Freitag, 17. Mai 2024

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Christrosen-Züchter Heuger
Blumen für den Advent

Helleborus oder Christrose ist ein beliebter Adventsschmuck - auch weil sie zu den wenigen Pflanzen gehört, die ihre Blüte im Winter hat. Die Firma Heuger hat sich auf die Helleborus-Züchtung spezialisiert - und stellt weltweit auf Fachmessen aus. Der Dezember ist für den Betrieb daher Hauptsaison.

Von Angelika Gördes-Giesen | 30.11.2018
    Christrose (Helleborus niger)
    Beliebt im Advent: Helleborus niger - die Königin der Winterblüher (picture alliance/imageBROKER / Martin Siepmann)
    Selbst an trüben, kalten Regentagen schaut Diplom Gartenbau-Ingenieur Peter Oenings auf ein Blütenmeer vor seinem Büro.
    "Es ist schön, sie blüht im Winter. Ich habe im Winter kaum was in Blüte. Helleborus oder Christrose blüht zu Weihnachten, Schneerosen auch im Winter und die Lenzrosen zum Frühjahr".
    Weiße Blüten beim "schwarzen Nieswurz"
    Oenings führt die Geschäfte im Gartenbaubetrieb Heuger in Glandorf, direkt an der Grenze zwischen Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen. Vor 65 Jahren hat die Gärtnerfamilie Heuger angefangen, zunächst als ganz normale Gärtnerei, die Beet- und Balkonpflanzen produzierte. Dann spezialisierte sich der Familienbetrieb auf Zucht und Vermehrung von Helleborus niger, auch Schneerose genannt oder schwarzer Nieswurz – was aber überhaupt nicht passt zur Staude mit den auffallenden weißen Blüten, die dann, wenn sich der Großteil der Natur im Winterschlaf befindet, ihre große Zeit hat. Sie blüht im Dezember; Botaniker schwärmen von ihr als der Königin der winterblühenden Stauden.
    Königin der Winterblüher
    Peter Oenings ist ein alter Hase in seinem Metier: "Ich habe Zierpflanzenbau gelernt, habe dann in Osnabrück Gartenbau studiert, habe auch noch Betriebswirtschaft während des Berufslebens zusätzlich studiert. Die Koordinierung liegt jetzt auch in meiner Hand. Oft ist man ein bisschen Feuerwehrmann und muss das richten, was ein bisschen schief gelaufen ist", sagt Oenings. Die Kunden sitzen in Amerika, Australien und Asien und natürlich in Europa.
    "Wir produzieren circa acht Millionen Jungpflanzen jedes Jahr, Christrosen, Schneerosen und Lenzrosen. Es werden so 1,7 Millionen fertige Pflanzen auch von uns vermarktet".
    Jetzt ist Hauptsaison und ein LKW nach dem anderen rollt auf den Hof. "Da wartet schon ein Kunde mit seinem LKW der seine Waren abholen möchte. Der ist heute Morgen angereist und macht jetzt eine Pause und lädt gleich."
    Peter Oenings schaut noch mal kurz in den LKW. Trotz Qualitätskontrolle, der Profiblick im Vorbeigehen, so glaubt er, ist nicht zu ersetzen.
    "Das sind unsere Sorten"
    Heuger gehört zu den wenigen Pflanzen-Züchtern in Europa, die sich auf Helleborus spezialisiert haben und weltweit auf Fachmessen ausstellen.
    "Wir arbeiten im Verborgenen, das ist richtig. Man sieht aber dann schon, wenn man durch die Städte geht, das sind unsere Sorten, die man in den Gärten wiederfindet."
    Peter Oenings Arbeitsplatz ist mal das Büro, mal das Labor und Gewächshaus, mal ist er auf dem Feld zu finden. Fleece-Jacke und wasserfeste Arbeitsschuhe sind angesagt, denn die Bewässerungsanalagen sind auch im Herbst noch im Einsatz:
    "Wir haben hier ein Lavagestein, und das Wasser wird über Sprenkler hier auf das Feld gebracht .Die Pflanzen werden damit bewässert. Das überschüssige Wasser wird aufgefangen, gereinigt und wieder verwendet. Die Pflanzen im Topf haben natürlich keine Puffer im gewachsenen Boden, sondern werden im Topf auf dem Boden kultiviert. Klar, diesmal haben wir in diesem Jahr noch mal mehr Wasser benötigt als in anderen Jahren. Die Gärtner, die hier verantwortlich sind, haben da schon einen guten Blick, aber einfach auch einen guten grünen Daumen".
    Bienen unerwünscht
    Im Labor-Gewächshaus stehen die wertvollen Eltern-Generationen der Helleborus Pflanzen auf Tischen, die Grundlage der Züchtung. Bienen braucht es für die Bestäubung hier nicht. Den Job übernimmt Heike De Jong , die peinlich darauf bedacht ist, dass kein falscher Pollen zur Blüte gelangt:
    "Also da wird mit der Pinzette jetzt der Pollen entfernt von der Blüte. Der wird weggeschmissen, der wird nicht mehr gebraucht und dann kommt anderer Pollen darauf. Das ist die Mutter quasi, und dann gibt es den Vater dazu."
    Und so nimmt Heike De Jong einen feinen Pinsel und bearbeitet jede Blüte einzeln. Wenn der Samen dann herangereift ist, wird er ausgesät und dann dauert es ein bis zwei Jahre, bis die neue Pflanze fertig ist. Zehn bis zwanzig Jahre dauert es, bis eine neue Sorte marktreif wird. Längst nicht jeder Kreuzungsversucht funktioniert.
    "Man entwickelt schon einen speziellen Blick, aber auch das Computer-Programm hilft einem dann schon. Wir haben Helleborus-Arten miteinander gekreuzt, die bis dato nicht miteinander kreuzbar waren. Es ist immer ein zielgerichtetes Arbeiten gewesen, und wir haben überlegt, was könnte die Kreuzungsbarriere sein und haben dann diese Kreuzungs-Barrieren überwunden".
    Früh, bunt und robust zugleich
    Auf eine Neuzüchtung ist Peter Oenings besonders stolz, "Ice-n-Roses" nennt er sie. Die neuen Winterblüher sollen die frühen Blüte der Christrosen mit den bunten Farben der Lenzrosen und dem robusten Charakter der Schneerosen vereinen. Für Neuzüchtungen beantragt Peter Oenings Markenschutz:
    "Bei Pflanzen gibt es keine Patente, sondern es gibt den Sortenschutz. Das ist national, aber auch europaweit geregelt. Wir haben allein bei Helleborus über fünfzig eigene Sorten, alles geschützt. Der Nachbau ist nicht erlaubt, das ist strafbar".
    Auch wenn Hochsaison für den Helleborus-Züchter im besinnlichen Advent ist, geht es um den Schutz seines Erfindergeistes, ist man unerbittlich in der Gärtnerei Heuger.