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Chaos an den Kassen?

1. Januar 2002. Zwölf Länder, 300 Millionen Europäer, unterschiedliche Kulturen, unterschiedliche Träume, unterschiedliche Erwartungen - 300 Millionen Menschen, verbunden durch eine gemeinsame Währung: der Euro unser Geld.

Jörg Münchenberg | 02.12.2001
    Während die Bundesbank mit ihrem Euro-Spot letzte Überzeugungsarbeit bei den Bürgern zu leisten versucht, sind die umfangreichen Vorbereitungsarbeiten beim Einzelhandel auf den sogenannten "eday" fast abgeschlossen. Über mehrere Jahre hinweg hat sich die Branche auf die Bargeldeinführung vorbereitet, zu Recht, schließlich spielt der Handel im Zuge des großen Geldwechsels ab dem 1. Januar 2002 eine der Hauptrollen.

    Denn nicht nur bei den Banken können die Bürger ihre D-Mark Bestände in Euro Münzen und Scheine tauschen. Auch die rund 100 000 Einzelhändler hierzulande haben sich verpflichtet, in der zweimonatigen Übergangsfrist zwischen dem 1. Januar und 28. Februar 2002 auf Zahlungen in D-Mark Euro-Wechselgeld herauszugeben. Der Handel als Wechselstube der Nation? - Holger Wenzel, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Einzelhandels HDE findet an dieser Aufgabe wenig Gefallen:



    Nein, damit sind wir eigentlich gar nicht glücklich. Wir glauben, dass hier die Banken eine wirklich stärkere Rolle übernehmen müssen, dass sie ihren Part in dem Spiel eigentlich besser spielen müssten. Sie tun auch zum Teil so, als ob der Einzelhandel die Wechselstube der Nation wäre und als ob man nur im Einzelhandel seine alten DM- Bestände loswerden kann. Selbstverständlich kann man auch bei den Banken tauschen und die Kunden sollten das auch tun, denn dann gibt es im Einzelhandel weniger Probleme.

    Doch die Banken weisen den Vorwurf zurück. Seit Monaten habe man über das Prozedere gemeinsam beraten, heißt es etwa beim Bundesverband Deutscher Banken, der Einzelhandel habe seine wichtige Funktion bei der Euro-Bargeld-Einführung dabei nie in Frage gestellt.

    Ohnehin sei die Kritik völlig überzogen, meint der zuständige Euro-Beauftragte beim Bankenverband, Andreas Goralczyk, denn die Mammutaufgabe sei auf viele Schultern verteilt worden. Nicht zuletzt die Geschäftsbanken hätten maßgebliche Vorarbeit geleistet:

    Wir haben ja dieses Jahr schon begonnen mit der sogenannten Münzrückflussaktion, dass wir appelliert haben an die Bürger, Bargeldbestände, die jetzt nicht gebraucht werden im Zahlungsverkehr, dass man die jetzt bei den Banken und Sparkassen auf die Konten einzahlt. Das ist ein Standbein. Darüber hinaus gibt es ab dem 17. Dezember die sogenannten Münzstarterkids und 53,5 Millionen dieser Haushaltsmischungen sind bei den Landeszentralbanken, bei der Bundesbank bestellt worden. Das ist ein erhebliches, ein riesiges Volumen an Münzen, die bereits im Dezember an die Bürger ausgegeben werden.

    Darüber hinaus weist der Bankenverband auf die hohen Münzbestände hin, die man bei der Bundesbank für den "eday" bestellt habe. 10,8 Milliarden Münzen seien insgesamt geordert worden, betont der Euro-Beauftragte Goralyczk, insofern würden auch die Banken ihrer Aufgabe als zentrale Euro-Umtauschstelle durchaus gerecht werden. Beim Einzelhandel zeigt man sich von diesen Argumenten dennoch unbeeindruckt.

    Denn die Sorge ist groß, dass es in den ersten Tagen des neuen Jahres zu chaotischen Verhältnissen in den Geschäften kommen wird und damit Kunden verprellt werden könnten. Die Kassen müssen für D-Mark und Euro doppelt geführt werden, vor allem aber erhebliche Bargeldbestände zum notwendigen Wechsel vorhanden sein. Je nach Branche, so heißt es beim Einzelhandelsverband, müssten zwischen dem fünf- und fünfzehnfachen der normalen Bargeldbestände vorrätig sein, um für alle Eventualitäten gewappnet zu sein.

    Große Warenhäuser oder auch Supermärkte werden seperate Wechselkassen aufstellen, bei denen die Kunden noch vor dem Einkauf DM in Euro tauschen können, um größere Warteschlangen zu vermeiden. Eine andere Möglichkeit: der erforderliche Mark-Betrag wird an der normalen Kassen zunächst vollständig in Euro getauscht und anschließend der Einkauf allein mit der neuen Währung beglichen. Dadurch werde der Wechselvorgang schneller und transparenter, so zumindest die Hoffnung bei den Verantwortlichen.

    Aber werden solche Maßnahmen ausreichen, um die befürchteten Verzögerungen an den Kassen zu verhindern? Arnd Huchzermeier, Logistikexperte und Wirtschaftsprofessor an der wissenschaftlichen Hochschule für Unternehmensführung in Valendar bei Koblenz ist da eher skeptisch. In einer umfangreichen Studie hat Huchzermeier verschiedene Abläufe durchgespielt:

    Es ist natürlich wichtig, dass Unternehmen nicht soviel Geld im Laden vorrätig haben wollen. Das heißt, man muss sicherstellen, dass über den Tag hinaus immer wieder zu den Banken, zu den Cash-Points gehen kann, um sich weiteres Geld zu holen. Wenn das nicht der Fall ist, dann müssen die Unternehmen eben damit rechnen, dass sie dicht machen müssen. Das trifft besonders den kleinen Einzelhandel, denn hier wird die Kreditlinie schnell ausgeschöpft und man muss damit rechnen, wenn vermehrt große Scheine in Umlauf kommen, sprich die 50-Euro-Noten, dass der kleine Einzelhandel, aber auch Tankstellen in die Knie gezwungen werden.

    Insgesamt, so der Logistik-Fachmann, werde der Wechselgeldbedarf hierzulande unterschätzt. Immerhin würden 95 Prozent aller Bundesbürger bar bezahlen. Im schlimmsten Fall, so Huchzermeier, könnte es gerade in den ersten Tagen des neuen Jahres zu einer fatalen Kettenreaktion kommen. Vor den Geldautomaten der Banken stauten sich die Kunden, dies wiederum könnte andere davon abhalten, sich ebenfalls anzustellen. Damit aber würde sich die Bargeldausstattung der Bürger mit der neuen Währung verzögern, so dass weiterhin mit D-Mark gezahlt wird. Die Folge: der Kleingeldbedarf bei den Einzelhändlern bleibt hoch- gerade kleineren Läden könnte am Ende buchstäblich das Geld ausgehen. Deshalb würden einige am eday erst gar nicht oder nur eingeschränkt aufmachen:

    Man kann sicherlich davon ausgehen, dass es nicht zu chaotischen Verhältnissen oder irgendwelchen katastrophalen Ereignissen kommt, aber man muss sicherlich mit langen Wartezeiten und mit langen Warteschlangen rechnen. Und vor allem, was wir sehr stark bemängeln, ist Händler oder Tankstellen nicht dem Kunden kommunizieren, wann sie überhaupt verfügbar sind. Das heißt, der Kunde muss sich darauf einstellen, dass er zu gewohnten Stellen des Einkaufens geht oder einfach vor verschlossener Tür oder nicht funktionierenden Systemen steht.

    Beim Hauptverband des Deutschen Einzelhandels stoßen solche Szenarien freilich auf wenig Zustimmung. Man sei sehr gut vorbereitet, heißt es da. Und jene Experten, die schon für die Jahrtausendwende bei der Datumsumstellung in der Software ein heilloses Durcheinander angekündigt hätten, würden jetzt ihre Kassandrarufe für die Euro-Bargeldeinführung wiederholen. Allenfalls zu den Stoßzeiten sei mit längeren Schlangen vor den Kassen zu rechnen und dies auch nur in den ersten Tagen des neuen Jahres. Danach werde die DM sehr schnell aus dem täglichen Zahlungsverkehr verschwinden.

    Ähnlich optimistische Töne kommen auch vom Bankenverband, aber auch von der Verbraucherzentrale Bundesverband. Karin Kuchelmeister, die zuständige Euro-Beauftragte der Verbraucherschützer, rät zur Gelassenheit. Letztlich hätten die Verbraucher den Kassenablauf am eday zumindest teilweise selbst in der Hand:

    Ich halte jetzt nicht viel davon, hier jetzt Panik zu machen und das große Chaos herauszubeschwören. Ich würde denn Kunden auch raten, in der Zeit zum Beispiel die EC-Karte oder die Kreditkarte zu benutzen, und einfach auch Ruhe bewahren. Denn natürlich es muss sich jeder mit dem neuen Geld vertraut machen. Da kann es schon sein, dass das eine oder andere mal ein bisschen länger dauert, aber davon sollte man heute nicht schon von einem Riesenchaos sprechen.

    Und zumindest die großen Unternehmen haben sich bereits längst mit den notwendigen Bargeldreserven bei den Geschäftsbanken eingedeckt, vor allem mit kleinen Scheinen und Münzen. Auch die Europäische Zentralbank, die wiederum die Verteilung an die Institute regelt, hat vorgesorgt. Insgesamt sollen weit mehr fünf- und 10 Euro-Noten gedruckt werden als ursprünglich geplant. Schließlich haben auch die Geschäftsbanken bereits angekündigt, die Geldautomaten Anfang Januar vornehmlich mit kleinen Euro-Scheinen zu bestücken. Insgesamt werden damit 14,89 Milliarden Banknoten in den Euro-Staaten im Umlauf sein.

    Dennoch ist der Ärger bei den Einzelhändlern über das Geschäftsgebaren der Privatbanken im Zuge der sogenannten Front-Loading-Phase groß. Die notwendige Versorgung mit Euro-Scheinen und Münzen vor dem 1. Januar 2002 führe zu zusätzlichen finanziellen Belastungen, klagt HDE-Hauptgeschäftsführer Holger Wenzel:

    Wir sind schon etwas sauer auf das, was wenigstens ein Teil der Banken tut. Das sind nicht alle, aber es gibt da Beispiele, da kann man nur mit dem Kopf schütteln. Hier ging es um die Frage der Wertstellung vor allem: die Deutsche Bundesbank gibt den Banken die Möglichkeit, ihre vorher geladenen Eurobestände erst zu drei Terminen im Januar des nächsten Jahres wertzustellen. Das geben die Banken jedoch nicht an den Einzelhandel weiter.

    Im Extremfall, so heißt es beim Branchenverband, würden die Konten der Einzelhändler etwa schon im Oktober dieses Jahres mit vorab bestellten Eurobeständen belastet, obwohl die Währung ja erst zum 1. Januar 2002 genutzt werden könnte. Deshalb würden sich gerade kleinere Geschäfte mit schmalen Kreditlinien ihre Euro-Reserven erst nach dem Jahreswechsel besorgen - für den Ansturm an den Bankschaltern seien dann die Institute selbst verantwortlich.

    Beim Bankenverband löst diese Kritik jedoch nur Verwunderung aus. Schließlich habe man auch über die Verfahrensweise lange am runden Tisch diskutiert, jetzt sei es für Nachbesserungen zu spät. Ohnehin, so Andreas Goalczyk, könne es bei diesem Streitpunkt keine einheitlich verbindliche Lösung geben:

    Das ist eine geschäfts- und auch eine kreditpolitische Entscheidung der einzelnen Häuser, in welchen Verfahren das Eurobargeld an die Firmen-, an die Geschäftskunden weitergegeben wird. Denn letztendlich ist es eine Art Kredit, die dort gewährt wird. Das kann natürlich nicht einheitlich abgefasst werden, sondern da gibt es unterschiedliche und vor allem bilaterale Entscheidungen.

    Anders ausgedrückt: ein guter Kunde mit entsprechender Bonität bekommt die Eurobestände vorab natürlich zu besseren Konditionen als ein schlechter mit geringen Finanzierungsreserven. Letztlich stehen aber auch hinter dieser Auseinandersetzung handfeste finanzielle Interessen. Zumal sich beide Seiten über die enormen Belastungen im Zuge der Eurobargeldeinführung immer wieder laut beklagt haben.

    So beziffert allein der Handel seine Kosten auf 8 bis 10 Milliarden Mark: angefangen von der Kassenumstellung und der Schulung der Mitarbeiter über die höhere Versicherung für die Lagerung von Euroscheinen und Münzen bis hin zu notwendigen Softwareänderungen im gesamten Bereich der Warenwirtschaftssysteme. Zusätzlich muss die neue Währung bis zum 1. Januar sicher verwahrt werden, entsprechende Kontrollen sind jederzeit möglich. Die Mehrkosten treffen alle, vom großen Warenhaus bis hin zum kleinen Laden um die Ecke. Monika Tschernoch beispielsweise betreibt ein kleines Nähmaschinen- und Kurzwarengeschäft in Berlin Steglitz. Auch sie musste im Zuge der Eurobargeldeinführung erheblich investieren:

    Also eine große Arbeit, weil sämtliche Preise, die wir in dem laden haben, doppelt umgepreist werden müssen. Und auch finanziell, eine sehr große Belastung: also ich würde sagen, mit Zeitaufwand würde ich mit mindestens zweitausend Mark rechnen - die Elektronikkasse muss umgestellt werden, bzw. ist schon umgestellt worden. Dann kommt am 1.1. trotz Feiertag noch einmal ein Programmierer und muss noch mal die Kasse einrichten, dass wir am 2.1. den Euro doppelt drin haben und ausgeben können.

    Nicht zuletzt wegen der finanziellen Zusatzbelastungen ist die Versuchung bei manchem Einzelhändlern groß, an der Preisschraube zu drehen, zumal die Gelegenheit günstig ist. Noch bis zum 28. Februar 2002 sind alle Waren doppelt ausgezeichnet. Weil aber die Eurobeträge möglichst glatt ausfallen sollen, haben die Verbraucher derzeit mit ungewohnt ungeraden D-Mark-Preisen zu kämpfen. So kostet plötzlich das belegte Brötchen 2 Mark 93 statt 2 Mark 50 oder der Hosenträger 19 Mark 46 anstatt wie bislang gewohnt 18 Mark 95. Keine Branche des Einzelhandels, so die Euro-Beauftragte der Verbraucherzentrale Bundesverband, Karin Kuchelmeister, könne von diesem Trend ausgenommen werden:

    Es ist durchgängig, dass es in jeder Branche Preiserhöhungen gibt. Im Dienstleistungsbereich genauso wie im Warenbereich. Da ist zum Beispiel ein Deoroller dabei, der vorher 2 Mark 95 kostet, der mittlerweile in der 43. Kalenderwoche 3 Mark 65 kostet. Und wenn man 3 Mark 65 in Euro umrechnet, dann kommt man auf 1 Euro 89 - das sind dann schon 25 Prozent Preiserhöhungen, also eine stattliche Summe.

    Zwar haben Politiker, Bundesbank und auch die Bundesregierung immer wieder versichert, die Euro-Einführung werde nicht zu einer Preiserhöhung führen, doch die Verbraucherschutzverbände kommen nach einer umfangreichen Marktanalysen zu einem anderen Ergebnis. Inzwischen seien auch viele Beschwerden eingegangen, heißt es unisono bei den Landesverbänden wie bei der Bundeszentrale, und der Vorwurf der Preistreiberei, so Kuchelmeister, sei nicht von der Hand zu weisen:

    Die Gefahr ist vorhanden. Es ist im Moment so, der Verbraucherzentrale Bundesverband macht eine regelmäßige Preiserhebung seit Juni diesen Jahres - alle sechs Wochen. Und da ist eben festzustellen, dass insgesamt Preiserhöhungen stattfanden. Und von diesen Erhöhungen, die insgesamt beobachtet wurden, vermutet man, dass etwa 60 Prozent im Zusammenhang mit der Anpassung an die künftigen Eurorelationen stattfanden.

    Dies aber wäre ein klarer Widerspruch gegen die freiwillige Selbstverpflichtung des Handels, die Euro-Umstellung nicht für Preiserhöhungen zu nutzen. Das aber sei ohnehin nur ein Lippenbekenntnis, heißt es etwa bei der Verbraucherzentrale Nordrhein Westfalen. Zurückhaltender drückt es dagegen die deutsche Bundesbank aus, die zusammen mit dem Statistischen Bundesamt in Wiesbaden die Preisänderungen bei rund 18.000 Artikeln beobachtet.

    Das Ergebnis der Untersuchung Ende Oktober: Jede 10 Preiserhöhung bei Produkten des täglichen Lebens hängt mit der Euro-Umstellung zusammen. Die umrechnungsbedingte Erhöhung liege zwischen 0,2 und 0,4 Prozentpunkten. Gleichzeitig wird jedoch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Einfluss der Euro-Einführung auf das Preisniveau wissenschaftlich nicht exakt bestimmbar sei. Mit anderen Worten: Eine bewusst angelegte Preiserhöhung lässt sich schlicht nicht nachweisen.

    Das weiß man auch beim Hauptverband des Deutschen Einzelhandels. Insofern werden die laut gewordenen Vorwürfe versteckter Preiserhöhungen heftig zurückgewiesen. Zum einen, so Holger Wenzel, gehe die Inflationsrate derzeit zurück. Also könne von Preistreiberei keine Rede sein. Zum anderen müssten entsprechende Veränderungen in erster Linie auf höhere Weltmarktpreise oder andere externe Faktoren zurückgeführt werden. Schließlich weist der HDE-Hauptgeschäftsführer auf den knallharten Wettbewerb in der Branche hin.

    Demjenigen, der wegen dem Euro ein Schluck aus der Pulle nimmt, den bestraft der Kunde. Im Einzelhandel herrscht Wettbewerb und derjenige, der hier über die Strenge schlägt, muss damit rechnen, dass der Verbraucher dann ein Häuschen, ein Geschäft weiter geht. Wir haben im Einzelhandel seit 10 Jahren Umsatzstagnation, sogar reale Rückgänge. Wir haben dafür ein Drittel Verkaufsfläche mehr, allein das zeigt den gnadenlosen Wettbewerb und keiner kann sich hier erlauben, sich von der Konkurrenz nach oben abzuheben.

    Natürlich, und das bestreitet auch Wenzel nicht, gibt es im Zuge der Euro-Umstellung durchaus auch Aufrundungen . Dies sei aber im Zuge einer gesunden Mischkalkulation unvermeidbar, um die ohnehin schon spärliche Rendite nicht noch zusätzlich zu verkürzen. Nur Abrundungen seien schlicht nicht zu finanzieren. Ohnehin geht in der Branche eher die Befürchtung um, die Euro-Einführung könne den Wettbewerb noch einmal verschärfen. Die Discounter werden möglicherweise eine neue Preissenkungsrunde einläuten. Dann aber müssten alle anderen mitziehen, um nicht noch mehr Marktanteile an die Billigkonkurrenz zu verlieren, heißt es hinter vorgehaltener Hand.

    Insofern plädieren auch die Verbraucherschutzverbände zwar für Wachsamkeit, warnen aber zugleich vor einer Dramatisierung der Lage. Vor allem Transparenz sei wichtig, heißt es dort, nicht zuletzt deshalb hat etwa die Verbraucherschutzzentrale Nordrhein Westfalen einen virtuellen Pranger eingerichtet. Im Internet werden die Namen von Firmen aufgelistet, die in Verdacht stehen, ihre Preise Euro-bedingt angehoben zu haben. Notfalls, so Kuchelmeister, müsse der Verbraucher einfach seine Marktmacht einsetzen, um sich gegen Euro-Sünder erfolgreich zur Wehr zu setzen:

    Grundsätzlich haben wir eben freie Marktwirtschaft und gegen die Preiserhöhung als solche sich zu wehren kann man lediglich mit einem Verzicht auf das einzelne Produkt und eben auf andere Produkte ausweichen.

    Zumindest was den Handel angeht, rechnen die Verbraucherschutzverbände inzwischen mit einem halbwegs problemlosen Währungswechsel. Ähnlich sieht das die Branche selbst. Man habe sich lange und intensiv darauf vorbereitet, heißt es und die schlechte Stimmung bei den Einzelhändlern sei vor allem auf die schlechte Wirtschaftslage zurückzuführen. Nun hofft man auf ein gutes Weihnachtsgeschäft, traditionell die umsatzstärkste Zeit. Erst danach wird es dann ernst mit dem Euro - Monika Tschernoch mit ihrem kleinen Nähladen ist jedenfalls optimistisch:

    Also, eigentlich sind wir sehr zuversichtlich für den Euro und sagen, wir haben jetzt langsam die Nase voll von der ganzen doppelten Rechnerei und wir wollen jetzt endgültig den Euro. Jeder ist traurig, dass wir die D-Mark verlieren, aber ich sag immer den Kunden: sehen sie das positiv, wir haben nachher weniger zu rechnen und es ist alles im gewissen Sinne preiswerter, wir haben nur noch halbe Preise.