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Chinesische Bürgerrechtler
Vier Verurteilungen in vier Tagen

In China wird wieder etlichen Menschen - und Bürgerrechlern der Prozess gemacht. Die Verfahren dauern jeweils nur wenige Stunden. Amnesty International spricht von einer systematischen Verhaftungswelle - und auch die Bundesregierung zweifelt angesichts der Verfahren an der Rechtsstaatlichkeit Chinas.

05.08.2016
    Der Menschenrechtsanwalt Zhou Shifeng am 4.8. 2017 im Gericht von Tianjin.
    Der Menschenrechtsanwalt Zhou Shifeng wurde zu sieben Jahren Haft verurteilt. (dpa / picture alliance / An Xin)
    Der christiliche Aktivist Gou Hongguo wurde am Freitag vom Volksgericht in der Stadt Tianjin wegen "Untergrabung der Staatsgewalt" zu drei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass Gou Pläne verfolge, das sozialistische System stürzen zu wollen.
    Das Urteil gegen ihn ist bereits das vierte des Volksgerichts gegen Menschen - und Bürgerrechtler in dieser Woche. In den ersten Augusttagen wurden bereits der Menschenrechtsanwalt Zhou Shifeng und die beiden Aktivisten Zhai Yanmin und Hu Shigen ebenfalls wegen "Untergrabung der Staatsgewalt" verurteilt.
    Sieben Jahre Haft für Menschenrechtsanwalt
    Zhou wurde zu sieben Jahren Haft verurteilt. Er habe sich schuldig bekannt und wolle das Urteil nicht anfechten, teilte die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua mit. In China hilft meistens die Kooperation mit der Anklage, um ein noch höheres Strafmaß zu vermeiden.
    Zhou ist Gründer der Pekinger Fengrui-Kanzlei, die politisch heikle Fälle wie den des berühmten Künstlers Ai Weiwei oder den des zu lebenslanger Haft verurteilten uigurischen Wirtschaftsprofessors Ilham Tohti angenommen hatte. Zuletzt hatte Zhou auch Zhang Miao vertreten, eine Journalistin und Mitarbeiterin der "Zeit", die in China neun Monate ohne Anklage im Gefängnis saß.
    Zhai Yanmin wurde wie Gou Hongguo zu drei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt, Hu Shigen erhielt ebenfalls sieben Jahre Haft.
    Scharfe Kritik an Prozessen
    Die Prozesse und Urteile sind international auf Kritik gestoßen: Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International spricht von einer systemtatischen Verhaftungswelle: "Die Strafen sollen eine klare Botschaft an Menschenrechtsanwälte und Aktivisten schicken: Das ist es, was sie bekommen, wenn sie Menschenrechtsfälle bearbeiten oder für Bürgerrechte kämpfen", sagte Patrick Poon von Amnesty International.
    Auch die Bundesregierung äußerte sich beorgt über die Vorgänge in China: "Die Verfahren lassen Zweifel am erklärten Ziel der chinesischen Regierung von mehr Rechtsstaatlichkeit aufkommen", erklärte die Menschenrechtsbeauftragte Bärbel Kofler (SPD). Die Betroffenen hätten sich lediglich für die Rechte ihrer Mandaten und für mehr Rechtsstaatlichkeit eingesetzt. "Nach unserem Verständnis ergeben sich daraus keine Hinweise auf Subversion oder staatsfeindliche Aktivitäten", sagte die Politikerin.
    Verhandlungen im Schnelldurchlauf
    Alle Prozess in dieser Woche dauerten nur wenige Stunden. Die Frauen und weitere Angehörige der Angeklagten durften nicht an den Verhandlungen teilnehmen, teilweise wurden sie sogar unter Hausarrest gestellt, wie Amnesty International mitteilte. Das Tianjiner Gericht erklärte dagegen, die Sitzungen seien öffentlich gewesen. Unter den Prozessbeobachtern seien Politiker, Juristen und Medienvertreter aus dem In- und Ausland gewesen.
    (tzi/jcs)