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Chemie
Katalysatoren für die solare Wasserspaltung

Chemie. - Zentrales Element einer nicht-fossilen Energieversorgung soll Wasserstoff werden. Forscher beschäftigt daher die Frage, wie Wasserstoff mit Hilfe regenerativer Energien erzeugt werden kann. Eine Möglichkeit liegt noch in ferner Zukunft: die Wasserspaltung mit Sonnenlicht. Dieser Vision sind japanische Forscher nun einen wichtigen Schritt näher gekommen.

Von Hellmuth Nordwig | 16.01.2014
    Der Chemiker Kazunari Domen von der Universität Tokio entwickelt ganz besondere Materialien: Photokatalysatoren. Sie sollen dafür sorgen, dass Wasser durch die Energie des Sonnenlichts in seine Bestandteile zerlegt wird, in Wasserstoff und Sauerstoff. Zum Beispiel ist eine graue keramische Substanz namens Tantalnitrid im Prinzip dazu in der Lage. Doch nur für kurze Zeit. Denn der Katalysator ist nicht sehr stabil und die Reaktion kommt bald zum Erliegen.
    "Wir müssen die Oberfläche dieses Materials behutsam verändern. Sie muss sehr viel leisten und wird stark belastet, wenn Sauerstoff und Wasserstoff gebildet werden. Wir brauchen also eine Schutzschicht."
    Wenn der Katalysator schon beschichtet sein muss, kann man dadurch vielleicht gleich noch ein Problem lösen, überlegte der japanische Forscher: Bei der Spaltung von Wasser entstehen Wasserstoff und Sauerstoff nämlich direkt nebeneinander. Und diese beiden Gase reagieren dann zum größten Teil sofort wieder zu Wasser – es kann also nur sehr wenig Wasserstoff gewonnen werden. Kazunari Domen wandte deshalb einen Trick an: Er sorgte dafür, dass die beiden Teile der Reaktion, also die Bildung von Wasserstoff beziehungsweise Sauerstoff, auf der Oberfläche des Katalysators nicht direkt nebeneinander stattfinden.
    "Eine Schwierigkeit bei der Entwicklung effizienter Photokatalysatoren liegt darin, dass die Reaktion in mehreren Schritten abläuft. Für jeden davon müssen wir unseren Katalysator optimieren. Wir entwickeln deshalb zwei getrennte aktive Stellen; an der einen wird Sauerstoff und an der anderen Wasserstoff gebildet."
    Um das zu erreichen, nutzt der japanische Chemiker nicht einfach ein Pulver aus Tantalnitrid, sondern Hohlkügelchen aus diesem Material. Mit einem raffinierten Herstellungsverfahren ist es ihm gelungen, diese Kügelchen auf der inneren Seite anders zu beschichten als außen. Innen mit Platin – dort entsteht der Wasserstoff. Und außen mit dem blauen Iridiumoxid, das für die Bildung von Sauerstoff sorgt. Diese räumliche Trennung macht es möglich, dass deutlich mehr reiner Wasserstoff aufgefangen werden kann als bei den zuvor verwendeten Katalysatoren. Das ist allerdings ein Fortschritt auf niedrigem Niveau. Denn der Anteil der Lichtenergie, der in die Wasserspaltung fließt, ist auch jetzt noch sehr gering.
    "Knapp ein Prozent – das ist immerhin deutlich mehr als vorher. Die japanische Regierung hat uns Fördergelder bewilligt und gesagt: Wir wollen, dass ihr zehn Prozent erreicht. Unser Plan ist, dass wir in zehn bis 15 Jahren die Grundlagenforschung dazu abgeschlossen haben. Dann wird die Herausforderung sein, das Verfahren auf breiter Basis praktisch anzuwenden. Ich erwarte, dass in 30 Jahren die solare Wasserspaltung Teil eines Konzepts ist, um genügend regenerative Energie bereit zu stellen."
    Die Frage ist nur, ob tatsächlich die Katalyse den entscheidenden Beitrag zur solaren Wasserstofferzeugung liefern wird. Es gibt nämlich eine Alternative - die Elektrolyse. Eine etablierte Technik, bei der Wasser durch elektrischen Strom zerlegt wird. Das kann auch Solarstrom sein; so ließe sich Wasserstoff also ebenfalls regenerativ erzeugen. Hat die Katalyse angesichts der neuen Entwicklung aus Japan jetzt die Nase vorn? Ferdi Schüth, Direktor am Max-Planck-Institut für Kohlenforschung in Mülheim an der Ruhr, ist selbst Katalyseforscher und sagt dazu:
    "Das ist vielleicht eine der spannendsten Reaktionen, an denen man Katalyseforschung betreiben kann. Derzeit ist die Elektrolyse von Wasser mit einem Photovoltaik-Element mit Abstand effizienter noch. Ob das langfristig so bleiben wird, ist schwer vorherzusehen. Es kann durchaus sein, dass sehr effiziente photokatalytische Wasserspalt-Systeme entwickelt werden. Und dann wird es am Ende davon abhängen, welche Technologie sich in der Fläche am besten und am günstigsten etablieren lässt."