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Chaos bei den Jobbörsen

Sie heißen Stepstone, monster, experteer, opportuno: Im Internet wimmelt es nur so von Jobbörsen. Viel hilft viel, könnte man meinen - eine aktuelle Studie aber behauptet das Gegenteil: Die vielen Suchmaschinen verwirren und überfordern, kosten Geld und vor allem, so die Studierenden, bleiben viele Stellen unbesetzt.

Von David Herting | 11.08.2009
    Ein Tag wie jeder andere für Peter F. in München. Der 33-jährige Diplom-Kaufmann ist zur Zeit arbeitslos, seinen richtigen Namen möchte er nicht nennen. Jeder Morgen beginnt für ihn mit dem Blick in eine Jobbörse im Internet:

    "So, Transport und Logistik, zwei Jobs, was haben wir da? Vertrieb, Handel, Einkauf, sind zehn Angebote, wieder alles ausm Bereich Finanzen, Director ... alles mit fünf, sechs Jahren Berufserfahrung, ja das ist typisch, das habe ich anders eingegeben ... was haben wir da noch…"

    Seit acht Monaten sucht Peter F. in sechs verschiedenen Börsen nach einem neuen Job als Prozessmanager. Drei Stunden am Tag durchforstet er Stellenangebote und schreibt danach Bewerbungen. Die Fülle an Möglichkeiten bedeutet einen riesigen Zeitaufwand für Peter F. ob er alles gesehen hat, bleibt trotzdem offen:

    "... wenn ich fünf sechs einschlägige Suchmaschinen durchsuche, von denen ich ausgehe, dass Unternehmen in denen inserieren habe ich nicht das Gefühl was zu vergessen, allerdings wo die Angst kommt ... ist ... wenn ich eher generalistisch ne ganze Bandbreite nach Stellen absuchen möchte, dann wird es ein Problem über Suchbegriffe, weil jeder schreibt es anders rein, da gibt es keine festgelegten Standards und dann kann es natürlich passieren, dass man auch einfach gute Unternehmen übersieht."

    Unzufrieden mit den Jobbörsen sind auch viele Arbeitgeber. Britt Pirker ist Personalleiterin bei rappgermany, einer großen Werbeagentur in Hamburg:

    "Wir haben früher in mehrere eingestellt, aber das kommt uns eigentlich viel, viel zu teuer, früher waren einige auch kostenlos, die für uns auch speziell auch für unsere Branche ausgerichtet waren, die sind jetzt inzwischen kostenpflichtig und dadurch, dass und weil ich eine große Reichweite erreichen will stell ich das in zwischen nur noch in eine einzige Stellenbörse ein."

    Eine aktuelle Umfrage der Software-Initiative Deutschland kritisiert den Job-Börsen-Markt. Der Münchner Verein zur Interessenvertretung von Software-Unternehmen hat 250 Arbeitsuchende und Arbeitgeber befragt, die regelmäßig Jobbörsen im Internet aufsuchen oder dort inserieren. 88 Prozent der Arbeitgeber können demnach aus Zeitgründen nicht alle interessanten Jobbörsen nutzen. 77 Prozent der Arbeitgeber sagen, dass sie auf weniger Seiten inserieren um Geld zu sparen. Und auch die Arbeitssuchenden sind laut Studie überfordert: 92 Prozent von ihnen haben Angst trotz stundenlanger Suche, Angebote zu übersehen. Laut Software-Initiative ist die Unübersichtlichkeit bei der Online-Jobsuche auch ein Grund dafür, dass zur Zeit 500.000 Stellen in Deutschland unbesetzt bleiben. Der Vorsitzende des Vereins Helmut Blank:

    "Wir sind tatsächlich nicht zufrieden, die Ausbeute ist zu schwach, die wir über Jobbörsen erreichen, das sagt nichts jetzt über die Qualität der Jobbörsen, absolut nicht, das ist einfach... Das Überangebot an möglicherweise guten Jobbörsen, nur welche ist die richtige für meine Zielgruppe, der Web-Auftritt allein sagt mir das nicht, hier tu ich mich als Unternehmer einfach nur schwer."

    Die Agentur für Arbeit in Nürnberg sieht dagegen keinen direkten Zusammenhang zwischen der Menge der Jobbörsen und den vielen unbesetzten Stellen. Pressesprecherin Ilona Mirtschin:

    "Freie stellen werden wir in Deutschland immer haben, sie werden auch immer Arbeitslose haben, es gibt Fluktuation, stellen die frei sind brauchen zeit bis sie besetzt werden, also insofern - eine hohe Zahl unbesetzter Stellen, die bei der Bundesagentur für Arbeit gemeldet sind, stehen in keinem Zusammenhang mit den Jobbörsen.. Zumindest einige Aussagen dieser Studie kann man schon kritisch hinterfragen."

    Die Macher der Jobbörsen-Studie fordern dennoch Verbesserungen: ein zentraler Verteiler im Internet könnte das Leben vor allem für mittelständische Firmen erleichtern. Arbeitgeber auf der Suche nach Mitarbeitern würden ihre Stellenbeschreibungen dann nur noch an eine einzige große Jobbörse senden. Von dieser Zentrale aus würde die Stellenbeschreibung weitergegeben und erschiene auf allen relevanten Jobbörsen. Auch für Abeitssuchende könnte es dann leichter werden, glaubt Peter F.:

    "Ich kann mich dann konkret darauf konzentrieren, was nämlich eigentlich wichtig ist: die Bewerbungen zu schreiben zu selektieren und nicht, das was mich nicht interessiert, nämlich in Suchen zu verwenden, die bringt mich nicht weiter. Der Fokus muss darauf liegen, Stellen zu finden, auf die ich mich sofort bewerben kann und nicht zu suchen ... und nicht zu wissen ob es dann passt."

    Auch Personalleiterin Britt Pirker würde ein zentrales Verteilerportal für Arbeitgeber begrüßen. Allerdings schätzt sie die Chancen eher schlecht ein beim derzeitigen Konkurrenzkampf auf dem Jobbörsenmarkt:

    "Das wäre eine sehr schöne Sache, wenn es eine Zentrale gäbe, aber ich kann mir das nicht vorstellen, weil natürlich alle selber Geld verdienen möchten und ich mir nicht vorstellen kann, dass die sich alle so zusammentun zu einer einzigen Stellenbörse ... ich geh davon aus dass alles beim alten bleibt, dass die Vielfalt sogar noch größer wird als kleiner."