen hier am Mittelrhein aus einer romantischen Rheinreisebeschreibung auf. Alexander Thon:
"Es ist aber auch geradezu ein Phänomen der sogenannten Rheinromantik, die ja zum großen Teil eigentlich von Ausländern mitbestimmt worden ist, seit dem Ende des 18. Jahrhunderts. Italiener, Holländer, dann natürlich vor allem die Engländer. Und deutsche Bevölkerung hat es dann auch in zunehmendem Maße entdeckt und sich gewundert, was diese Ausländer da wohl wollen?
Wie schön, dass Sie es erwähnen, Viktor Hugo, der ja auch andere Objekte sehr metaphorisch wertvoll beschrieben hat. Ich hätte es mir gewünscht, er hätte den Hammerstein noch mehr gewürdigt. Denn ich kann nur noch einmal sagen, wir haben nicht nur eine romantische Anlage, sondern hier die nach Schriftquellen älteste Burg am ganzen Mittelrhein vor uns."
Das heißt, zwischen Bingen und Bonn. Wir arbeiten uns nun weiter den Rheinsteig hoch, ein kurzer, steiler Anstieg. Etwa 130 Höhenmeter, dann sind wir oben auf dem Höhensattel, der zum Burgplateau führt. Und hier können wir uns in eine dramatische Begebenheit aus dem Jahre 1020 eindenken. Finsteres Mittelalter voller politischer Intrigen und Machtkämpfe. Da wird diese Burg, auf steilem Felsen, der Burggraf Otto von Hammerstein und seine Frau Irmingard, sie werden belagert. Deren Ehe ist angeblich der Stein des Anstoßes.
Das heißt, rund um den fast senkrecht hochragenden Burgberg und auch hier oben versucht der Erzbischof von Mainz mit seinen Soldaten und schließlich noch verstärkt durch ein Heer des Kaisers Heinrich II. diese Burg auszuhungern. Denn mit Pfeil und Bogen und mit Rammgeräten ist den festen Mauern nicht beizukommen, die Kanone noch nicht erfunden.
Thon: "Der gute Gaugraf Otto und seine Irmingard müssen sehr aneinander gehangen haben. Es lässt sich daran erkennen, dass die Ehe, eine sogenannte Nahehe sein sollte, kirchlich gesprochen, also schlicht zu nahe verwandt. Und sie haben es also geschafft über insgesamt mehr als neun Jahre lang die Streitigkeiten, die kirchlichen Synoden, wo die Ehe also annulliert, soweit sich zu wehren, dass sie am Ende es so kam, dass sie zusammenbleiben konnten."
Nussbaum: "Es waren politische Gründe?"
Thon: "Ja, der Erzbischof von Mainz hat in diverser Art und Weise versucht, diese Ehe auseinander zu bringen. Es war eine Ehe zwischen Verwandten vierten Grades, was eigentlich absolut unproblematisch war. Denn die wirklichen Gründe für diese Auseinadersetzung lagen darin, dass Otto als Gaugraf von Engersgau mit dem Mainzer Territorium des Erzbischofs in Konflikt geriet.
Dann kommt es im Jahre 1020 tatsächlich zu einer Belagerung, bei der auch Kaiser Heinrich II. teilnimmt, persönlich. Und diese Belagerung zieht sich nach den Schriftquellen mindestens drei Monate hin. Bis zum 26. Dezember des Jahres 1020, wo die Burg dann erobert wird."
Weihnachten 1020 verbringt also Kaiser Heinrich II. im winzigen Dörfchen Hammerstein. Er wird sicher in der kleinen Vorgängerkirche (unten) einem Weihnachtsgottesdienst beigewohnt haben. Denn Heinrich II. gibt sich als von Gott gewollter König und Kaiser. Er war vom Mainzer Erzbischof, ohne Mehrheit der Fürstenstimmen, eben von Gott gewollt-, zum König gesalbt und gekrönt worden. Und auf einem zeitgenössischen Bild wird es so dargestellt, als erhalte er von Jesus persönlich die Krone aufgesetzt und die Himmlischen überreichen Heinrich II. dabei auch einen Teil der Reichsinsignien, vor allem die Heilige Lanze. Das Thema Reichinsignien behalten wir bitte noch im Kopf.
Am zweiten Weihnachtsfeiertag 1020 gibt also das belagerte Grafenpaar am Hammerstein auf. Heinrich gewährt freien Abzug. Später appellieren die exkommunizierten Eheleute erfolgreich beim Papst, und das Verfahren wegen der Nah-Ehe wird aufgehoben.
So stapfen wir hier und heute zwischen vier Meter dicken Mauerresten, Torbögen und Fundamenten herum. Und dazu der umwerfende Blick hier von dem Felssporn, eine Art Burg-Berg-Balkon, steil abwärts auf den Rhein, tief unter uns.
Schließen wir die Akte "Otto". Und öffnen wir uns für das Jahr 1105, 85 Jahre später. Wir blättern das Stichwort Reichsinsignien wieder auf und lesen dazu:
Die Herrschaftszeichen der deutschen Könige sind unter anderem... Krone, Reichsapfel, Zepter, Schwert und gewissen Reliquien. Beispielsweise ein Nagel vom Kreuze Christi, der in die heilige Lanze eingelassen ist. Dieser Kreuzesnagel soll den die Lanze tragenden Herrscher militärisch unbesiegbar machen.
Wenn man es glauben mag? Diese Reichskleinodien sind gewissermaßen wie die PIN Nummern am Bankautomaten, sie sind der Schlüssel zur Macht. 1105 gehört Burg Hammerstein nun als Reichsgut zu den Immobilien des Wander-Kaisers-Heinrich IV.. In Stichworten der Lebenslauf .
Heinrich IV. war eine der schillerndsten Figuren des Mittelalters. Im Alter von zweieinhalb Jahren wird er wegen der unruhigen Zeiten auf Betreiben seines Vaters zum Mitkönig gewählt. Mit sechs Jahren verliert er den Vater und ist unmündiger Kindkönig eines gewaltigen, unruhig brodelnden Reiches. Mit elf Jahren erfolgt ein Staatsstreich, als der Junge in Kaiserswerth bei Düsseldorf vom Kölner Erzbischof entführt wird. Dieser erpresst damit auch die Reichsinsignien (also die PIN-Nummer) und gewinnt damit die Regentschaft über den jungen König und das Reich. Mit 15 tritt der junge Heinrich IV. sein schwieriges Erbe an. Mit 27 versucht er in Canossa sich und sein legal gewähltes Königtum diplomatisch vom päpstlichen Kirchenbann mit jener berühmten Unterwerfungsgeste zu retten.
Also im Jahre 1105 ist der Kaiser nun schon 54 Jahre alt. Er ist erneut gebannt, exkommuniziert, gilt in der römischen Propaganda als der Antichrist. Die Reichsfürsten werden mit dem Höllenfeuer bedroht, wenn sie sich nicht von Heinrich abwenden. In Rom geben sich derweil die Päpste und Gegenpäpste die Sakristeiklinke in die Hand. Im römisch-deutschen Großreiche geht es drunter und drüber. Der ältere Kaiser hat seinen zweiten Sohn um Mitkönig erhoben. König Heinrich V. Und Heinrich senior hat auch schon zwei gewählte Gegenkönige überlebt. Er ist quasi dauernd mit Blaulicht unterwegs oder auf der Flucht, auch vor seinem eigenen Sohn. Heinrich V. Der Kaiser führt dabei die wichtigen Reichsinsignien, wegen der PIN-Nummer, als die unerlässlichen Bestätigungssymbole seiner kriselnden Macht mit sich.
Thon: "Das sind die Ereignisse des Jahres 1105, wo die Auseinandersetzungen zwischen Vater und Sohn eskaliert sind. Es gibt militärische Auseinandersetzungen. Und der Vater, Heinrich IV. ist sich seiner Sache nicht mehr sicher und lässt bei einem Aufenthalt auf der Burg die Reichsinsignien unter der Betreuung der Reichsministerialen dort oben zurück. Will sich dann mit seinem Sohn in Koblenz treffen, was auch passiert. Und wird dort von seinem Sohn überrumpelt, gefangen genommen und später nach Burg Böckelheim an der Nahe verschleppt. Das Ganze endet damit, dass in Ingelheim der Sohn den Vater zwingt, förmlich abzudanken, und ihn auch dazu zwingt, die Reichsinsignien von Hammerstein zu holen. Und das ganze Geschehen steht quasi still bis zu dem Moment, wo diese Herrschaftszeichen auf der Synode eintreffen."
Nussbaum: "Also es mussten Meldereiter nach Hammerstein, mussten sagen, das ist nicht gefälscht, Heinrich IV. hat gesagt, einpacken in die Kisten und das muss so schnell wie möglich nach Ingelheim."
Thon: "Ja, ganz genau so. Ich darf das noch ergänzen. Heinrich IV. flieht dann aus Ingelheim Richtung Norden. Kommt wieder auch an Hammerstein vorbei. Geht bis nach Lüttich, wo er dann auch stirbt. Nach seinem Tode hat sein Sohn Heinrich V selbstverständlich ohne Probleme die Reichsinsignien und Sie dürfen raten, wo er sie dann mit größter Sicherheit dann deponieren lässt? Wieder auf dem Hammerstein. Interessanterweise die Gegensätze zwischen Vater und Sohn. Aber sie sind sich darin einig, dass sie die Burg Hammerstein als Lagerort für die Reichsinsignien betrachten."
Und auf dem sicheren Hammerstein bleiben die symbolträchtigen Reichsinsignien weitere 20 Jahre, bis zum Ableben Heinrichs V. Die Burggeschichte geht noch weiter. Und wenn man sich hier oben hinsetzt, vielleicht auch ein- zwei Büchlein unter dem Arm dabei hat. Etwas Zeit zum Nachlesen, mit Blick auf den Rhein. Und dann -hier- die Hammersteinquader erzählen lässt?
Oder man kann auch noch eine andere Form von Lese probieren. Wir treffen hier in sehr steiler Hanglage die Winzer Elmar Zwick und Guido Emmel.
Winzer: "Wir bewirtschaften hier in Hammerstein die Steillagen. Hier wird überwiegend Riesling angebaut, Riesling wächst hier am besten. Schöner Moment für einen Winzer ist natürlich, die Sonne kommt so etwas durch und sie schauen dann so auf den kleinen Weinort Hammerstein. Dann funkeln die Dächer so ein bisschen."
Nussbaum: "Da ist so der Romantiker ein bisschen mit drin. Wann ist so die Ernte?"
Winzer: "Wir werden so Anfang September anfangen, mit den ersten Sorten und das geht dann so bis Ende Oktober."
Nussbaum: "Wie vermarkten sie sich?"
Winzer: "Ja, hier im Ort haben wir eigentlich nur Flaschenweinvermarktung, die eigentlich direkt an den Endkunden geht. Der probiert und sagt, schmeckt oder schmeckt nicht."
Es sind zum einen Wiederholungstäter, die eigentlich schon in Familien über Generationen zu uns kommen. So kommen wir eigentlich von der Mund-zu-Mund-Reklame am besten an Neukunden ran. Manchmal ganz fix, wo sich ein Kreis findet für ein Wochenende zum Übernachten und zum Wandern...wir sind ja in der glücklichen Lage den Rheinsteig hier zu haben, zu uns kommt und natürlich auch zum Wein seinen Weg findet. Es ist also schon so, dass die Winzer auch im Hang etwas trinken, wenn es sehr heiß ist. Es ist schon so, dass es vor Ort, an der Stelle, wo er gewachsen ist, am besten schmeckt.
Ganz ähnlich erblickt 1840 der französische Schriftsteller Viktor Hugo, also vor 170 Jahren von einem qualmenden, ratternden, dampfgetriebenen Schiff, aus Köln kommend. Und wir lesen über Hugos Rheinreise:
Viktor Hugo ist 38 Jahre alt, bekannt vor allem durch seinen romantisch-dramatischen Roman vom unglücklich verliebten buckligen Glöckner von Notre-Dame. Hugo gilt auch als vorzüglicher Reiseschriftsteller. Man reiste damals, um darüber berichten zu können. Er hat sich fundiert über die wichtigen Orte und geschichtsträchtigen Burgen seiner Rheinreise vorinformiert.
Deswegen hält Viktor Hugo den Burgberg Hammerstein in einer doch sehr professionellen Tuschezeichnung fest. Habe sie in einer kleinen Kopie dabei. Er zeichnet diese Burg Hammerstein über dem Rhein thronend, zeichnet sie nicht als Ruine. Er hält sie fest, wie sie vor ihrem Abriss ausgesehen haben mag? Und diese Tuschzeichnung übernimmt Hugo auch in seinen Reisebestseller "Die Rheinreise". Und Hugo notiert auf Seite 187:
Hammerstein erfuhr [...] die Fehde der Grafen von der Wetterau mit den Erzbischöfen von Mainz und mit Kaiser Heinrich II. im Jahre 1017; die Flucht Kaiser Heinrich IV. im Jahre 1105; den 30-jährigen Krieg, den Durchzug der Schweden und Spanier [...] und die Verheerung der Franzosen im Jahre 1689 [...] und die Schande, im Jahre 1823 für nur hundert Taler verkauft zu werden.
Wir dagegen, die amtierenden Reiseweltmeister, wir radeln, wandern, oder schippern hier fast ahnungslos vorüber? Also beginnen wir unsere Recherche und befragen den Ortsbürgermeister Karl-Heinz Windheuser, wie viele Seelen hat denn dieses- oder Ihr Hammerstein?
Windheuser: "Wir haben knapp 400 Einwohner."
Nussbaum: "Woher kommt der Name Hammerstein? Ich hab so einen alten Siegelring von 1230 gesehen, der hat 3 Hämmer im Wappen. Ob hier mal Stein abgebaut worden ist?"
Windheuser: "Also man hat mit Sicherheit hier auch seine Steinbrüche gehabt, weil die Burg musste ja gebaut werden und da wurden schon eine Menge Steine gebraucht. Und die Weinberge sind alle mit Natursteinmauern gebaut. Aber wahrscheinlich kommt der Namen anderswo her. Und zwar stellt der Hammersteiner Schlossberg, auf dem sich ja die Burg befand und die heutige Ruine, stellt ja ein Hindernis für den Rhein dar. Das heißt, der Rhein muss ähnlich wie an der Loreley um den Berg fließen. Und im Althochdeutschen nannte man das "Hame" oder "Hamar", das bedeutet Hindernis. Und wahrscheinlich haben die Hammersteiner Burgherrn daher den Namen genommen."
Und direkt an diesem Burgfelsen angelehnt steht auch das Kirchlein, dem heiligen Georg geweiht. Innen auf dem barocken Hochaltar sticht der Drachentöter Georg auf den Drachen ein. Und eine Abbildung darüber. Ein barock ausgemaltes Bild von der "Dreifaltigkeit", gemalt von Januarius Zick.
Windheuser: "Janarius Zick, der von 1730 bis 1797 lebte. Zu dieser Zeit kurtrierischer Hofmaler in Ehrenbreitstein war. Und damit wird dieser Hochaltar entsprechend aufgewertet."
Und er malt einen etwas müde aussehenden Gottvater, daneben auf gleicher Augenhöhe Jesus. Und darüber in einer himmlischen Lichtwolke die Taube des Heiligen Geistes. Wie kommt nun so ein kleines, armes Weindörfchen Hammerstein an einen solchen Maler? Januarius Zicks Karriere, gleichzeitig eine Reisegeschichte, zusammengefasst:
Die Fresko-Maler, Vater und Sohn Zick, kommen aus dem süddeutschen Raum, arbeiten unter anderem auch in der Würzburger Residenz. Dann geht der junge Januarius Zick zu Studien nach Paris. Anschließend macht er sein Meisterstück mit einer prächtigen Freskierung im zweistöckigen Festsaal des opulenten Jagdschlosses Engers am Rhein.
Wir folgen nun dem ausgeschilderten "Rheinsteig". Hier sind wir mit dem Historiker und Buchautor Alexander Thon verabredet. Hab sein Buch über rheinische Burgen dabei. Titel "Wie ein Monarch mitten in seinem Hofstaate thront". Und dieser Titel greift die Burgen hier am Mittelrhein aus einer romantischen Rheinreisebeschreibung auf. Alexander Thon:
"Es ist aber auch geradezu ein Phänomen der sogenannten Rheinromantik, die ja zum großen Teil eigentlich von Ausländern mitbestimmt worden ist, seit dem Ende des 18. Jahrhunderts. Italiener, Holländer, dann natürlich vor allem die Engländer. Und deutsche Bevölkerung hat es dann auch in zunehmendem Maße entdeckt und sich gewundert, was diese Ausländer da wohl wollen?
Wie schön, dass Sie es erwähnen, Viktor Hugo, der ja auch andere Objekte sehr metaphorisch wertvoll beschrieben hat. Ich hätte es mir gewünscht, er hätte den Hammerstein noch mehr gewürdigt. Denn ich kann nur noch einmal sagen, wir haben nicht nur eine romantische Anlage, sondern hier die nach Schriftquellen älteste Burg am ganzen Mittelrhein vor uns."
Das heißt, zwischen Bingen und Bonn. Wir arbeiten uns nun weiter den Rheinsteig hoch, ein kurzer, steiler Anstieg. Etwa 130 Höhenmeter, dann sind wir oben auf dem Höhensattel, der zum Burgplateau führt. Und hier können wir uns in eine dramatische Begebenheit aus dem Jahre 1020 eindenken. Finsteres Mittelalter voller politischer Intrigen und Machtkämpfe. Da wird diese Burg, auf steilem Felsen, der Burggraf Otto von Hammerstein und seine Frau Irmingard, sie werden belagert. Deren Ehe ist angeblich der Stein des Anstoßes.
Das heißt, rund um den fast senkrecht hochragenden Burgberg und auch hier oben versucht der Erzbischof von Mainz mit seinen Soldaten und schließlich noch verstärkt durch ein Heer des Kaisers Heinrich II. diese Burg auszuhungern. Denn mit Pfeil und Bogen und mit Rammgeräten ist den festen Mauern nicht beizukommen, die Kanone noch nicht erfunden.
Thon: "Der gute Gaugraf Otto und seine Irmingard müssen sehr aneinander gehangen haben. Es lässt sich daran erkennen, dass die Ehe, eine sogenannte Nahehe sein sollte, kirchlich gesprochen, also schlicht zu nahe verwandt. Und sie haben es also geschafft über insgesamt mehr als neun Jahre lang die Streitigkeiten, die kirchlichen Synoden, wo die Ehe also annulliert, soweit sich zu wehren, dass sie am Ende es so kam, dass sie zusammenbleiben konnten."
Nussbaum: "Es waren politische Gründe?"
Thon: "Ja, der Erzbischof von Mainz hat in diverser Art und Weise versucht, diese Ehe auseinander zu bringen. Es war eine Ehe zwischen Verwandten vierten Grades, was eigentlich absolut unproblematisch war. Denn die wirklichen Gründe für diese Auseinadersetzung lagen darin, dass Otto als Gaugraf von Engersgau mit dem Mainzer Territorium des Erzbischofs in Konflikt geriet.
Dann kommt es im Jahre 1020 tatsächlich zu einer Belagerung, bei der auch Kaiser Heinrich II. teilnimmt, persönlich. Und diese Belagerung zieht sich nach den Schriftquellen mindestens drei Monate hin. Bis zum 26. Dezember des Jahres 1020, wo die Burg dann erobert wird."
Weihnachten 1020 verbringt also Kaiser Heinrich II. im winzigen Dörfchen Hammerstein. Er wird sicher in der kleinen Vorgängerkirche (unten) einem Weihnachtsgottesdienst beigewohnt haben. Denn Heinrich II. gibt sich als von Gott gewollter König und Kaiser. Er war vom Mainzer Erzbischof, ohne Mehrheit der Fürstenstimmen, eben von Gott gewollt-, zum König gesalbt und gekrönt worden. Und auf einem zeitgenössischen Bild wird es so dargestellt, als erhalte er von Jesus persönlich die Krone aufgesetzt und die Himmlischen überreichen Heinrich II. dabei auch einen Teil der Reichsinsignien, vor allem die Heilige Lanze. Das Thema Reichinsignien behalten wir bitte noch im Kopf.
Am zweiten Weihnachtsfeiertag 1020 gibt also das belagerte Grafenpaar am Hammerstein auf. Heinrich gewährt freien Abzug. Später appellieren die exkommunizierten Eheleute erfolgreich beim Papst, und das Verfahren wegen der Nah-Ehe wird aufgehoben.
So stapfen wir hier und heute zwischen vier Meter dicken Mauerresten, Torbögen und Fundamenten herum. Und dazu der umwerfende Blick hier von dem Felssporn, eine Art Burg-Berg-Balkon, steil abwärts auf den Rhein, tief unter uns.
Schließen wir die Akte "Otto". Und öffnen wir uns für das Jahr 1105, 85 Jahre später. Wir blättern das Stichwort Reichsinsignien wieder auf und lesen dazu:
Die Herrschaftszeichen der deutschen Könige sind unter anderem... Krone, Reichsapfel, Zepter, Schwert und gewissen Reliquien. Beispielsweise ein Nagel vom Kreuze Christi, der in die heilige Lanze eingelassen ist. Dieser Kreuzesnagel soll den die Lanze tragenden Herrscher militärisch unbesiegbar machen.
Wenn man es glauben mag? Diese Reichskleinodien sind gewissermaßen wie die PIN Nummern am Bankautomaten, sie sind der Schlüssel zur Macht. 1105 gehört Burg Hammerstein nun als Reichsgut zu den Immobilien des Wander-Kaisers-Heinrich IV.. In Stichworten der Lebenslauf .
Heinrich IV. war eine der schillerndsten Figuren des Mittelalters. Im Alter von zweieinhalb Jahren wird er wegen der unruhigen Zeiten auf Betreiben seines Vaters zum Mitkönig gewählt. Mit sechs Jahren verliert er den Vater und ist unmündiger Kindkönig eines gewaltigen, unruhig brodelnden Reiches. Mit elf Jahren erfolgt ein Staatsstreich, als der Junge in Kaiserswerth bei Düsseldorf vom Kölner Erzbischof entführt wird. Dieser erpresst damit auch die Reichsinsignien (also die PIN-Nummer) und gewinnt damit die Regentschaft über den jungen König und das Reich. Mit 15 tritt der junge Heinrich IV. sein schwieriges Erbe an. Mit 27 versucht er in Canossa sich und sein legal gewähltes Königtum diplomatisch vom päpstlichen Kirchenbann mit jener berühmten Unterwerfungsgeste zu retten.
Also im Jahre 1105 ist der Kaiser nun schon 54 Jahre alt. Er ist erneut gebannt, exkommuniziert, gilt in der römischen Propaganda als der Antichrist. Die Reichsfürsten werden mit dem Höllenfeuer bedroht, wenn sie sich nicht von Heinrich abwenden. In Rom geben sich derweil die Päpste und Gegenpäpste die Sakristeiklinke in die Hand. Im römisch-deutschen Großreiche geht es drunter und drüber. Der ältere Kaiser hat seinen zweiten Sohn um Mitkönig erhoben. König Heinrich V. Und Heinrich senior hat auch schon zwei gewählte Gegenkönige überlebt. Er ist quasi dauernd mit Blaulicht unterwegs oder auf der Flucht, auch vor seinem eigenen Sohn. Heinrich V. Der Kaiser führt dabei die wichtigen Reichsinsignien, wegen der PIN-Nummer, als die unerlässlichen Bestätigungssymbole seiner kriselnden Macht mit sich.
Thon: "Das sind die Ereignisse des Jahres 1105, wo die Auseinandersetzungen zwischen Vater und Sohn eskaliert sind. Es gibt militärische Auseinandersetzungen. Und der Vater, Heinrich IV. ist sich seiner Sache nicht mehr sicher und lässt bei einem Aufenthalt auf der Burg die Reichsinsignien unter der Betreuung der Reichsministerialen dort oben zurück. Will sich dann mit seinem Sohn in Koblenz treffen, was auch passiert. Und wird dort von seinem Sohn überrumpelt, gefangen genommen und später nach Burg Böckelheim an der Nahe verschleppt. Das Ganze endet damit, dass in Ingelheim der Sohn den Vater zwingt, förmlich abzudanken, und ihn auch dazu zwingt, die Reichsinsignien von Hammerstein zu holen. Und das ganze Geschehen steht quasi still bis zu dem Moment, wo diese Herrschaftszeichen auf der Synode eintreffen."
Nussbaum: "Also es mussten Meldereiter nach Hammerstein, mussten sagen, das ist nicht gefälscht, Heinrich IV. hat gesagt, einpacken in die Kisten und das muss so schnell wie möglich nach Ingelheim."
Thon: "Ja, ganz genau so. Ich darf das noch ergänzen. Heinrich IV. flieht dann aus Ingelheim Richtung Norden. Kommt wieder auch an Hammerstein vorbei. Geht bis nach Lüttich, wo er dann auch stirbt. Nach seinem Tode hat sein Sohn Heinrich V selbstverständlich ohne Probleme die Reichsinsignien und Sie dürfen raten, wo er sie dann mit größter Sicherheit dann deponieren lässt? Wieder auf dem Hammerstein. Interessanterweise die Gegensätze zwischen Vater und Sohn. Aber sie sind sich darin einig, dass sie die Burg Hammerstein als Lagerort für die Reichsinsignien betrachten."
Und auf dem sicheren Hammerstein bleiben die symbolträchtigen Reichsinsignien weitere 20 Jahre, bis zum Ableben Heinrichs V. Die Burggeschichte geht noch weiter. Und wenn man sich hier oben hinsetzt, vielleicht auch ein- zwei Büchlein unter dem Arm dabei hat. Etwas Zeit zum Nachlesen, mit Blick auf den Rhein. Und dann -hier- die Hammersteinquader erzählen lässt?
Oder man kann auch noch eine andere Form von Lese probieren. Wir treffen hier in sehr steiler Hanglage die Winzer Elmar Zwick und Guido Emmel.
Winzer: "Wir bewirtschaften hier in Hammerstein die Steillagen. Hier wird überwiegend Riesling angebaut, Riesling wächst hier am besten. Schöner Moment für einen Winzer ist natürlich, die Sonne kommt so etwas durch und sie schauen dann so auf den kleinen Weinort Hammerstein. Dann funkeln die Dächer so ein bisschen."
Nussbaum: "Da ist so der Romantiker ein bisschen mit drin. Wann ist so die Ernte?"
Winzer: "Wir werden so Anfang September anfangen, mit den ersten Sorten und das geht dann so bis Ende Oktober."
Nussbaum: "Wie vermarkten sie sich?"
Winzer: "Ja, hier im Ort haben wir eigentlich nur Flaschenweinvermarktung, die eigentlich direkt an den Endkunden geht. Der probiert und sagt, schmeckt oder schmeckt nicht."
Es sind zum einen Wiederholungstäter, die eigentlich schon in Familien über Generationen zu uns kommen. So kommen wir eigentlich von der Mund-zu-Mund-Reklame am besten an Neukunden ran. Manchmal ganz fix, wo sich ein Kreis findet für ein Wochenende zum Übernachten und zum Wandern...wir sind ja in der glücklichen Lage den Rheinsteig hier zu haben, zu uns kommt und natürlich auch zum Wein seinen Weg findet. Es ist also schon so, dass die Winzer auch im Hang etwas trinken, wenn es sehr heiß ist. Es ist schon so, dass es vor Ort, an der Stelle, wo er gewachsen ist, am besten schmeckt.