Archiv

Carbonfaserverstärkte Kunststoffe
Zweite Chance für schwarzes Gold

Carbonfaserverstärkte Kunststoffe sind extrem leichte und zugfeste Werkstoffe, die nicht rosten. Sie sind deswegen überall dort beliebt, wo Gewicht gespart werden muss: beispielsweise im Fahrzeugbau oder bei Windkraftanlagen. Die Herstellung solcher Kunststoffe ist allerdings teuer - Forscher suchen daher nach Wegen, sie zu recyceln.

Von Bernd Schlupeck |
    "Carbonfasern sind schwarz, dementsprechend sind auch carbonfaserverstärkte Kunststoffe schwarz, man sieht hier die Faserstruktur recht gut durchschimmern."
    Siegfried Kreibe greift in eine der Drahtgitterboxen auf dem Hof des Maschinenherstellers Erdwich im bayerischen Kaufering. Er nimmt Abfälle aus der Produktion carbonfaserverstärkter Kunststoffe, kurz CFK, in die Hand. Kurz darauf fährt die Gabel eines Staplers unter die Boxen mit den Austanzresten und kippt sie in einen roten Schredder.
    "Dann wollen wir mal anfangen."
    Schwarze Staubwolken steigen auf, Fasern schweben in der Luft. Im unteren Bereich des Shredders schwingt eine Klappe auf: Dahinter in einem Fach kommt eine Art schwarze Wolle zum Vorschein - die eben noch Millimeter-dünnen, etwa einen Meter langen starren Teilen vom Schredder fein zerkleinert. Nun beginnt die eigentliche Arbeit. Siegfried Kreibe will C, also Kohlenstoff, aus dem CFK zurückzugewinnen und in neuen Produkten wiederverwenden. Denn das Material ist teuer. Ein Bauteil aus CFK kostet etwa sechsmal so viel wie eines aus Stahl.
    "Wir recyceln Produktionsabfälle aus unterschiedlichen Produktionsverfahren, beispielsweise von BMW, die ja Projektpartner sind, beispielsweise von Audi, die auch Projektpartner sind, und gehen die ganze Kette durch."
    Ganz am Anfang der Kette wartet gleich die erste große Aufgabe auf den Wissenschaftler: Die feine Wolle aus dem Schredder in ihre Bestandteile zerlegen - heißt die Kohlenstofffasern vom Kunststoffharz lösen, in das sie bei Produktion eingebettet wurden. Dabei verfolgen die Projektbeteiligten drei Ideen: Die erste ist, die Kunststoffe chemisch zu zerstören, die zweite, die Kunststoff mit sehr starken Stromstößen von den Fasern zu sprengen und die dritte Idee ist, die Kunststoffe unter Luftabschluss und bei großer Hitze zu verdampfen. Jedes der Verfahren hat seine Vorteile. Welches sich durchsetzt, muss sich freilich zeigen. Bis dahin ist die größte Hürde beim Recycling von CFK noch zu überspringen. Die wartet am Ende der Kette auf die Forscher.
    "Die recycelten Fasern sind natürlich keine Endlosfasern mehr. Das sind Faserstücke einer bestimmten Länge. Sie brauchen also andere Verarbeitungsverfahren."
    Deponieren ist verboten, verbrennen zu kompliziert
    Üblicherweise werden Carbonfasern als Endlosfaden auf großen Spulen geliefert und verarbeitet. Kommen künftig kürzere Fasern, müssen sich Hersteller wie Verarbeiter wohl an neues Material gewöhnen. Auch hier haben die Forscher vieles probiert. Woran es aktuell noch hapert, ist die gleichmäßige Qualität der dabei erzeugten Produkte. Die Ausrichtung der Fasern ist der entscheidende Punkt. Kreuz und quer in den Kunststoff eingebettet, würden CFK-Produkte herauskommen, die nicht so stark belastbar sind oder Schwachstellen aufweisen. Für Fahrzeugteile oder Flügel einer Windkraftanlage wäre das Material damit völlig ungeeignet. Aber:
    "Aus diesen Fasern lassen sich papierartige Produkte erzeugen, die dann in Einsatzbereiche gehen können, die sie mit Neuware nie realisieren würden, weil das zu teuer wäre, wo es unter Umständen um die elektrische Leitfähigkeit geht. Aber es gibt auch ganz neue Verarbeitungsverfahren, wo sie zu Produkten kommen, die sich auch neue Anwendungen suchen können."
    Welche Produkte dann am Markt bestehen, lässt sich heute noch nicht sagen. Damit bleibt auch die Frage offen, ob das Recycling von CFK überhaupt wirtschaftlich ist. So viel ist allerdings sicher: Das Material muss irgendwann recycelt werden, etwa von ausgedienten Windkraftanlagen. Und: Deponieren von carbonfaserverstärkten Kunststoffen ist aufgrund des Gehalts an Kohlenstoffs verboten, Verbrennen zu kompliziert.