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Car-sharing

Für denjenigen, der nur ab und zu mal Auto fährt und sich deswegen keinen eigenen Pkw anschaffen will, für den gibt es eine Alternative, genannt Car-Sharing. Man teilt sich ein Auto oder einen Autopark mit vielen Gleichgesinnten. Aber diese schon seit Jahren praktizierte Idee wird längst nicht so rege genutzt, wie die Anbieter sich das ausgemalt hatten. Warum sich der Erfolg nicht einstellt und was denn die Bedürfnisse der Nutzer sind, mit diesen Fragen hat sich das Zentrum für Umweltforschung der Universität Münster beschäftigt.

Von Annette Eversberg | 01.03.2004
    Rosa Zeiten für das Carsharing. So hieß es noch in den neunziger Jahren. Dirk Steding, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentrum für Umweltforschung der Universität Münster nennt den Grund:

    Das basierte auf einer gewissen Studie, die gemacht wurde im Auftrage des Bundesverkehrsministeriums. Und da hatte man ein Potenzial von 2,5 Millionen Nutzern vorhergesagt. Das hat natürlich in der Szene an sich eine Goldgräberstimmung hervorgerufen. Aber man hat schnell gemerkt, dass diese Zahlen nicht realistisch sind. Wir sind heute im Jahre 2003 bei einer Nutzerzahl von 60.000 Carsharern in Deutschland bundesweit.

    Bei einer Bevölkerung von 80 Millionen Menschen. Deshalb wollte das Bundesministerium für Bildung und Forschung einmal die Gründe untersuchen lassen. Diesmal interessierte die Wissenschaftler nicht die Gruppe der Nutzer, zu denen nach wie vor gutverdienende Hochschullehrer, Erzieher oder Ingenieure mit ökologischem Bewusstsein gehören. Sie wollten wissen, was die Gründe sind, warum sich z.B. Menschen mit geringem Einkommen, für die Carsharing ja eine Entlastung des Budgets darstellen würde, nicht daran beteiligen. Dirk Steding.

    Da haben wir in Interviews feststellen müssen, dass für diese Gruppe Carsharing nicht infrage kommt, obwohl sie es positiv ansehen, aber das Auto für sie nach wie vor einen hohen Statuswert hat. Auch letztlich eine sozialintegrative Funktion in der Hinsicht, dass das Auto als zentraler Bestandteil des richtigen und guten Lebens auch definiert und gesehen wird.

    Das Auto als Statussymbol ist auch für die höheren sozialen Schichten der Hauptgrund, sich nicht am Carsharing zu beteiligen. Allerdings stellte man im Rahmen der Studie ebenfalls fest, dass der Bekanntheitsgrad von Carsharing noch viel zu gering ist. Obwohl die Idee bei den Befragten immer gut ankam, herrschten – so Dirk Steding - vor allem Zweifel an der Verfügbarkeit der Fahrzeuge vor.

    Ist das nicht schwierig die zu bekommen, die sind doch wahrscheinlich sehr, sehr unzuverlässig, die zu bekommen. Und das haben unsere Fragebögen dann auch gezeigt, dass geringe Flexibilität und geringe Spontaneität mit dem Carsharing auch verknüpft sind.

    Wichtig ist es also, das Carsharing besser den Bedürfnissen anzupassen. Dazu gehört auch, dass sich Anbieter nicht nur auf die bewährte soziale Gruppe der Kunden stützen, sondern bereit sind, ihr Angebot allen zu öffnen. Auch die Verknüpfung von Carsharing mit Angeboten des öffentlichen Nahverkehrs ist ein gangbarer Weg, der von den Stadtwerken Münster, die an der Studie beteiligt waren, nun auch beschritten werden soll. Gegen eine geringe Aufnahmegebühr können Kunden, die ein Fahrkarten-Abonnement haben auch Mitglied beim Carsharing-Unternehmen Stadtteilauto werden, das von einem privaten Anbieter betrieben wird. Und die Stadtwerke selber profitieren ihrerseits vom Carsharing. Anna Vollbracht vom Verkehrsmarketing.

    Wir haben seit neuestem keine eigenen Fahrzeuge mehr, sondern wir haben wie die Stadt unseren Dienstwagenpool abgegeben an Carsharing, d.h. wir haben Stadtteilauto als Dienstwagen.

    Und nach 1600 Uhr stehen die Fahrzeuge allen Carsharing-Mitgliedern zur Verfügung. Nach vorheriger telefonischer Bestellung oder über Internet. Der Pool der Stadtwerke und der Stadt Münster erweitert das schon vorhandene Angebot der Stadt, in der an vielen Standorten Fahrzeuge abgeholt werden können. Um die Flexibilität zu erhöhen, denkt der Carsharing- Unternehmer Robert Amman, der ebenfalls an der Studie beteiligt war, an ein Buchungssystem ohne Voranmeldung:

    Im Grunde ist das ganz einfach möglich. Ich gehe zur Station hin, hole mir dann mein Fahrzeug mit meiner Karte ab und stecke entsprechend den Schlüssel dann zurück in den Tresor, wenn ich das Auto zurückbringen will. Das ist einfach alles.

    Den Kundenbedürfnissen kommt er bereits mit einer ganzen Palette kleiner und großer Fahrzeuge entgegen. Vom Lupo über den Smart bis zum großen Mercedes. Auch etliche Kleintransporter für den schnellen Umzug sind im Programm. Dass er mit seinem Konzept in Münster, der Studie entsprechend, richtig liegt, zeigt der Zuspruch seiner Kunden.

    Wir kennen hier stetigen, teilweise sogar etwas sprunghaften Zuwachs durch solche Poolprojekte, die mit Behörden oder Firmen angegangen worden sind. Also wir können über Wachstum eigentlich nicht klagen.