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China übt das Andocken

Raumfahrt.- In dieser Woche soll mit dem Raumschiff Tiangong 1 – zu Deutsch: "himmlischer Palast" - erstmals eine kleine chinesische Raumstation starten, an der dann bemannte Schiffe andocken können. Später sollen weitere Module hinzukommen und eine größere Raumstation bilden.

Von Guido Meyer | 26.09.2011
    Chinas bemannter Weg ins All begann 2003 mit dem fünften Exemplar der Baureihe "magisches Schiff", Shenzhou V. Zwei Jahre später folgten gleich zwei weitere Raumfahrer aus dem Reich der Mitte mit der Kapsel Shenzhou VI, die schon fünf Tage lang die Erde umkreiste. 2008, als die Welt wegen der Olympischen Spiele nach Peking blickte, setzte das Land noch einen drauf: Erstmals stieg ein Taikonaut aus einem Shenzhou-Raumschiff durch eine Luftschleuse aus in den offenen Weltraum.

    "Die Chinesen haben ihr Raumfahrtprogramm in den letzten acht Jahren kontinuierlich fortentwickelt. Sie haben gezeigt, dass sie Menschen in den Weltraum schicken können. Bei ihrer nächsten Mission wollen sie nun wieder einen Schritt weiter gehen und eine Art Prototyp für eine eigene Raumstation in die Umlaufbahn schicken, mit der sie im All Fuß fassen wollen."

    Roger Launius ist Weltraumhistoriker am Luft- und Raumfahrtmuseum in Washington DC und beobachtet seit Jahren die aufstrebende chinesische Weltraumfahrt. Doch so recht klar sind die Ziele der Staatsführung in Peking derzeit nicht wirklich. Jedenfalls dürfte es weniger um Forschung in der Umlaufbahn und Wissenschaft in Schwerelosigkeit geht – den gemeinsamen Zielen der westlichen Partner bei der Internationalen Raumstation (ISS).

    Stolz und Prestige waren schon immer die zentralen Beweggründe für ein Land, in die bemannte Raumfahrt einzusteigen. Die Chinesen wollen sich und dem Rest der Welt zeigen, was für eine großartige Nation sie sind.

    Was China genau entwickelt, ist geheim. Und so gibt es nur Gerüchte. Bei Tiangong 1 handelt es sich wohl um eine Art unbemannte Tonne, die von der Rakete Shenzou VIII ohne Menschen an Bord ins All geschossen werden soll. Getreu der Übersetzung "himmlischer Palast" soll sie aber bewohnbar sein. Und wo wird spekuliert, dass im nächsten Jahr Taikonauten mit Shenzou IX starten, an den "Palast" docken und ihn in Betrieb nehmen. Nur – zu was?

    "Man kann die Weltraumfahrt auch zu ganz praktischen Dingen nutzen, abseits von abstrakter Grundlagenforschung. Für China kommt dies einem Technologieschub gleich. Erkenntnisse aus der Raumfahrt sollen in Produktionsprozesse auf der Erde und damit in die chinesische Wirtschaft einfließen."

    Auch mithilfe des Alls also will China mehr und mehr zu einem Global Player werden. Und alles deutet darauf hin, dass der "Himmlische Palast" ausgebaut werden soll.

    "Aus Tiangong 1 könnte eine Station mit einem oder zwei weiteren Modulen werden, ähnlich der Internationalen Raumstation, nur ein bisschen bescheidener. Die Russen haben in den 70er und frühen 80er-Jahren mit ihren Saljut-Stationen ähnliches gemacht, bevor sie die größere Mir aufgebaut haben. Einen ähnlich Weg dürften die Chinesen jetzt gehen, die auch einen Großteil ihrer Technologie von den Russen abgeguckt haben. Vielleicht werden sie ihr eigenes Ding da oben machen oder ebenfalls – nach dem Vorbild der ISS – ein internationales Konsortium anstreben, bei dem sie dann die Führungsrolle übernähmen."

    Doch zunächst einmal werden die Chinesen mit ihrem "Palast" etwas ganz Praktisches erproben müssen, nämlich die Technik des Andockens zweier schwereloser Flugkörper im All. Dies wäre dann der nächste Schritt auf Chinas geradlinigen Weg zum Aufbau einer eigenen bemannten Weltraumfahrt.