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Christoph Graupner - Orchesterwerke

Auch das Ensemble ‚Nova Stravaganza’, vormals ‚La Stravaganza’, unter der Leitung von Siegbert Rampe am Cembalo hat auf ihrer neuen CD Werke von Graupner erstmalig eingespielt. Hier finden sich zwei Sinfonien, zwei Ouvertüren und ein Concerto, die alle in Darmstadt in der Zeit von 1736 bis 1752 entstanden.

Christiane Lehnigk | 03.11.2002
    Und die ausgewogene und erfrischend luftig gehaltene Einspielung lässt hoffen, dass dies nicht die letzte Einspielung dieses Repertoires von Nova Stravaganza bleibt.

    Christoph Graupner, der bei Kuhnau in Leipzig studiert hatte und unter anderem mit Telemann, Heinichen und Fasch eng befreundet war, war nach seiner Zeit als Cembalist an der Hamburger Oper unter Reinhard Keiser fünf Jahrzehnte als Hofkapellmeister in Darmstadt tätig. Wenn auch die luxuriösen Bedingungen für die Musikausübung am Hofe des Landgrafen Ernst Ludwig mit der Zeit etwas geschmälert wurden, so zog Graupner doch diese Stellung dem Thomaskantorat in Leipzig vor, um das er sich erfolgreich beworben hatte. Die Musikgeschichtsschreibung wäre sicherlich anders verlaufen, wenn er durch seinen Verzicht nicht Johann Sebastian Bach den Weg frei gemacht hätte.

    Zu der Hochzeit der Darmstädter Hofkapelle waren dort gut 40 Musiker fest angestellt, die überwiegend mehrere Instrumente spielten. Graupner war nach Darmstadt geholt worden, um dort eine eigene Operntradition zu begründen und die fürstliche Residenz zu einem Zentrum des Musiktheaters herauszubilden, was jedoch den Rahmen des finanziellen Budgets sprengen sollte. Und so verlegte sich Graupner mit der Zeit immer mehr auf die Gestaltung des übrigen Musiklebens am Hofe. Er schrieb eine unübersehbare Menge an Werken und erhielt deshalb später, wie auch zum Beispiel Telemann, den Makel des "Vielschreibers", wobei Graupner im Unterschied zu diesem, auch bis ins vorige Jahrhundert hinein eine gewisse Mittelmäßigkeit bescheinigt wurde. Da die überwiegende Anzahl seiner Werke jedoch nicht bekannt ist und sich erst einige wenige Künstler daran gemacht haben, ein paar der Schätze, die in Darmstadt ihrer Wiederbelebung harren, auszugraben, so ist dieses Urteil sicherlich revisionsbedürftig.

    Graupner hat, - nur um einmal eine Vorstellung davon zu geben, wie produktiv er war, ca. 9 Opern, 1442 Kantaten, 113 Sinfonien, über 50 Konzerte, 86 Ouvertüren-Suiten, 36 Sonaten für verschiedene Instrumenten-Kombinationen geschrieben, ebenso wie eine größere Anzahl von Cembalo-Werken und 5625 Canons zu 4 Stimmen Ein erstaunliches Lebenswerk.

    Das Ensemble ‚Nova Stravaganza’, hat mit seiner Ersteinspielung jetzt einen interessanten Einblick in Graupners sinfonisches Werk gegeben. Seine 113, durchweg in Dur-Tonarten gehaltenen Sinfonien, entstanden überwiegend in der Zeit zwischen 1746 und 1753. Davon sind 55 im dreisätzigen Sinfonie-Stil eines Scarlatti oder Vivaldi gehalten, die übrigen pendeln von der Struktur her zwischen Sinfonie und Suite. Die Ouvertüren-Suiten, die oft mit denen von Telemann verglichen werden, enthalten neben der Ouvertüre zumeist 6 bis 8 Tänze oder Charakterstücke mit zum Teil programmatischen Titeln. Auffallend ist bei den Orchesterwerken der Gebrauch von weniger üblichen Instrumenten wie Viola da gamba, Flauto d'amore oder Chalumeau.

    Hören Sie hier zum Abschluss Nova Stravaganza unter der Leitung des Cembalisten Siegbert Rampe mit dem 2. und 3. Satz aus Graupners Sinfonia in D-dur für 2 Flöten, 2 Hörner, 2 Violinen, Viola und Basso Continuo. * Musikbeispiel: Christoph Graupner - 2. u.3. Satz aus: Sinfonia GWV 538 D-dur