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CD-Brennen als Risiko für die Industrie

    Gerner: Die Musikindustrie ist in der Krise, mehr denn je, wenn man ihr selbst glaubt. Immer mehr Menschen laden Lieder kostenlos aus dem Internet herunter oder brennen CDs auf dem eignen Rechner. Ein cooler Spaß, meinen viele, Musik zum Nulltarif. Auf der Strecke bleibt das Urheberrecht. Im Studio der Kollege, Thomas Elbern, Musikjournalist und Musiker. Herr Elbern, sind die Klagen der Musikbranche berechtigt?

    Elbern: Zum Teil ja. Aber man kann es nicht auf den einfachen Nenner bringen. Irgendwann einmal gab es Napster, diese Kontaktbörse im Internet, wo man Musikfiles austauschen und die runterladen konnte, aber das ist im Prinzip nicht die einzige Erklärung dafür, dass es so massive Umsatzrückgänge gibt. Es gibt definitiv auch noch andere Gründe. Was die Plattenfirmen jetzt auch langsam begreifen, ist, dass sie nämlich die Zielgruppe verpasst haben.

    Gerner: Inwiefern?

    Elbern: Insofern, dass die Zielgruppe immer so festgemacht wurde zwischen 17 und vielleicht 25, also die Kids, die dann in den Laden gehen und dann die Musik eventuell auch kaufen. Tatsächlich scheinen diese Kids auch eher diejenigen zu sein, die sich die Soundfiles aus dem Internet herunterladen und die CDs auch kopieren. Interessant ist nur, dass die 30 bis 40-jährigen irgendwie hinten runtergefallen sind: Sie werden bei den Musikkanälen nicht bedacht und oft auch bei den Musikprogrammen des Radios nicht, sind aber im Prinzip diejenigen, die noch in den Laden gehen und CDs kaufen.

    Gerner: Was hat die Musikindustrie getan oder was tut sie, um sich des kostenlosen Erwerbes durch die jüngere Generation zu verschließen?

    Elbern: Was sie getan hat um sich zu verschließen: Im Prinzip hat sie einfach nicht die Zeichen der Zeit erkannt. Im Moment wird ganz viel herumdiskutiert, gerade auf dieser Popkomm. Im letzten Jahr gab es beispielsweise 17000 Fachbesucher aus 57 Ländern. Dieses Jahr gibt es noch weniger. Die Rückgänge sind auch deutlich auf dieser Messe spürbar und es werden die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen. Es wird jetzt eifrig diskutiert. Es wird auch endlich mal eine innerliche Diskussion geführt, wie man an diese Zielgruppe, an diese Sleeper herankommt, die im Prinzip das Geld lockerer in der Tasche sitzen haben und nicht unbedingt diejenigen sind, die diese Stücke aus dem Internet runterladen.

    Gerner: Und was das CD-Brennen angeht, da gibt es ja inzwischen einen Kopierschutz. Hat der sich als zweckmäßig erwiesen?

    Elbern: Es gibt verschiedene Kopierschutzsysteme. Ehrlich gesagt gibt es, sobald es einen Kopierschutzsystem gibt, auch immer wieder eine Software, die auch aus dem Netz herunterzuladen ist, die man einfach herunterladen kann und die den Kopierschutz umgeht. Dieser Kopierschutz ist im Prinzip ein hilfloser Versuch.

    Gerner: Sie haben dieses Thema angesprochen, und es hängt auch mit dem Urheberrecht zusammen. Viele Musiker klagen, dass sozusagen ihre Urheberrechte damit flöten gehen. Was sagt das Recht da und was sagt das deutsche Gesetz?

    Elbern: Also, das Urheberrecht des Musikers ist mit der GEMA ganz klar auch geschützt. Das war ja auch damals die Diskussion mit Samples. Wie viele Sekunden Samples darf man in einem Stück verwenden? Das ist eigentlich ziemlich genau und ziemlich klar geklärt. Allerdings kommt man nicht an die Leute heran, die sich jetzt ein Musikstück aus dem Internet herunterladen und das auf irgendeine CD spielen. Da kommt man vom Urheberrecht nicht ran, weil auch keine GEMA-Abgaben fließen, insofern erreicht den Musiker da auch nichts. Großes Problem ist tatsächlich, dass es bis vor kurzem wirklich noch so einfach war, eine CD zu kopieren. Das geht ja jetzt, wie wir gerade gesehen haben, nicht mehr ganz so gut, aber es machen halt viele noch. Es ist zum Spaß geworden.

    Gerner: Die schöne, alte Schallplatte, die wir früher noch hatten, war aus Vinyl. Das ist bei den DJs in den Clubs ohnehin schon längst wieder in, soll jetzt aber auch angeblich wieder für größere Massen kommen.

    Elbern: Es ist so, dass große Unternehmen, also große Ketten, Tonträgerketten, auch mittlerweile ihre Vinylabteilungen wieder ausbauen. Es gibt Leute, die kaufen grundsätzlich nur Vinyl. Das hat auch einen Grund, denn wenn man Vinyl kauft, dann weiß man genau, dass man in fünf Jahren für die Platte ungefähr noch genau so viel bekommen wird, wenn sie in gutem Zustand ist. Was man über die CD wohlmöglich nicht sagen kann. Wer weiß, was da schon ist - ob da die DVD schon gekommen ist. Also, es gibt viele Leute, die mittlerweile bewusst auf Vinyl als Sammlerwert setzen. Das ist keine so große Gruppe, aber diese Leute haben ganz klar auch den Trend gesetzt, dass zu jeder Veröffentlichung immer ein kleines Kontingent Vinyl erscheint.

    Gerner: Die Crème de la Crème in Sachen Popmusik? Was wäre Ihre aktuelle Empfehlung?

    Elbern: Sie meinen, welche Künstler?

    Gerner: Ja.

    Elbern: Kann ich im Moment keine geben. Es gibt unglaublich viele Exponate aus verschiedenen Bereichen der Musik.

    Gerner: Dann frage ich anders herum: Steht die deutsche Popmusik international gut da?

    Elbern: Eigentlich schon. International gesehen schon. Die deutsche Dance-Musik ist international vertreten. Die deutsche Rockmusik mittlerweile auch. Wir können uns da definitiv sehen lassen.

    Gerner: Vielen Dank für diese Einschätzung, Thomas Elbern, Musikjournalist und Musiker zur Popkomm.

    Link: Interview als RealAudio