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Chronik
Die Beatles nach den Beatles

Als Paul McCartney am 10. April 1970 meinte, er habe keine Lust mehr auf die Beatles, begann die Zeit der Solo-Karrieren. Der englische Journalist Mat Snow hat dazu eine Chronik verfasst.

Von Knut Benzner |
    John, Paul, George und Ringo. 13 LPs in sieben Jahren, 1963 die erste, 1970 die letzte. Starr war 30, Harrison 27, McCartney 28, und Lennon - wie Starr - 30. Junge Männer. Was sollten sie also tun? Yoko Ono heiraten? Mit lächerlichen Liebesliedern Millionen verdienen? Zum gesundeten Alkoholiker werden? Oder dulden beziehungsweise ertragen, dass der beste Freund seinen bis heute besten Song über die Ex-Frau schreibt? Was machten sie demnach?
    Sie machten das, was sie am besten konnten, jeder für sich, nie konsequent jeder für sich, sondern oft genug mit einem ehemaligen Bandmitglied, sie machten Musik.
    Der eine, Paul, gleich auf seiner ersten Schallplatte mit dem Lied, was immer noch eines seiner schönsten ist. Ringo ging nach Nashville und versuchte sich in Country. Lennon rechnete erst mit allem und allen ab und landete anschließend einen herzerweichenden Song zur Rettung unserer verdorbenen, verbildeten und verbauten Seelen. Und Harrisons All "Things Must Pass" bestand gleich aus drei LPs.
    Einige Menschen sind der Ansicht, wenigstens 90 Prozent der LPs und CDs der vier ohne die Beatles seien Unsinn und Mist und benutzen in ihrer Enttäuschung durchaus unschönere und gröbere Ausdrücke. Bei knapp 70 Veröffentlichungen blieben dann sieben LPs respektive CDs übrig, immerhin.
    Aber darum geht es ja gar nicht, es geht um dieses Buch bestehend aus vier Bänden. Und in diesen vier Bänden um die Musik der vier Ex-Beatles, um deren Filme, die sie, insbesondere Ringo und George, der eine als Schauspieler, der andere als Produzent, gedreht haben und um ihr Leben.
    Zum ersten Mal sind die vier in dieser Box quasi wieder zusammengeführt – als die Beatles, somit als das, was sie nicht mehr sein wollten, was sie allerdings immer sein werden. Denn natürlich verglich man und vergleicht man noch heute das, was sie gemacht haben und machen, mit der Zeit von 1963 bis 1970. Klingt McCartneys neue CD "New" nicht wie old?
    Im Untertitel heißt die Box "Die illustrierte Chronik von John, Paul, George und Ringo nach den Beatles". Sie ist fabelhaft, ansehnlich, erstaunlich und interessant illustriert. Fotos, Fotos, Fotos und noch mal Fotos, farbig und schwarz-weiß. Aufmachung und Gestaltung erinnern an die Zeit von "Let It Be".
    Mat Snow, der Autor, erzählt von "Meisterwerken und Fehltritten, Triumphen und Tragödien, Momenten der Klarheit und schweren Entgleisungen des Urteilsvermögens". Zitat Ende. Und er beginnt halt da, wo alles aufhörte. Und endet, wo alles begann. Na ja, das ist jetzt sehr symbolisch.
    Angehängt ist ein Register, ein Namensregister. Was fehlt, ist, obwohl natürlich jede Solo-LP sowie -CD erwähnt wird, eine tatsächliche Diskografie.
    Und was von Sinnen ist, ist die beständige Benutzung des Begriffs Legende. Denn Erhöhung tut nicht not.
    Mat Snow: "Die Beatles Solo", Hannibal-Verlag, 400 Seiten, Preis: 49,99 Euro