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China
Deutsche Firmen im Visier der Wettbewerbshüter

Seit einigen Monaten gehen Chinas Wettbewerbshüter verstärkt gegen ausländische Konzerne vor. Sie werfen ihnen unter anderem Preisverstöße vor. Jetzt melden sich Europas Unternehmen in China zu Wort. Sie kritisieren die Art und Weise der Ermittlungen.

Von Markus Rimmele | 09.09.2014
    Fotografen, Journalisten und eine Messehostess stehen um einen weißen AMG-Mercedes.
    Auch Daimler - hier bei der Autoausstellung in Peking - kritisiert intransparente Monopolverfahren (picture alliance / dpa / Adrian Bradshaw)
    Die derzeit laufenden Anti-Monopolermittlungen gegen ausländische Konzerne seien intransparent, so die Kritik der Europäischen Handelskammer in China. Informationen würden zurückgehalten, Details der Vorwürfe nicht öffentlich gemacht. Gleichzeitig tauchten aber in laufenden Verfahren schon Namen von Firmen in der staatlich kontrollierten Presse auf und würden dort angeprangert. Auffällig sei zudem, dass es so viele ausländische Firmen treffe. Stefan Sack ist der Vizepräsident der EU-Kammer:
    "Ausländische Unternehmen sind deutlich mehr in der Presse, als es zu erwarten wäre. Es ist nicht davon auszugehen, dass ausländische Unternehmen die Gesetze hier erheblich stärker verletzen als chinesische. Ich würde eher das Gegenteil erwarten. Unser Eindruck ist, dass es klar erst gegen westliche Unternehmen geht. Und das wird auch von den amerikanischen Kollegen geteilt."
    Dutzende ausländische Firmen waren zuletzt ins Visier der chinesischen Wettbewerbshüter und der Medien geraten, darunter die Autobauer Daimler, Audi und BMW. Die Behörden werfen ihnen etwa vor, Vertragshändlern Mindestpreise zu diktieren und Ersatzteile zu teuer zu verkaufen. Auch gegen japanische Autozulieferer und den US-Softwaregiganten Microsoft wird ermittelt. Viele ausländische Firmen fühlen sich im Vergleich zu den chinesischen unfair behandelt. Erst vor einer Woche hatten amerikanische Wirtschaftsvertreter in China ähnliche Kritik geäußert. Chinas Regierung weist die Vorwürfe aber als grundlos zurück. Ermittlungen würden in alle Richtungen gleichermaßen geführt, heißt es.
    "Das goldene Zeitalter Chinas ist vorbei"
    In ihrem heute vorgestellten jährlichen Positionspapier zeigt sich die EU-Kammer auch unzufrieden mit dem Reformtempo in China. Die vom letzten Parteitag beschlossenen Schritte müssten nun auch umgesetzt werden. Die Kammer hat 800 Empfehlungen für die chinesische Regierung ausgearbeitet. Sie kreisen um die Themen Marktöffnung, Marktzugang und fairer Wettbewerb.
    "Rule of law, also das Rechtsstaatlichkeitssystem. Die Gleichbehandlung vor dem Gesetz. Die gleichmäßige Einforderung und Umsetzung von Gerichtsurteilen. Das sind Themen, wo wir als westliche Unternehmen doch erheblichen Nachholbedarf sehen."
    Das goldene Zeitalter sei vorbei für Chinas Wirtschaft, sagt die EU-Kammer. Eine neues Wirtschaftsmodell sei nötig. Weniger Staat, mehr Innovation, freie Finanzmärkte, eine Steuerreform, mehr Umweltschutz und Lebensqualität. So könnte ein zwar langsameres, aber dafür nachhaltiges Wachstum erhalten werden. Das wäre dann immerhin ein "silbernes Zeitalter". Stefan Sack:
    "Wir sagen: China, pass auf, dass die Chancen nicht verschenkt werden. Und die Chancen sind: ein sehr dynamisches Umfeld, hoher Nachholbedarf für die Konsumenten, großer Bedarf an Investitionen im Umweltbereich. All diese Dinge müssen gemacht werden, sind aber auch gleichzeitig Chancen nicht nur für China, sondern auch für ausländische Unternehmen."
    Sollte es keine Reformen geben, so die Kammer, könnte es zu wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Krisen im Land kommen.