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Care for Vienna

Sechs Studierende aus Kiel machen sich auf eine weite Reise nach Wien. Das Ziel: Auf die Missstände im deutschsprachigen Universitätsraum aufmerksam machen.

Von Verena Herb |
    "Ja Dirk, das ist unser Paket vom Asta Uni Hamburg, für Eure Reise nach Wien. Enthalten ist ein bisschen Kaffee von uns... und Informationsmaterial über diesen Asta... wir finden es ganz richtig..."

    Severin Pabsch, der Vorsitzende des Hamburger Asta überreicht das Care-Paket: Dirk Schroller nimmt das in hellbraunes Papier verpackte und mit einer Kordel verschnürte Paket entgegen:

    "Klasse. Das fahren wir dann schön nach Wien. Am Dienstag, wahrscheinlich um 20 Uhr kommen wir da an. Da werden wir es dann persönlich abgeben im Audimax der Universität zu Wien. Und werden das dann überreichen im Namen aller Asten, die wir jetzt noch auf der Tour abklappern werden."
    Die Care-Pakete sollen alles enthalten, was das Besetzer-Herz begehrt:

    "Zum Beispiel wir haben mehrere Pakete geschnürt und irgendwie ein Thema dafür gefunden: Eins ist so ein süßes Paket, ein salziges Paket haben wir. Dann eines mit Heißgetränken, und dann haben wir noch ein Überraschungspaket gebastelt, was die Heißgetränke da noch unterstützen sollte... Da werden sich dann wahrscheinlich die Wiener Kollegen sehr freuen."
    Die Kieler Studenten, fünf Jungs und ein Mädchen, haben noch einen weiten Weg vor sich - Hamburg - heute morgen um 9 Uhr - war die erste Station. Dann kommt Hannover - …

    "...und dann geht's über Göttingen und Kassel Richtung Hessen. Von da geht´s rein nach Bayern, und von Bayern - München dann - direkt nach Österreich..."

    Erklärt Tobias Langguth, der Vorstand des Asta Kiel die Route. Wenn bisher alles nach Plan gelaufen ist, nehmen sie zur Stunde gerade die Care Pakete in Kassel entgegen.

    Es ist eine Kurzfrist-Aktion, die die Studentenvertreter da auf die Beine gestellt haben. Letzten Mittwoch erst habe der Asta Kiel über die Proteste in Wien debattiert:

    "Erste Aktion war natürlich ne Solidaritätserklärung auf der Homepage zu veröffentlichen, wie´s ganz viele Universitäten gemacht haben. Und da haben wir uns aber gedacht, das reicht nicht. Da haben wir uns dann überlegt, was können wir machen? Dann kam von Caroline Schäfer, unserer Referentin für die Fachschaften die Idee, dass man eigentlich so Care Pakete schnüren könnte. Die Idee fanden wir alle ganz schön gut, und da haben wir gleich am nächsten Morgen, am Donnerstag alles aus dem Boden gestampft und innerhalb von einem Tag 13 Unis versucht zu kontaktieren um diese Route zu planen."

    Zeigt sich Dirk Schroller immer noch überrascht, dass alles so weit geklappt hat. Heute morgen, 8 Uhr ging es los - von der nördlichsten deutschen Volluniversität gen Süden zum Wiener Audimax. Der Asta Hamburg macht mit aus Überzeugung, sagt Severin Pabsch:

    "Es gibt eine Menge Missstände im deutschsprachigen Universitätsraum, die im Grunde in die gleiche Richtung gehen: Abbau der akademischen Selbstverwaltung, Einführung von Studiengebühren, die chronische Unterfinanzierung als Hauptproblem vermutlich, von dem sich viele Dinge ableiten lassen. Hochschulöffnung für Leute ohne Abitur... Das sind alles Themen, die stehen sozusagen auf der Agenda und müssen auch endlich umgesetzt werden."
    Doch längst zeigt sich nicht jeder Studierende mit der Aktion in Wien solidarisch: ein "Kessel Buntes" haben die Österreicher da zusammen gerührt, und die Forderungen seien teilweise zu rückwärtsgewandt - auch diese Stimme hört man unter Mitgliedern der Studierendenvertretung in Hamburg: Doch öffentlich möchte man es so dann doch nicht sagen. Ist denn die Besetzung der Hochschule der richtige Weg?

    "Der richtige Weg ist sicherlich, öffentlich darauf aufmerksam zu machen. Ob die Besetzung von Hörsälen da der richtige Weg ist, das weiß ich nicht. Das will ich mal dahingestellt lassen. Unsere Erfahrung ist jedenfalls, dass der Weg des Dialogs sehr erfolgreich ist... Wenn die Öffentlichkeit jetzt erstmal hinguckt und sieht: Aha, da stimmt was nicht, dann ist das erstmal ein Erfolg. Ich glaube, wenn man das geschafft hat, dann sollte man sich auch wieder an den Runden Tisch setzen und überlegen, wie kann man das schaffen?"
    Tobias Langguth, der Asta-Vorstand aus Kiel, nickt:

    "Eigentlich hoffen wir, durch diese 'Tour de Force', wie man das vielleicht nennen kann, einfach ein bisschen Presseaufmerksamkeit für die Probleme der Hochschule zu bekommen und insbesondere die Probleme der Studierenden. Und auch in Österreich, weil das in der deutschen Presse gerade gar nicht präsent ist."
    Die Kieler Uni-Leitung unterstützt übrigens die Aktion: Der Bus, in dem die Pakete nach Wien gebracht werden sollen, gehört der Universität...

    1800 km in 36 Stunden - es wird kein Urlaubstrip, den die sechs Kieler Studenten da antreten. Und sie müssen Mittwoch um zehn pünktlich wieder im hohen Norden sein: Denn dann steht ein Treffen mit ihrem Universitätspräsidium auf der Agenda.