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Chinesische Mission Chang'e 4
Messungen auf der Mondrückseite

Erstmals von der dunklen Seite des Monds in den Weltraum blicken: Das will die chinesische Mission Chang'e 4. Die Astronomen möchten dort Radiostrahlen messen, die so alt sind wie das Weltall selbst. Von der Erde aus sind diese nicht nachweisbar.

Von Guido Meyer | 07.12.2018
    Bisher nur eine Animation: Chang'e 4 auf der Rückseite des Mondes
    China schickt einen Rover auf die Rückseite des Mondes, um die dort vermutete Radiostrahlung zu messen (CNSA)
    20. Mai 2018, Chinas Weltraumbahnhof Xichang. Eine Rakete vom Typ Langer Marsch schießt eine Sonde Richtung Mond. Ihr Name: Queqiao. Das heißt so viel wie "Brücke der Elstern". Eine solche Brücke soll die Sonde schlagen: Sie wird als Relaissatellit fungieren, indem sie die Daten eines chinesischen Rovers auf der Mondrückseite weiter funkt zur Bodenstation. Denn von dort aus, von der erdabgewandten Seite, besteht keine direkte Funkbrücke zur Erde.
    "Im Mai wurde der Relaissatellit gestartet, ist dann zum Mond geflogen, ist dann in die Umlaufbahn gegangen. In der Zwischenzeit wird dieser Relaissatellit gecheckt. Dann landet die Fähre und wird versuchen, Kommunikation aufzubauen mit den Relaissatelliten."
    "Wir müssen einfach warten, damit nichts schiefgeht."
    Auf diese Fähre wartet derzeit gespannt Heino Falcke vom Forschungsinstitut für Mathematik der Radboud Universität im holländischen Nijmegen. Denn erst wenn auch die chinesische Landefähre Chang'e 4 den Mond erreicht hat, kann der deutsche Astrophysiker und Radioastronom mit seinen Experimenten beginnen. Die nämlich befinden sich auf dem Relaissatelliten, der den Mond umkreist.
    "Der Sinn dieses Relaissatelliten ist ja, die Daten von dem Lander zurück zur Erde zu schicken. Ohne den Relaissatelliten würde die ganze Mission tot sein. Deshalb sind die Chinesen einfach nervös, dass man irgendein anderes Instrument anschaltet, bevor die Hauptsache funktioniert, nämlich die Kommunikation vom Lander über den Relaissatelliten zur Erde. Deswegen müssen wir einfach warten, damit nichts schiefgeht."
    Seit Mai warten Heino Falcke und sein Team nunmehr darauf, endlich die Antennen ihrer Experimente auf dem Relaissatelliten ausfahren zu dürfen. Offizieller Name des Versuchs: Netherlands-China Low-Frequency Explorer, ein niederländisch-chinesisches Experiment, das im Niedrigfrequenzbereich Messungen anstellt – und zwar mittels Antennen auf der Mondsonde in der Umlaufbahn.
    "Das sind fünf-meter-lange dünne Glasfaserantennen. Da besteht natürlich immer die Gefahr, dass die sich aufwickeln oder instabil werden oder so was. Zumindest haben die Chinesen Angst davor. Aber die dürfen wir dann ausfahren. Und dann können wir mit unseren Messungen beginnen."
    Erstmalig: Blick ins All von der Rückseite des Monds
    Bei diesen Messungen geht es darum, erstmals von der Rückseite des Mondes aus in den tiefen Weltraum zu blicken. Dort hoffen die Astronomen, eine Strahlung beobachten zu können, die sich auf der Erde nicht nachweisen lässt – eine Strahlung, so alt wie das All.
    "Aus dem Urknall, denken wir, ist die ganze Materie entstanden. Und irgendwann kam es zu der Phase, wo eigentlich alles Gas abgekühlt war, nur noch so ein Wasserstoffmeer durch das Universum waberte, wo es noch keine Sterne gab, keine Planeten, keine Galaxien, nichts, kein Licht – nur dieser Wasserstoff war da. Ist sozusagen die Asche des Urknalls, die dann noch zu sehen ist. Und die sollte ein ganz bestimmtes Radiosignal aussenden bei einer ganz bestimmten, festgelegten Frequenz. Und wie stark das ist, das weiß man nicht; hat man noch nie gesehen."
    Alle Versuche, diese Radiostrahlung mit erdgebundenen Teleskopen zu messen, sind von vornerein zum Scheitern verurteilt. Denn mit ihren eigenen Radiosignalen überstrahlt die Erde alles andere. Zudem blockiert die Ionosphäre die Radiostrahlung aus dem All und lässt sie nicht durch.
    Niederländisch-chinesische Zusammenarbeit
    "Das hat noch nie jemand gemacht. Noch niemand hat versucht, diese Radiostrahlung zu messen überhaupt. Und man kann es eigentlich auch nur vom Mond oder weit weg von der Erde mit den entsprechenden langen Antennen. Wir arbeiten mit den Chinesen zusammen. Wir haben die Antenne gebaut, die auf dem Relaissatelliten sitzt, und die haben eine Antenne gebaut, die auf dem Lander sitzt."
    Zusammenarbeiten heißt in dem Fall: Es wird so eine Art Wettstreit geben, bei wem die Messungen von welchem Standort aus besser gelingen.
    "Und dann können wir wissen in Zukunft: Müssen wir wirklich auf der Rückseite landen für diese Art Experiment, oder reicht es sozusagen weiter hinter dem Mond zu stehen?"
    Silvester soll der chinesische Lander Chang'e 4 sein Ziel erreichen; Anfang 2019 dann sollen die Messungen auf dem Mond beginnen.