
Das Kieler Parlament soll nach dem Willen der CDU die Landesregierung dazu auffordern, sich für ein Schweinefleischangebot in Kita- und Schulkantinen einzusetzen. "Der Minderheitenschutz - auch aus religiösen Gründen - darf nicht dazu führen, dass eine Mehrheit aus falsch verstandener Rücksichtnahme in ihrer freien Entscheidung überstimmt wird", heißt es in dem Antrag. Hintergrund: Muslime essen aus Glaubensgründen kein Schweinefleisch.
Der CDU-Fraktionschef Daniel Günther hatte den "Lübecker Nachrichten" gesagt, man habe aus jedem Wahlkreis von mindestens einer Kita gehört, die aus Rücksicht auf muslimische Kinder auf Schweinefleisch verzichte.
"Unsere Leitkultur heißt Mettbrötchen"
Seitdem die Initiative öffentlich ist, wird sie in den sogenannten Sozialen Medien kontrovers diskutiert, war im Kurznachrichtendienst Twitter unter dem Hashtag #Schweinefleischpflicht zeitweise Trendthema Nummer eins.
Vor allem in den Reihen der - in Schleswig-Holstein mitregierenden - Grünen nehmen sich viele der Idee an: "Noch christlich oder schon antisemtisch?", fragt der ehemalige Bundesumweltminister Jürgen Trittin mit Blick auf die Fastenzeit. Von "Integrationspflicht für Vegetarier" spricht die Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckhardt: "Unsere Leitkultur heißt Mettbrötchen." Und Grünen-Chefin Simone Peter nutzt den Anlass für einen Appell in Sachen Tierhaltung:
Die Grünen - in Sachen "Vorschläge zu Ernährungsfragen" sind sie selbst ein gebranntes Kind: Vor der vergangenen Bundestagswahl hatte die Partei einen vegetarischen Tag in öffentlichen Kantinen gefordert, um so den Fleischkonsum in Deutschland zu reduzieren. Unter dem Schlagwort Veggietag musste sie dafür viel Kritik einstecken müssen.
Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner greift für seine aktuelle die damalige Kontroverse auf:
Auch die Naturschutzorganisation WWF wandte sich gegen den Vorschlag. Derzeit gebe es "wenig Anhaltspunkte dafür, dass Schweinschnitzel und Kotelett auf den Speiseplänen deutscher Kantinen unter Artenschutz gestellt werden müssen". Vielmehr solle sich die CDU angesichts der enormen ökologischen Probleme der konventionellen Fleischproduktion für einen bewussteren Fleischkonsum einsetzen.
Zum Beispiel Dänemark
Das Thema sorgt für Wut, Wortspiele, Witze - aber auch Verständnis. Ein User schreibt bei Twitter: "Sich über #Schweinefleischpflicht lustig machen, aber Verständnis haben, wenn jemand wegen eines Stücks Stoff auf dem Kopf sich durch alle Instanzen klagt." Andere erinnern an das an Schleswig-Holstein grenzende Dänemark - wo die Forderung der Nord-CDU seit Kurzem Wirklichkeit ist, zumindest in Randers in Ostjütland.
Bereits im Januar hatte der Rat der Hafenstadt einen "Frikadellen-Krieg" entfacht: Er beschloss, dass in den öffentlichen Kantinen auch Schweinefleisch angeboten werden muss. Die Regelung ist flexibel, so eine Sprecherin der Kommune, "sprich es muss auch eine Alternative geben, wenn es etwa Kinder gibt, die kein Schwein essen".
(bor/ach)