No es no - Nein ist Nein. Universität von Caracas um die Mittagszeit: Der Campus voller Studenten - viele tragen Aufkleber oder T-Shirts mit dem No. Nein zur Verfassungsänderung, mit der Präsident Hugo Chavez die Begrenzung auf zwei Amtszeiten aufheben will, um bei der nächsten Wahl 2012 erneut antreten zu können. Ende 2007 war Chavez mit einem ähnlichen Referendum knapp gescheitert. Jetzt versucht er es erneut.
Luis, 23, studiert Jura an der Uni Caracas, trägt T-Shirt und Silberkette über dem trainierten Körper. Luis verteilt Flugblätter, die für das Nein am Sonntag werben:
"Die Leute haben schon 2007 die Reform abgelehnt, weil sie nicht wollen, dass immer die gleichen Personen regieren. Viele Studenten kämpfen deshalb für das Nein. Und am 15. Februar werden wir gegen die Verfassungsänderung stimmen."
Vor dem Rathaus von Caracas ganz andere Töne. Hier haben Chavisten ihre Stände aufgebaut. Aus großen Lautsprechern kommen Lieder, die den Comandante und die Revolution besingen. Rafael, 43, ist aus einem Armenviertel hierher gekommen. Er trägt eine Chavez-Mütze und ein abgewetztes Hemd. Er steht den ganzen Tag hier, wie so viele andere Genossen, und verteilt Aufkleber:
"Ich stehe hier aus vielen Gründen. Ich will einen Beitrag leisten für unseren Präsidenten Hugo Chavez, für seine Arbeit der letzten Jahre und für die Revolution."
Das Rathaus hinter dem Stand ist seit Wochen von Chavisten besetzt. Seit den Regionalwahlen im November hat Caracas einen oppositionellen Bürgermeister. Der muss nun von einem provisorischen Büro aus regieren. Die Polizei macht keine Anstalten, das besetzte Rathaus zu räumen.
Überhaupt beklagen Oppositionelle, dass Chavez Anhänger immer militanter werden. In den Armenvierteln gibt es bewaffnete Gruppen, die für sich das Recht beanspruchen, dort für Ordnung zu sorgen. Militante Chavisten haben katholische Einrichtungen mit Tränengas attackiert. Eine Synagoge wurde verwüstet, nachdem Venezuela wegen des Gaza-Krieges den israelischen Botschaften des Landes verwiesen hatte. Es hagelte internationale Proteste, auch wenn Chavez jede Beteiligung von sich weist.
Der deutsche Politologe Friedrich Welsch ist seit über 30 Jahren im Land. Auch er beklagt eine zunehmende Militanz der Anhänger des Präsidenten:
"Er hat sicherlich Zauberlehrlinge herangezüchtet und verschiedene Gruppen, die als Kampfgruppen der Revolution angesehen werden und die auch von der Regierung bewaffnet worden sind, Zauberlehrlinge, die er jetzt nicht mehr kontrollieren kann. Deswegen waren wir ja überrascht, in den letzten Tagen einen ganz zahmen Staatspräsidenten zu sehen, der Aufrufe an seine eigenen Leute ausstrahlen ließ, dass sie sich doch bitte schön zurückhalten sollen und nicht sich zu gewaltsamen Akten hinreißen lassen sollen gegen die Opposition."
Das Viertel 23 de enero, 23. Januar. Eine Hochburg der Chavisten im Westen von Caracas. Die Häuser der Armen stehen zwischen riesigen Wohnsilos. Parteimitglied Yoel führt uns rum - durch die Misiones, also die Gesundheitsstationen, die Schulen zur Alphabetisierung und die verbilligten Läden. Alles hier wird finanziert mit den Einnahmen des Ölkonzerns PDVSA, den Chavez teilverstaatlicht hatte:
"Die PDVSA ist wichtig für die Venezulaner, denn jetzt ist PDVSA Teil des Staates und die Mehrheit der Venezulaner profitiert davon. Früher ging das Geld ins Ausland und in die Taschen der wenigen Kapitalisten. Heute geht das Geld direkt ans Volk."
Aber der Chavez-Sozialismus leidet unter den sinkenden Ölpreisen. Von beinah 150 Dollar je Barrel ist er nun auf etwa 40 Dollar gerutscht, viel zu wenig. Denn der venezulanische Haushalt auf sechzig Dollar je Barrel kalkuliert. Und Chavez Sozialismus lebt ausschließlich vom Öl. Der Devisenmangel macht sich schon bemerkbar. Der Import stockt, die Inflation liegt bei rund 30 Prozent.
Carolus Wimmer sitzt als gebürtiger Bayer für die Chavisten im Lateinamerikanischen Parlament, das gegründet wurde, um die Einheit der Länder voranzutreiben. Überall in den Büros hier hängen die Plakate mit dem Si.
Der gefallene Ölpreis sei ein echtes Problem für Chavez Programme, sagt auch Wimmer:
"Es ist eine Entscheidung, die muss durchgehalten werden, dass eben diese mögliche Reduzierung des Budgets diese Sozialprogramme nicht trifft oder sehr wenig trifft. Aber es müssen andere Wege gesucht werden, um zu sparen, ohne diese Sozialpolitik anzugreifen."
Aber auch Chavez Außenpolitik lebt vom Öl. Befreundeten Ländern wie Kuba oder Nicaragua liefert er verbilligtes Benzin und gewährt günstige Kredite. Sein Ziel ist die lateinamerikanische Einheit. Und sein Vorbild dabei Simon Bolivar, der Freiheitsheld der Anfang des 19. Jahrhunderts in der Region die spanische Herrschaft beendete.
Chavez will in Lateinamerika ein Gegengewicht zu den USA schaffen, symbolisiert auch durch den Fernsehkanal Telesur.
Das Fernsehen aus dem Süden als Alternative zu CNN. Überhaupt sind die USA Chavez Lieblingsfeind, was ihm Sympathien vieler Lateinamerikaner sichert. George W. Bush bezeichnete er gerne als Teufel oder Alkoholiker. Bei Obama hält er sich bislang zurück, spricht sogar von einer möglichen Normalisierung der Beziehungen. Dass die USA für ihn der Hauptgegner bleiben - daran lässt er allerdings keinen Zweifel.
Chavez sieht sich als moderner Befreier des Subkontinents. Nicht nur als einer von vielen Präsidenten Venezuelas. Deshalb will er so schnell nicht abtreten. Und das Referendum jetzt soll den Weg ebnen für ein weiteres Jahrzehnt des Chavismus.
Die Umfragen sehen zurzeit keine Seite klar vorn. Seine Niederlage beim ersten Referendum Ende 2007 hat Chavez zähneknirschend hingenommen, um es nun erneut zu versuchen. Sollte er am Sonntag auch im zweiten Anlauf scheitern, will er das akzeptieren, verspricht er jetzt:
"Ich habe damit kein Problem und kein Problem, die Verfassung einzuhalten. Ich bin ein Demokrat. Hier gibt es die reine Demokratie. Bei uns entscheidet der Wille der Mehrheit. Ich glaube aber, dass wir das Referendum am 15. Februar gewinnen werden. Und wenn mir Gott Gesundheit schenkt, dann werde ich 2012 Präsidentschaftskandidat sein. Lasst uns sehen, was passiert."
Die Opposition jedoch will ihren Erfolg wiederholen und mit dem Nein, das Ende der Ära Chavez einläuten.
Luis, 23, studiert Jura an der Uni Caracas, trägt T-Shirt und Silberkette über dem trainierten Körper. Luis verteilt Flugblätter, die für das Nein am Sonntag werben:
"Die Leute haben schon 2007 die Reform abgelehnt, weil sie nicht wollen, dass immer die gleichen Personen regieren. Viele Studenten kämpfen deshalb für das Nein. Und am 15. Februar werden wir gegen die Verfassungsänderung stimmen."
Vor dem Rathaus von Caracas ganz andere Töne. Hier haben Chavisten ihre Stände aufgebaut. Aus großen Lautsprechern kommen Lieder, die den Comandante und die Revolution besingen. Rafael, 43, ist aus einem Armenviertel hierher gekommen. Er trägt eine Chavez-Mütze und ein abgewetztes Hemd. Er steht den ganzen Tag hier, wie so viele andere Genossen, und verteilt Aufkleber:
"Ich stehe hier aus vielen Gründen. Ich will einen Beitrag leisten für unseren Präsidenten Hugo Chavez, für seine Arbeit der letzten Jahre und für die Revolution."
Das Rathaus hinter dem Stand ist seit Wochen von Chavisten besetzt. Seit den Regionalwahlen im November hat Caracas einen oppositionellen Bürgermeister. Der muss nun von einem provisorischen Büro aus regieren. Die Polizei macht keine Anstalten, das besetzte Rathaus zu räumen.
Überhaupt beklagen Oppositionelle, dass Chavez Anhänger immer militanter werden. In den Armenvierteln gibt es bewaffnete Gruppen, die für sich das Recht beanspruchen, dort für Ordnung zu sorgen. Militante Chavisten haben katholische Einrichtungen mit Tränengas attackiert. Eine Synagoge wurde verwüstet, nachdem Venezuela wegen des Gaza-Krieges den israelischen Botschaften des Landes verwiesen hatte. Es hagelte internationale Proteste, auch wenn Chavez jede Beteiligung von sich weist.
Der deutsche Politologe Friedrich Welsch ist seit über 30 Jahren im Land. Auch er beklagt eine zunehmende Militanz der Anhänger des Präsidenten:
"Er hat sicherlich Zauberlehrlinge herangezüchtet und verschiedene Gruppen, die als Kampfgruppen der Revolution angesehen werden und die auch von der Regierung bewaffnet worden sind, Zauberlehrlinge, die er jetzt nicht mehr kontrollieren kann. Deswegen waren wir ja überrascht, in den letzten Tagen einen ganz zahmen Staatspräsidenten zu sehen, der Aufrufe an seine eigenen Leute ausstrahlen ließ, dass sie sich doch bitte schön zurückhalten sollen und nicht sich zu gewaltsamen Akten hinreißen lassen sollen gegen die Opposition."
Das Viertel 23 de enero, 23. Januar. Eine Hochburg der Chavisten im Westen von Caracas. Die Häuser der Armen stehen zwischen riesigen Wohnsilos. Parteimitglied Yoel führt uns rum - durch die Misiones, also die Gesundheitsstationen, die Schulen zur Alphabetisierung und die verbilligten Läden. Alles hier wird finanziert mit den Einnahmen des Ölkonzerns PDVSA, den Chavez teilverstaatlicht hatte:
"Die PDVSA ist wichtig für die Venezulaner, denn jetzt ist PDVSA Teil des Staates und die Mehrheit der Venezulaner profitiert davon. Früher ging das Geld ins Ausland und in die Taschen der wenigen Kapitalisten. Heute geht das Geld direkt ans Volk."
Aber der Chavez-Sozialismus leidet unter den sinkenden Ölpreisen. Von beinah 150 Dollar je Barrel ist er nun auf etwa 40 Dollar gerutscht, viel zu wenig. Denn der venezulanische Haushalt auf sechzig Dollar je Barrel kalkuliert. Und Chavez Sozialismus lebt ausschließlich vom Öl. Der Devisenmangel macht sich schon bemerkbar. Der Import stockt, die Inflation liegt bei rund 30 Prozent.
Carolus Wimmer sitzt als gebürtiger Bayer für die Chavisten im Lateinamerikanischen Parlament, das gegründet wurde, um die Einheit der Länder voranzutreiben. Überall in den Büros hier hängen die Plakate mit dem Si.
Der gefallene Ölpreis sei ein echtes Problem für Chavez Programme, sagt auch Wimmer:
"Es ist eine Entscheidung, die muss durchgehalten werden, dass eben diese mögliche Reduzierung des Budgets diese Sozialprogramme nicht trifft oder sehr wenig trifft. Aber es müssen andere Wege gesucht werden, um zu sparen, ohne diese Sozialpolitik anzugreifen."
Aber auch Chavez Außenpolitik lebt vom Öl. Befreundeten Ländern wie Kuba oder Nicaragua liefert er verbilligtes Benzin und gewährt günstige Kredite. Sein Ziel ist die lateinamerikanische Einheit. Und sein Vorbild dabei Simon Bolivar, der Freiheitsheld der Anfang des 19. Jahrhunderts in der Region die spanische Herrschaft beendete.
Chavez will in Lateinamerika ein Gegengewicht zu den USA schaffen, symbolisiert auch durch den Fernsehkanal Telesur.
Das Fernsehen aus dem Süden als Alternative zu CNN. Überhaupt sind die USA Chavez Lieblingsfeind, was ihm Sympathien vieler Lateinamerikaner sichert. George W. Bush bezeichnete er gerne als Teufel oder Alkoholiker. Bei Obama hält er sich bislang zurück, spricht sogar von einer möglichen Normalisierung der Beziehungen. Dass die USA für ihn der Hauptgegner bleiben - daran lässt er allerdings keinen Zweifel.
Chavez sieht sich als moderner Befreier des Subkontinents. Nicht nur als einer von vielen Präsidenten Venezuelas. Deshalb will er so schnell nicht abtreten. Und das Referendum jetzt soll den Weg ebnen für ein weiteres Jahrzehnt des Chavismus.
Die Umfragen sehen zurzeit keine Seite klar vorn. Seine Niederlage beim ersten Referendum Ende 2007 hat Chavez zähneknirschend hingenommen, um es nun erneut zu versuchen. Sollte er am Sonntag auch im zweiten Anlauf scheitern, will er das akzeptieren, verspricht er jetzt:
"Ich habe damit kein Problem und kein Problem, die Verfassung einzuhalten. Ich bin ein Demokrat. Hier gibt es die reine Demokratie. Bei uns entscheidet der Wille der Mehrheit. Ich glaube aber, dass wir das Referendum am 15. Februar gewinnen werden. Und wenn mir Gott Gesundheit schenkt, dann werde ich 2012 Präsidentschaftskandidat sein. Lasst uns sehen, was passiert."
Die Opposition jedoch will ihren Erfolg wiederholen und mit dem Nein, das Ende der Ära Chavez einläuten.