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Christmas Games in der NBA
Basketball statt Besinnlichkeit

Die Christmas Games in der nordamerikanischen Basketballliga NBA gibt es seit 1947. Der 25. Dezember ist für die Liga mittlerweile zum wichtigsten Tag der Saison geworden, denn die Spiele garantieren beste Einschaltquoten, Aufmerksamkeit und satte Werbeeinnahmen.

Von Heiko Oldörp | 23.12.2018
    Los Angeles Lakers LeBron James während eines Spiels.
    Los Angeles Lakers LeBron James würde Weihnachten lieber zusammen mit der Familie verbringen. (imago sportfotodienst)
    Mittwoch, der 8. August. Mitten im Hochsommer und mitten in der Saisonpause der NBA berichteten mehrere US-Fernsehstationen über Basketball. Genauer gesagt darüber, dass die Liga gerade ihre Ansetzungen der fünf Spiele am 25. Dezember, also am einzigen amerikanischen Weihnachtsfeiertag, bekanntgegeben hatte.
    "Christmas in August. The annual holiday within a holiday starts at noon Eastern on ESPN." - "Wir wissen alle, was wir gucken werden, während wir die Geschenke öffnen. Lakers gegen Warriors - wieder LeBron gegen die Warriors."
    Die Christmas Games gibt es seit 1947. Damals besiegten die New York Knicks die Providence Steam Rollers 89:75. Seitdem wurde bis auf das Streikjahr 1998 in jedem Jahr an Weihnachten gespielt. Anfangs standen regionale Duelle im Vordergrund. Somit wollte die Liga einen zu großen Reiseaufwand verhindern.
    Aufmerksamkeit für das Hochglanzprodukt
    Die Partien wurden in den lokalen TV-Stationen gezeigt - 1967 gab es am 25. Dezember die erste landesweite Übertragung. Mittlerweile ist der Christmas Day zum wichtigsten Tag der Saison für die Liga geworden. Denn, wenn Millionen Menschen daheim sitzen und Zeit haben, garantiert dies beste Einschaltquoten, Aufmerksamkeit für das Hochglanzprodukt Basketball und satte Werbeeinnahmen.
    Vor einem Jahr, als der amerikanischen Superstar LeBron James noch für Cleveland spielte, schalteten 8,8 Millionen Amerikaner das Duell gegen Meister Golden State Warriors ein. Basketball-Business statt Besinnlichkeit an Weihnachten - das ist für Daniel Theis von den Boston Celtics kein Ärgernis, sondern eine Art Auszeichnung.
    Denn von den 30 NBA-Teams spielen nur zehn am Christmas Day - und alle Begegnungen sind im nationalen Fernsehen zu sehen. Theis formuliert es so: "Wir haben das Privileg, an Weihnachten zu spielen. Und dann gegen Philadelphia - ich glaube, das wird ein gutes Spiel. Und für uns ist es, trotzdem, glaube ich, eine Ehre, solch ein Spiel zu bekommen."
    Fan-Interesse vor sportlichem Erfolg
    Die Toronto Raptors hätten auch große Lust, an diesem Feiertag zu spielen - zumal sie am Tag, an dem die NBA ihr Produkt einem breiteren Publikum präsentieren will, aus sportlicher Sicht dazu gehören müssten. Das einzige NBA-Team aus Kanada ist Spitzenreiter der Eastern Conference, hat mit Kawhi Leonard einen Ausnahme-Basketballer - und schaut dennoch nur zu. Paul Jones glaubt, den Grund zu kennen. Er überträgt die Raptors-Spiele für "Fan 590" eine Radiostation in Toronto und hat sich nach eigener Aussage kürzlich mit Geschäftsführern von Fernsehstationen unterhalten.
    "Es gibt einige Dinge, die einfach gegen Toronto sprechen - und das sind, auch wenn es Toronto-Fans nicht hören wollen, vor allem die Einschaltquoten. Die Raptors rangieren in den USA in Sachen Fan-Interesse auf dem 30. und letzten Rang. Es ist total egal, dass sie fünfmal nacheinander die Playoffs erreicht haben. Die Knicks hingegen sind einfach schlecht. Aber sie sind Nummer 8 bei verkauften Merchandise-Produkten - und nun rate Mal, wer am Weihnachtstag spielt?"
    Gewinnmaximierung steht im Vordergrund
    Also Geld vor sportlicher Leisterung? Während Toronto nur 2001 an Weihnachten gespielt hat, sind die Knicks in diesem Jahr zum 53. Mal dabei - so häufig wie kein anderer Verein. Die Knicks sind für die NBA beim Versuch der Gewinn-Maximierung an diesem Tag eben nicht nur aus Marketing-Sicht wichtig, sondern bieten mit New York den größten Medien-Markt der USA. Dass die Mannschaft seit Jahren sportlich nicht mithalten kann, spielt wohl keine Rolle.
    Ziemlich egal ist der Liga auch die immer mal wieder laut geäußerte Kritik an den Weihnachtsspielen. LeBron James meinte bereits 2010: "Sie können alle Spieler fragen - wir wären lieber daheim bei unseren Familien. Weihnachten ist eben kein normaler Feiertag, sondern auf jeden Fall einer jener Tage, an denen du dir wünscht, am Morgen mit deinen Kindern aufzuwachen und Geschenke zu öffnen."
    Selbst die NFL meidet den Christmas Day
    Nachdem Orlando Magic-Trainer Stan van Gundy 2009 die Partien kritisiert hatte, wurde er mit einer, wie er sagt, "heftigen" Geldstrafe von der NBA belegt. Ein Jahr später meinte er dann zynisch: "Ich denke, die NBA ist so wichtig für Weihnachten, dass sie statt fünf, zehn Spiele austragen sollte. Los ginge es am 24. Dezember um Mitternacht - und dann wird den ganzen Tag durchgespielt, damit nicht eine Minute ohne ein NBA-Spiel vergeht."
    Welchen Stellenwert die NBA-Partien am 25. Dezember mittlerweile haben, zeigt die Tatsache, dass selbst die gewichtige National Football League versucht, diesen Tag zu meiden. So hat es in der 98-jährigen Geschichte der reichsten Liga der Welt nur 19 Spiele am Christmas Day gegeben. Als zuletzt 2016 der Weihnachtstag auf einen Sonntag - und somit den traditionellen NFL-Spieltag - fiel, wurden bis auf zwei Spiele alle Begegnungen einen Tag vorverlegt.