Donnerstag, 16. Mai 2024

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Chap Olympiad
Treffen der Dandys - Perfekte Manieren in absurden Situationen

Der Höhepunkt des Sommers für den wählerischen Briten ist die Chap Olympiad. Auf der Veranstaltung werden die Werte des britischen Dandys zelebriert und im Wettbewerb getestet: Wie ein echter Gentleman bewahrt auch der Dandy immer Haltung. Am Samstag feierte die Veranstaltung ihr zehnjähriges Jubiläum.

Von Ruth Rach | 14.07.2014
    Frederic der Zwergdackel hat sich feingemacht: Sein Matrosenanzug sitzt wie angegossen. Sein Herrchen trägt einen Dreiteiler im Schnitt der 20er-Jahre. Andere Gentlemen frönen dem imperialen Tropenlook: heller Anzug, Tropenhelm. Ebenfalls populär sind weiße Strohhüte oder glutrote Filzkappen mit schwarzer Quaste. Und klassische Tweed Kombinationen, Einreiher, Zweireiher, dazu knallbunte Hosenträger, lila Fliegen, neonfarbene Lederschuhe, zierliche Gehstöcke und selbstverständlich eine Blume im Knopfloch.
    Natürlich haben sich auch die Damen herausgeputzt, tragen raffinierte Dutts, tiefroten Lippenstift, schwarze Spitzenhandschuhe, bauschige Tanzkleidchen, dennoch: Bei der Chap Olympiad sind die Herren die gröβere Augenweide. Chaps, das sind die modernen Dandys, und 'Chapettes' ihr weibliches Pendant.
    Was soll's, wenn Großbritannien bei der Fußball-WM, und in Wimbledon, und im Cricket versagt. Beim Wettbewerb der Chaps geben andere Dinge den Ausschlag, sagt der Conférencier.
    Brutale Anstrengungen werden verachtet. Was zählt, sind feine Manieren, guter Kleider-Schnitt, Schwung, Witz und Stil.
    Zum Auftakt die Teetassenstaffel: Ein Teilnehmer radelt mit einer vollen Tasse Tee in der Hand los, um sie dann, bei voller Fahrt und möglichst intakt, einem zweiten Radelnden zu übergeben.
    Zusammenstöße, Scherben, ein Herr im Frack bekommt eine gelbe Karte, denn er hat, - sartorische Todsünde! - keine Socken an. Wer Jeans trägt oder Turnschuhe wird übrigens gar nicht erst zur Chap Olympiad vorgelassen. Gewinnerin: eine Dame im Retrokleid, die nicht nur mit Teetasse, sondern auch mit einem leeren Katzenkorb losradelt, prompt stürzt, und von drei Gentlemen gerettet wird, die sich erst einmal tief vor ihr verneigen und formvollendet ihre Zylinder lüpfen.
    In der Pause labt man sich an Schaumwein und feinen Häppchen. Und flaniert, um sich gegenseitig zu bewundern.
    Jeder liebt den Gentleman, sagt eine Chapette ganz in Schwarz. Sie selbst verkleidet sich für ihr Leben gern: dann wird aus der PR Frau ein Glamour Star.
    Der Ruf der Chap Olympiad als Treffen der Dandys hat den Ärmelkanal längst bezwungen. Zwei Japaner sind mit Frack, Melone und Taucherbrille angetreten. Ein dritter im grasgrünen Tweedanzug. Sie wissen: Ein Dandy ist wie ein britischer Gentleman gekleidet, und legt auch in der absurdesten Situation perfekte Manieren an den Tag, verleiht aber seinem Outfit und Gebaren stets auch einen unkonventionellen, ja anarchistischen Touch.
    Sie sind Briten - sie sehen bizarr aus, sagt Francois, eigens aus Paris angereist: Aber ihre Manieren seien einfach perfekt.
    Einzige Ausnahme: Frederic, der Zwergdackel im Matrosenanzug, erzählt Polly.
    Ihre Cockerpoo-Dame - eine angesagte Mischung aus Cockerspaniel und Pudel - lernte jenen reizenden jungen Zwergdackel kennen. Alles ging gut, bis der eine unpassende Bemerkung fallen ließ - in der Hundesprache natürlich. Seitdem ist ihr Cockerpoo zutiefst verstört.