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CP-Fußball
„Eine andere Art von Teamspirit“

CP-Fußball ist eine Sportart für Menschen mit Bewegungsstörungen, die aus einer Hirnschädigung resultieren. In Deutschland ist die Sportart noch im Aufbau. Es gelten die gleichen Regeln wie bei der FIFA, bis auf einige Ausnahmen wie das Fehlen der Abseitsregel. Und für die Aktiven bietet der Sport eine besondere Art des Zusammengehörigkeitsgefühls.

Von Sebastian Trepper | 26.06.2022
Deutsche und australische Spieler erwarten den Ball
Taktische Änderung durch den Wegfall der Abseitsregel: Beim CP-Fußball wird teilweise wie beim Handball "um den Kreis" gespielt. (Szene aus dem WM-Spiel Deutschland-Australien im Frühjahr 2022) (Deutsche CP-Fußballnationalmannschaft)
Unter dem Begriff Cerebralparese werden sehr verschiedene Erkrankungen zusammengefasst. Gemeinsam ist Menschen mit Cerebralparese, dass sie Bewegungsstörungen haben, die vom Hirn ausgehen. Das kann unterschiedliche Ursachen haben: Das Hirn kann im frühkindlichen Alter geschädigt worden sein – auch schon im Mutterleib oder während der Geburt. Eine Cerebralparese kann aber auch später im Leben entstehen: Schlaganfälle, Hirntumore oder Kopfverletzungen können Gründe dafür sein, wie bei CP-Nationalspieler Björn Kirchgessner:
Ich habe Cerebralparese seit dem Jahr 2011. Das Ganze hat sich bei einem Fahrradunfall in einem Fahrradrennen in Bozen in Italien ereignet. Mir ist jemand ins Rad gefahren und ich bin über den Lenker gefallen und habe mehr oder weniger mit dem Kopf abgebremst und mir Schädigungen am Kopf zugezogen.“
Mannschaftsfoto mit Spielern und Betreuerstab in zwei Reihen aufgestellt
Spieler und Betreuerstab der der deutschen CP-Fußball-Nationalmannschaft bei der WM 2022 in Spanien (Deutsche CP-Fußballnationalmannschaft)
Björn Kirchgessner kann seit dem Unfall vor allem den rechten Arm und das rechte Bein nicht mehr so schnell und gezielt ansteuern wie vor dem Sturz. Die Auswirkungen der Cerebralparese sind allerdings von Fall zu Fall sehr unterschiedlich. Im Gegensatz zu stärker eingeschränkten Patienten mit Cerebralparese können CP-Fußballer ohne Hilfsmittel laufen. Sie werden für den Sport in drei Kategorien eingeordnet.

Verschiedene Kategorien sollen für gleiche Bedingungen sorgen

Aus der Kategorie 3 - nicht so starke Beeinträchtigung bei den Bewegungsabläufen - darf nur ein Spieler auf dem Feld stehen. Aus der Kategorie 1 muss mindestens ein Spieler auf dem Platz sein. Das sind Sportler, die Einschränkungen in Armen und Beinen haben.
Ansonsten gelten beim CP-Fußball grundsätzlich die gleichen Regeln, wie bei der FIFA: Abweichend sind lediglich die geringere Feldgröße, die Spieleranzahl mit sieben Spielern pro Mannschaft und das Fehlen der Abseitsregel.

Besondere Fürsorge unter den Spielern

Björn Kirchgessner spielte vor seinem Unfall in der Verbandsliga Fußball und hat somit einen guten Vergleich zwischen Ligabetrieb und CP-Fußball, auch wenn er erst seit wenigen Monaten zur Nationalmannschaft gehört. Taktisch verändere der Wegfall der Abseitsregel das Spiel fundamental, erklärt er. Die Einschränkungen fordern dazu ein besseres Verständnis der Möglichkeiten von Mitspielern. Wichtiger ist ihm aber ein anderer Aspekt:
Das ist nochmal eine ganz andere Ebene, mit den Jungs zusammen zu sein, die auch solche Einschränkungen haben – ähnliche Einschränkungen. Das ist eine andere Art von Teamspirit. Weil man insgesamt sehr, sehr fürsorglich miteinander umgeht. Aber man nimmt sich auch immer selber auf den Arm und, nimmt sich selber auch nicht so ernst.“