Ein Kollege gibt letzte Anweisungen, dann übernimmt Abdulkarim die Kontrolle über die Falt-Maschine. Der große Junge in Jeans und Turnschuhen legt Papier nach, kontrolliert den Ablauf, nimmt die versandfertigen Briefumschläge aus dem Korb, trägt sie zur Frankiermaschine. Abdulkarim ist Praktikant in einer Firma, die Werbematerial versendet. Seit zwei Wochen steht er jeden Morgen pünktlich um 9 Uhr im Großraumbüro – schon das ist für ihn eine Leistung. Denn um Regeln und Pflichten hat er sich früher nie geschert.
"Ich habe einigen Blödsinn gemacht, vorher… Eines Tages bin ich geschnappt worden. Das war mein Glück, denn sonst würde ich jetzt wohl immer noch auf der Straße herumhängen. Der Jugendrichter hat mir einen Erzieher besorgt und der hat mir erklärt, was passieren kann, wenn ich so weiter mache. Das habe ich kapiert."
Die Jugendschutzbehörde hat ihn auch zu Roger Mosseri gebracht, dem Chef der Mailing-Firma. Die Vorstadtkrawalle vom vergangenen Herbst haben dem Unternehmer die Augen geöffnet für die sozialen Zustände in seinem Land. Als er erfuhr, dass das Justizministerium Firmenchefs sucht, die jungen Straftätern helfen wollen, war er zur Stelle.
"Die Unruhen im November haben viele Menschen aufgerüttelt. Zuerst war ich natürlich entsetzt und auch wütend auf diese Jugendlichen, die so viel Schaden angerichtet haben. Aber dann habe ich mir gedacht: Es gibt nur eine Lösung. Wir müssen sie beschwichtigen, indem wir ihnen beweisen, dass wir ihnen Arbeit geben können."
Abdulkarim war im November nicht unter den Brandstiftern, denn damals wachte schon die Jugendschutzbehörde über ihn. Der 18-Jährige hatte eine Jugend, wie sie für viele Jungen aus den sozial benachteiligten Vorstadtsiedlungen typisch ist: Er wuchs mit zwölf Geschwistern in einer polygamen Familie aus Mali auf. Dass die Schule einen Sinn hat, begriff er nicht.
"Ich bin fast nie zur Schule gegangen und dann waren die Lücken so groß, dass ich den Anschluss völlig verpasst habe. Meine Kumpel und ich, wir wollten halt draußen bleiben und uns amüsieren."
Als er 16 war, hängte Abdulkarim die Schule ganz an den Nagel. Ohne Beschäftigung kam er schnell auf die schiefe Bahn. Auf seine Eltern, sagt er, hört er schon lange nicht mehr.
Das Justizministerium verlangt nicht viel von den Schirmherren der Jugendlichen. Es fordert die Unternehmer nur auf, den jungen Straftätern alles in allem sechs Stunden zu widmen. In dieser Zeit sollen sie ihnen die Arbeitswelt erklären und ihre Kontakte spielen lassen. Roger Mosseri findet die Idee gut, aber sie geht ihm nicht weit genug:
"Als der Junge mit seinem Tutor zu mir kam, hatte ich auf Anhieb einen guten Eindruck von ihm. Ich fand: Er verdient mehr als sechs Stunden. Was kann ich schon in so kurzer Zeit vermitteln? Deshalb habe ich ihm spontan ein Praktikum angeboten. So gebe ich ihm eine Chance."
Roger Mosseri hat sechs Angestellte, denen er häufig über die Schulter schaut. Für Abdulkarim ist er immer zu sprechen. Trotz dieser familiären Atmosphäre weiß er nicht, was der Junge auf dem Kerbholz hat. Er fragt auch nicht, weil er spürt, dass Abdulkarim ein neues Kapitel aufschlagen will. Der macht sich jetzt große Hoffnungen.
"Es ist schwierig, Arbeit zu finden. Fast alle meine Freunde haben die Hoffnung aufgegeben. Sie haben keinen Schulabschluss und finden nichts. Für mich ist das Praktikum hier eine große Chance, denn da könnte später mal ein Job draus werden. Das hängt jetzt vom Chef ab. Ich glaube, es wird klappen, denn ich war immer pünktlich, habe nie gefehlt. Ich habe so viele Pläne: Ich möchte von zu Hause ausziehen, rein ins Arbeitsleben, selbstständig sein, so wie alle andern eben."
Die Erwartungen des Jungen lasten auf dem Patron. Roger Mosseri weiß, dass sich der Junge anstrengt und ist auch sehr zufrieden mit ihm. Aber eine zusätzliche Stelle verkraftet seine kleine Firma nicht.
"Nach dem Praktikum stellt sich ein großes Problem. Wir haben keine Einstellung geplant. Außerdem hat er wenig Schulbildung und versteht nichts von Informatik. Ich weiß wirklich nicht, was aus dem Jungen werden kann. Natürlich werde ich ihn weiterempfehlen. Ich hoffe, dass er Arbeit finden wird."
Jetzt, so sagt der Unternehmer, sei der Ball bei der Regierung. Wenn der Staat finanzielle Hilfen gäbe, dann könnte er einen Jungen wie Abdulkarim vielleicht richtig ausbilden. Beim nächsten Treffen der Paten mit Vertretern des Justizministeriums will Roger Mosseri das Problem ansprechen.
"Ich habe einigen Blödsinn gemacht, vorher… Eines Tages bin ich geschnappt worden. Das war mein Glück, denn sonst würde ich jetzt wohl immer noch auf der Straße herumhängen. Der Jugendrichter hat mir einen Erzieher besorgt und der hat mir erklärt, was passieren kann, wenn ich so weiter mache. Das habe ich kapiert."
Die Jugendschutzbehörde hat ihn auch zu Roger Mosseri gebracht, dem Chef der Mailing-Firma. Die Vorstadtkrawalle vom vergangenen Herbst haben dem Unternehmer die Augen geöffnet für die sozialen Zustände in seinem Land. Als er erfuhr, dass das Justizministerium Firmenchefs sucht, die jungen Straftätern helfen wollen, war er zur Stelle.
"Die Unruhen im November haben viele Menschen aufgerüttelt. Zuerst war ich natürlich entsetzt und auch wütend auf diese Jugendlichen, die so viel Schaden angerichtet haben. Aber dann habe ich mir gedacht: Es gibt nur eine Lösung. Wir müssen sie beschwichtigen, indem wir ihnen beweisen, dass wir ihnen Arbeit geben können."
Abdulkarim war im November nicht unter den Brandstiftern, denn damals wachte schon die Jugendschutzbehörde über ihn. Der 18-Jährige hatte eine Jugend, wie sie für viele Jungen aus den sozial benachteiligten Vorstadtsiedlungen typisch ist: Er wuchs mit zwölf Geschwistern in einer polygamen Familie aus Mali auf. Dass die Schule einen Sinn hat, begriff er nicht.
"Ich bin fast nie zur Schule gegangen und dann waren die Lücken so groß, dass ich den Anschluss völlig verpasst habe. Meine Kumpel und ich, wir wollten halt draußen bleiben und uns amüsieren."
Als er 16 war, hängte Abdulkarim die Schule ganz an den Nagel. Ohne Beschäftigung kam er schnell auf die schiefe Bahn. Auf seine Eltern, sagt er, hört er schon lange nicht mehr.
Das Justizministerium verlangt nicht viel von den Schirmherren der Jugendlichen. Es fordert die Unternehmer nur auf, den jungen Straftätern alles in allem sechs Stunden zu widmen. In dieser Zeit sollen sie ihnen die Arbeitswelt erklären und ihre Kontakte spielen lassen. Roger Mosseri findet die Idee gut, aber sie geht ihm nicht weit genug:
"Als der Junge mit seinem Tutor zu mir kam, hatte ich auf Anhieb einen guten Eindruck von ihm. Ich fand: Er verdient mehr als sechs Stunden. Was kann ich schon in so kurzer Zeit vermitteln? Deshalb habe ich ihm spontan ein Praktikum angeboten. So gebe ich ihm eine Chance."
Roger Mosseri hat sechs Angestellte, denen er häufig über die Schulter schaut. Für Abdulkarim ist er immer zu sprechen. Trotz dieser familiären Atmosphäre weiß er nicht, was der Junge auf dem Kerbholz hat. Er fragt auch nicht, weil er spürt, dass Abdulkarim ein neues Kapitel aufschlagen will. Der macht sich jetzt große Hoffnungen.
"Es ist schwierig, Arbeit zu finden. Fast alle meine Freunde haben die Hoffnung aufgegeben. Sie haben keinen Schulabschluss und finden nichts. Für mich ist das Praktikum hier eine große Chance, denn da könnte später mal ein Job draus werden. Das hängt jetzt vom Chef ab. Ich glaube, es wird klappen, denn ich war immer pünktlich, habe nie gefehlt. Ich habe so viele Pläne: Ich möchte von zu Hause ausziehen, rein ins Arbeitsleben, selbstständig sein, so wie alle andern eben."
Die Erwartungen des Jungen lasten auf dem Patron. Roger Mosseri weiß, dass sich der Junge anstrengt und ist auch sehr zufrieden mit ihm. Aber eine zusätzliche Stelle verkraftet seine kleine Firma nicht.
"Nach dem Praktikum stellt sich ein großes Problem. Wir haben keine Einstellung geplant. Außerdem hat er wenig Schulbildung und versteht nichts von Informatik. Ich weiß wirklich nicht, was aus dem Jungen werden kann. Natürlich werde ich ihn weiterempfehlen. Ich hoffe, dass er Arbeit finden wird."
Jetzt, so sagt der Unternehmer, sei der Ball bei der Regierung. Wenn der Staat finanzielle Hilfen gäbe, dann könnte er einen Jungen wie Abdulkarim vielleicht richtig ausbilden. Beim nächsten Treffen der Paten mit Vertretern des Justizministeriums will Roger Mosseri das Problem ansprechen.