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Candy Boys
Musikalische Mission: mehr Süßigkeiten

Bei den Candy Boys aus New York steht im Zentrum ihres musikalischen und künstlerischen Schaffens: Schokoriegel, Lutscher und Weingummi. Sie singen von der größten Liebe ihres Lebens - den Süßigkeiten - und erobern damit derzeit die Bühnen ihres Viertels Brooklyn.

Von Martin Becker |
    Farbenfrohe mexikanische Zuckerstangen, Pirulos
    Süßigkeiten geben den Candy Boys den Kick. (picture-alliance / dpa - epa efe Mario Guzman)
    Das Hinterzimmer eines Antiquitätenladens irgendwo in Brooklyn, irgendwo in der Nähe der verhipsterten Bedford Avenue. Arick und D'Arick haben sich ihre Sonnenbrillen aufgesetzt und proben für die Show. Was heißt Show, es ist mehr als das. Arick und D'Arick haben nämlich eine Mission: die Welt ein bisschen süßer zu machen.
    "Wir versuchen nur, Süßigkeiten zu finden, sie zu genießen - und sie zu verteilen."
    Natürlich haben die Candy Boys neben ihrer Mission noch ein anderes Leben. Sie spielen in anderen Bands, sie ackern von morgens bis Abends für ein Umzugsunternehmen, um sich ihr sweetes Leben überhaupt leisten zu können. Und sie leiden unter der fortschreitenden Gentrifizierung und müssen selbst andauernd umziehen. Ist aber alles eigentlich nicht so wichtig für die Candy-Identität. Hauptsache, es ist noch Zucker im Schrank.
    "Wir brauchen keinen Schnaps und keine Pillen, gebt uns Süßigkeiten, das ist unser Kick. Mal ehrlich, ich denke, das ist eine fantastische Botschaft an Kinder und Erwachsene: Schmeißt den Alkohol und die Tabletten weg, nehmt Euch was Süßes!"
    Auf der Bühne: Papp-Vespa, knallbunte Klamotten und Taschentücher
    Die Auftritte der Candy Boys gehören zum Bizarrsten, was New York City in jüngster Zeit musikalisch hervorgebracht hat. Und zum Sehenswertesten. Dramatischer Höhepunkt der Show: Wenn es Nacht wird und der Candy Shop schließt. Dann weinen die Jungs in die Taschentücher, dann rütteln sie an der Tür, dann warten sie darauf, dass der nächste Morgen endlich anbricht.
    Sie tanzen über die Bühne, sie fahren auf einer Papp-Vespa umher, sie schmücken sich mit Ringen aus Kaugummiautomaten und tragen knallbunte Klamotten. In der Tat ziemlich süß, die ganze Nummer. Und vor allem ziemlich doppelbödig. So wirft das kryptische Lied "How many licks" die lebenspraktische Frage auf, wie oft man lecken muss, um zum Kern eines Candy Boys zu gelangen. Eine gewollte, sexuelle Konnotation? Nicht doch, winken die Boys empört ab. Der Zuhörer ist schuld.
    "Ich meine, es ist möglich, dass du so etwas darin gehört hast."
    Vergessen wir also den Schweinkram, den wir darin sehen wollen. Es geht den Candy Boys doch vielmehr um "die süßen, sinnlichen, würzigen, sauren Seiten, die jeder Mann und jede Frau manchmal genießt - von Zeit zu Zeit und in verantwortungsbewusster Art und Weise."
    Süßigkeiten und Gesundheit
    Ist ihre ganze Show nicht eigentlich der Gegenentwurf schlechthin zu Barack Obamas Gesundheitsoffensive, die vom Weißen Haus aus die Vereinigten Staaten dünner und gemüsiger machen soll? Nein, sagt A'rick, denn Süßigkeit und Gesundheit, das schließt einander doch gar nicht aus.
    "Wenn man in unsere Show kommt, dann tanzt man doch alle Süßigkeiten weg, die man isst, das passiert alles im selben Augenblick!"
    Riskieren wir am Ende noch eine persönliche Frage: Wie sieht er wohl aus, der Alltag eines Candy Boys? Die Antwort ist standesgemäß. Es geht los mit Schokozeugs zum Frühstück. Und so setzt sie sich dann fort, die unerträgliche Süße des Seins, mit der das harte New Yorker Leben manchmal viel einfacher zu sein scheint. Die Boys sind übrigens total gut in Form, durchtrainiert, könnte man sogar sagen. Kommt bestimmt vom Möbelschleppen zwischen den Mahlzeiten.
    "Tootsie rolls, Lutscher und Twizzlers zum Mittag. Hört sich gut an. Dann gehen wir wieder an die Arbeit, entweder basteln wir an Choreografien für unsere Beats, oder wir machen einen Umzug und tragen ein Sofa die Treppe hoch. Dann gibt es Abendessen. Nämlich Tootsie rolls, Lutscher und Twizzlers. Das klingt richtig gut."