Gleich zweimal ist dieses junge Trio der unerfüllten und unerfüllbaren Liebe gefangen: Zum einen sind alle Figuren auf dem steinernen Podest in ihrem Bewegungsspielraum sehr eingeschränkt wie auf einer kleinen Insel, die man nicht verlassen kann, da um sie herum unzählige Glasscherben liegen, und zum anderen, da sie sich in ihrer Liebe und ihrem Hass seelisch unheilbar verstrickt haben. Hermione, die bereits früh dem Pyrrhus versprochen war, sieht diesen der im trojanischen Krieg erbeuteten Königsgattin Andromache verfallen, und Orest, der wiederum die schöne Tochter der Helena, Hermione eben liebt, soll ihr zum Werkzeug werden ihrer Eifersuchtsrache.
Gleich zu Beginn hatte die Wütende kopfüber hängend nach leeren Flaschen gegriffen und eine nach der andern an der Steinwand zerschlagen, später hält sie einen Flaschenhals dem geliebt- gehassten Pyrrhus vors Gesicht, bevor sie das scharfe Werkzeug an Orest weiterreicht. In hartem, senkrecht von oben einfallendem Licht stellt Luk Perceval die Figurenbeziehung als erbarmungslose Konstellationen des Geschlechterkampfes aus. Doch wo die auf eigener Bearbeitung des Stoffes beruhende Inszenierung nach klaren, ja simplen Bildern sucht, schichtet sie in ihrem Text hörspielartig die verschiedenen Figurenbeziehungen in ein Geflecht der Überlagerungen.
Die Akteure sind mit Mikroports ausgestattet, ihr Sprechen ist privat und offenbart so, mit einer auf kurze Repliken ausgedünnten Sprache, dass hier bestenfalls die Körper noch um den anderen kämpfen, während von Worten kaum angenommen werden kann, dass sie noch irgendwen bewegen. Und doch liebt der Hektorbezwinger Pyrrhus Andromache und hat den Entschluss gefasst, ihren kleinen Sohn vor dem Mordplan der Griechen zu retten, die in dem Königssohn eine potentielle Rachedrohung und die Gefahr einer Renaissance des niedergerungenen Troja sehen.
Pyrrhus will mit dem Krieg auch im Kopf aufhören, dieser Option, die immer noch Orest und dessen Freund Pylades umtreibt, der unbewegt am rechten Rand des Spielstreifens seine mordlustigen Einwürfe macht. So als könnte man dieses übriggebliebene Bunker-Eiland mit seinen zerschlagenen leeren Flaschen ringsum für immer und ewig für die Fêten der Gewalt und für den Krieg um Troja reaktivieren. Pyrrhus aber hat sich müde gesiegt und an der Kultur des besiegten Feindes infiziert, er ist das Versprechen für etwas, das all die Schrecken des Trojanischen Krieges überwinden könnte und muss am Ende sterben. Aber - auch das lässt uns Perceval in seiner Choreografie der Affekte ahnen - das Verstehen des Fremden ist mit den Freunden und Verbündeten nicht zu machen.
Andromache, diese in sich ruhenden traurige Frau, ist hier Gegenkonzept im ost-westlichen Konflikt der Zivilisationen und ihrer Liebeskonzepte. Kein Versprechen kann sie von ihrem Entschluss abbringen, ihrem toten Mann treu zu bleiben und ihrem bedrohten Kind, während Hermione ihren Besitz-, und Machteifer für Liebe hält, ihre Kolonisierungsversuche der Seele, seien sie nun auf Pyrrhus oder Orest gerichtet. Und so können denn auch die körperlichen Umklammerungen, diese Krämpfe von Haut und Muskeln, Nähe nicht herstellen, sondern lassen nur den Schmerz der Einsamkeit ahnen. Fernab vom Racineschen Alexandriner, von den Nebenlinien und Nebenfiguren des Stücks hat der flämischen Regisseur ein Scherbengericht der Ich-Kultur und seiner Brutalitäten abgehalten und dabei, ganz leise und deutlich auch dem Graben zwischen der alten und der neuen Schaubühne eine Figur gestiftet, mit einer Jutta Lampe, die hier wie Andromache zu Gast ist, als Fremde aus einer anderen Zeit.
Vor 16 Jahren hatte sie an einer anderen Schaubühne die andere große Racinesche Liebesheroine gespielt. Peter Steins Phädra hatte mit ihrer stilwilligen, etwas zu Posen erstarrten Bildhaftigkeit etwas, das an ionische Keramik erinnerte. Da hatte eine Inszenierung auf das strenge Versmaß und die klassische Herzensschulung des Französischen Dramatikers mit dem Einfrieren in flächige Bilder reagiert. Heute, in diesem Percevalschen Laokoon, führt das minimalistische Spiel mit den Herzenswallungen in Muskelkrämpfe, angestrengte Erstarrung, deprimierende Gymnastik.
Gleich zu Beginn hatte die Wütende kopfüber hängend nach leeren Flaschen gegriffen und eine nach der andern an der Steinwand zerschlagen, später hält sie einen Flaschenhals dem geliebt- gehassten Pyrrhus vors Gesicht, bevor sie das scharfe Werkzeug an Orest weiterreicht. In hartem, senkrecht von oben einfallendem Licht stellt Luk Perceval die Figurenbeziehung als erbarmungslose Konstellationen des Geschlechterkampfes aus. Doch wo die auf eigener Bearbeitung des Stoffes beruhende Inszenierung nach klaren, ja simplen Bildern sucht, schichtet sie in ihrem Text hörspielartig die verschiedenen Figurenbeziehungen in ein Geflecht der Überlagerungen.
Die Akteure sind mit Mikroports ausgestattet, ihr Sprechen ist privat und offenbart so, mit einer auf kurze Repliken ausgedünnten Sprache, dass hier bestenfalls die Körper noch um den anderen kämpfen, während von Worten kaum angenommen werden kann, dass sie noch irgendwen bewegen. Und doch liebt der Hektorbezwinger Pyrrhus Andromache und hat den Entschluss gefasst, ihren kleinen Sohn vor dem Mordplan der Griechen zu retten, die in dem Königssohn eine potentielle Rachedrohung und die Gefahr einer Renaissance des niedergerungenen Troja sehen.
Pyrrhus will mit dem Krieg auch im Kopf aufhören, dieser Option, die immer noch Orest und dessen Freund Pylades umtreibt, der unbewegt am rechten Rand des Spielstreifens seine mordlustigen Einwürfe macht. So als könnte man dieses übriggebliebene Bunker-Eiland mit seinen zerschlagenen leeren Flaschen ringsum für immer und ewig für die Fêten der Gewalt und für den Krieg um Troja reaktivieren. Pyrrhus aber hat sich müde gesiegt und an der Kultur des besiegten Feindes infiziert, er ist das Versprechen für etwas, das all die Schrecken des Trojanischen Krieges überwinden könnte und muss am Ende sterben. Aber - auch das lässt uns Perceval in seiner Choreografie der Affekte ahnen - das Verstehen des Fremden ist mit den Freunden und Verbündeten nicht zu machen.
Andromache, diese in sich ruhenden traurige Frau, ist hier Gegenkonzept im ost-westlichen Konflikt der Zivilisationen und ihrer Liebeskonzepte. Kein Versprechen kann sie von ihrem Entschluss abbringen, ihrem toten Mann treu zu bleiben und ihrem bedrohten Kind, während Hermione ihren Besitz-, und Machteifer für Liebe hält, ihre Kolonisierungsversuche der Seele, seien sie nun auf Pyrrhus oder Orest gerichtet. Und so können denn auch die körperlichen Umklammerungen, diese Krämpfe von Haut und Muskeln, Nähe nicht herstellen, sondern lassen nur den Schmerz der Einsamkeit ahnen. Fernab vom Racineschen Alexandriner, von den Nebenlinien und Nebenfiguren des Stücks hat der flämischen Regisseur ein Scherbengericht der Ich-Kultur und seiner Brutalitäten abgehalten und dabei, ganz leise und deutlich auch dem Graben zwischen der alten und der neuen Schaubühne eine Figur gestiftet, mit einer Jutta Lampe, die hier wie Andromache zu Gast ist, als Fremde aus einer anderen Zeit.
Vor 16 Jahren hatte sie an einer anderen Schaubühne die andere große Racinesche Liebesheroine gespielt. Peter Steins Phädra hatte mit ihrer stilwilligen, etwas zu Posen erstarrten Bildhaftigkeit etwas, das an ionische Keramik erinnerte. Da hatte eine Inszenierung auf das strenge Versmaß und die klassische Herzensschulung des Französischen Dramatikers mit dem Einfrieren in flächige Bilder reagiert. Heute, in diesem Percevalschen Laokoon, führt das minimalistische Spiel mit den Herzenswallungen in Muskelkrämpfe, angestrengte Erstarrung, deprimierende Gymnastik.