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Chinesisch statt Badisch

Viele Manager tun sich mit gepflegter Konversation auf Chinesisch ziemlich schwer. Und umgekehrt wissen diejenigen, die Chinesisch studiert haben, wenig über Marketingstrategien und Umsatzprognosen. Kurzum: Es fehlt an Experten, die beides beherrschen. Und genau diese Lücke schließt der Studiengang mit dem Namen "Wirtschaftssprachen Asien und Management" an der Hochschule für Wirtschaft, Technik und Gestaltung in Konstanz und das seit nunmehr zehn Jahren.

Von Thomas Wagner | 08.11.2007
    Das Sprachlabor an der Hochschule für Wirtschaft, Technik und Gestaltung Konstanz: Ein halbes Dutzend Studierende unterhält sich in lockerer Runde - auf Indonesisch.

    "Ich habe gerade vorgestellt, was ich in meinem Praktikum gemacht habe. Und er hat gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, nach dem Studiengang da zu arbeiten in Indonesien."

    So Mathhias Gunkel, einer der Studierenden. Ein paar Räume weiter übt sein Kommilitone David von Schwerin gerade Chinesisch.

    Chinesisch oder Indonesisch ist Pflicht für diejenigen, die in Konstanz den Studiengang "Wirtschaftssprachen und Management" gewählt haben. Doch das ist bei weitem nicht alles. Studiendekan Professor Helmut Weber:

    "Unter Studiengang setzt sich zusammen aus drei Elementen. Da ist einmal die Sprachausbildung, also Chinesisch oder Malayisch als jeweilige Regionalsprachen. Zum zweiten haben wir Wirtschaftswissenschaften als Betriebswirtschaft und Volkswirtschaft integriert. Dann gibt es auch Wirtschaftsrecht. Und der dritte Bereich ist Kultur, und da vor allem interkulturelle Integration, Verhandeln mit Wirtschaftspartner Asiens."

    Alle drei Komponenten zusammen ergeben den perfekten Asien-Manager - das ist die Konzeption des Konstanzer Studiengangs, der seit genau zehn Jahren besteht. Denn dass gute Manager auch Chinesisch oder Malayisch können, kommt eher selten vor. Und dass sie auch noch wissen, wie genau sie mit ihren Geschäftspartnern in Fernost umgehen, macht sie bei Investoren noch attraktiver. Genau das ist nämlich eine Kunst, die nicht jeder beherrscht, weiß David von Schwerin:

    "Also ich merke das immer wieder, wenn ich westlichen Managern in China bei der Arbeit zusehe, wie oft die nicht klar kommen mit der Kultur. Etwas, was westliche Manager zum Beispiel immer wieder zur Weißglut treibt, ist, das Chinesen prinzipiell zu allem ja sagen und alles ist okay. Aber: Es ist nicht okay. Und da ist es wichtig für westliche Manager, richtig zu interpretieren: Was meint mein chinesisches Gegenüber überhaupt, wenn er eine Aussage trifft?"

    Kenntnisse, die die Studierenden von Anfang an mit auf den Weg bekommen - zum einen im Seminar an der Hochschule, zum anderen aber auch während des Auslandsaufenthaltes wahlweise in Indonesien oder China. Sonja Veil aus Augsburg hat dieses Auslandsjahr bereits absolviert.

    "Zum einen war ein großer Motivationspunkt dieses Auslandsjahr mit einem halben Jahr Universität und einem halben Jahr Praktikum im Ausland. Man lernt dabei sehr viel über sich selbst, über die andere Kultur. Und ich finde es auch sehr wichtig, dass man für einen längeren Zeitrum in diesem speziellen Kulturraum lebt und nicht nur für einen kurzen Abschnitt, um die Kultur auch zu verstehen."

    Vor zehn Jahren begann der Studiengang ausschließlich mit Chinesisch. Zur Jahrtausendwende kam Malayisch hinzu. Damit trug die Konstanzer Hochschule, so Studiendekan Helmut Weber, den wirtschaftlichen Entwicklungen in Fernost Rechnung:

    "Die Idee, den Malayischen Sprachraum parallel anzubieten, kam in den 90er Jahren, als Indonesien zu den am Stärksten wachsenden Volkswirtschaften der Welt gehörte. Indonesien hat heute 230 Millionen Einwohner, das viertgrößte Land der Welt und einen riesigen Markt."

    200 Absolventen haben in den vergangenen zehn Jahren in Konstanz "Wirtschaftsprachen Asien und Management" studiert. Am Ende stand das Diplom, das seit einigen Jahren durch den Bachelor ersetzt wird. Die meisten haben, wie David von Schwerin, ihren zukünftigen Arbeitsvertrag schon Jahre vor dem Hochschulabschluss in der Tasche:

    "Ich werde ab März 2008 in Shanghai für eine österreichische Spedition arbeiten. Und das steht eigentlich schon mehr als einem Jahr fest. Für mich war das schon an das Praktikum in Shanghai gebunden, diese spätere Anstellung."

    Die Absolventen des Konstanzer Studiengangs sind gefragt - bei Unternehmen, die im asiatischen Raum investiert haben, aber auch bei Entwicklungsorganisationen. Allerdings: Pro Studienjahr werden nur 20 Bewerber für den Schwerpunkt Chinesisch und 15 Bewerber für den Schwerpunkt Malayisch aufgenommen. Nur so, heißt es an der Hochschule Konstanz, könne ein gutes Betreuungsverhältnis in kleinen Gruppen erhalten bleiben. Diejenigen, die sich für den Studiengang interessieren, müssen allerdings weder chinesische noch malayische Grundkenntnisse nachweisen. Wichtig ist, so Studiengangs-Referentin Alexandra Frasch:

    "Das Interesse sollte breit angelegt sein. Wir bilden hier Generalisten aus. Das heißt: Man sollte sich interessieren für Sprachen, einmal für Englisch, aber auch für eine asiatische Sprache. Zum anderen sollte man Neugier auf die Welt mitbringen, die Bereitschaft, ein Jahr lang im Ausland zu verbringen und sich auch für wirtschaftliche Fragestellungen interessieren."