Von Migräne betroffen sind Menschen – mehr Frauen als Männer – die häufig einer Reizüberflutung ausgesetzt sind, weil ihr Gehirn Gesehenes, Gehörtes, Gefühltes und Gerochenes nur ungenügend filtert. Folge: Bestimmte Zonen des Gehirns geraten in eine Überaktivität und lösen Entzündungen aus, die schließlich zu den fürchterlichen Schmerz führen. Tritt der Migräne-Kopfschmerz regelmäßig auf, kann er chronisch werden. Ursache dafür ist ein zunächst sinnvoller Mechanismus: Das Gehirn lernt und speichert im Gedächtnis, wann welcher Schmerz eintritt.
Dr. Gerhard Müller-Schwefe, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Schmerztherapie, Oberursel:
Gedächtnis bedeutet, dass die Steuerstruktur im Nervensystem sich so verändert, dass auf einen Reiz oder eine Frage die Antwort sofort da ist. Und bei den Schmerzen ist das leider auch so: Wenn dann geringe Informationen kommen, Berührungen, Dehnungen, Druck, Geräusche, dann springt das Nervensystem sofort an, ich hab was gelernt und signalisiert Schmerz.
Für die Therapie bedeutet das: Schmerzen müssen möglichst rasch und gründlich mit Medikamenten bekämpft werden. Sind Schmerzinformationen erst einmal im Gehirn gespeichert, lassen sie sich kaum löschen – wobei dies sicher ausgesprochen effektiv wäre, chronische Migräneschmerzen in den Griff zu bekommen – wie Gerhard Müller-Schwefe immer wieder bei Schlaganfallpatienten beobachtet.
Wir sehen tatsächlich, dass Patienten, die einen Schlaganfall hatten, wenn sie ihre Lähmung überstehen, hinterher oft tatsächlich ihre Schmerzen verloren haben,….
…ganz einfach, weil die Schmerzinformationen aus dem Gedächtnis gelöscht wurden. Schmerzen sollten aber noch aus einem anderen Grund möglichst effektiv bekämpft werden. Neuere Forschungen zeigen, dass ein ständiges Bombardement mit Schmerzsignalen bestimmte Zellen in die Apoptose – also den programmierten Zelltod – treiben kann. Ihre Funktion der Apoptose ist durchaus sinnvoll: Sobald Zellen ihre Aufgaben nicht mehr erfüllen können, ziehen sie sich aus dem Zellnetzwerk zurück,…
…um dem Netzwerk eine Chance zu geben, irgendwie doch noch über die Runden zu kommen, und dieses Anstoßen, die Apoptose, wird durch die gleichen Überträgerstoffe gemacht, die auch die Lernprozesse steuern, und da haben wir Evidenz heute, dass sich gerade die Nervenzellen als erstes zurück ziehen, die einer Chronifizierung entgegen wirken,...
…erläutert Professor Walter Zieglgänsberger, Leiter der AG Klinische Neuropharmakologie am Max Planck Institut für Psychiatrie, München. Zwei Zelltypen steuern Schmerzsignale. Die meisten Zellen leiten das Schmerzsignal sofort an das Gehirn weiter, während einige vergleichsweise weinige lokale Zellen im Rückenmark, so genannten Interneurone, diesen Vorgang hemmen. Wissenschaftler sprechen auch vom Gating.
Man kann sich das so vorstellen, dass durch diese Interneurone, die diese Antichronifizierungsfaktoren produzieren, das Tor immer so ein bisschen zugehalten wird. Und wenn natürlich diese "Zuhalter" weg sind, dann steht die Tür offen und dann wird natürlich auch extrem leicht ein Schmerz, der vorher banal ist, chronisch.
Bis vor kurzem dachten die Schmerzforscher, dass vor allem extrem starke und extrem lange andauernde Schmerzsignale diesen Effekt auslösen. Grundsätzlich ist das richtig, von gleicher Bedeutung sind aber auch schwache Signale. Walter Zieglgänsberger spricht in diesem Zusammenhang vom "nörgelnden" Schmerz.
Dieses "Nörgeln" ist besonders schwierig, weil es vermutlich diese Bremsmechanismen durch die Interneurone überhaupt nicht anspricht, das mogelt sich so zusagen ins ZNS, ins Zentrale Nervensystem, und macht dann dort die Veränderungen im Sinne eines Schmerzgedächtnisses.
Gegen diesen fatalen Mechanismus – Dauerschmerz führt zu Apoptose, Apoptose führt zum chronischen Schmerz – kann sich der Körper immerhin etwas zur Wehr setzen.
Wenn sie extrem stark bombardiert werden, produzieren sie noch aus ihren eigenen Membranen Stoffe, die auf Cannabisrezeptoren wirken, um im letzten Moment – so stell ich mir das bildlich vor – gerade noch zu schützen bevor sie in die Apoptose gehen.
Unabhängig von medikamentösen Therapien kann jeder Einzelne durch seine Lebensführung der Chronischen Migräne entgegen wirken. Entspannungsübungen helfen, überhaupt jedes Training, das eine Reizüberflutung verhindert. Ärzte, Psychotherapeuten aber auch Migräne-Selbsthilfegruppen geben gerne Auskunft. Hilfreich ist zudem kontinuierliches Ausdauertraining – etwa joggen – das in sehr vielen Fällen die Zahl von Migräne-Attacken senkt und deren Verlauf mildert.
Dr. Gerhard Müller-Schwefe, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Schmerztherapie, Oberursel:
Gedächtnis bedeutet, dass die Steuerstruktur im Nervensystem sich so verändert, dass auf einen Reiz oder eine Frage die Antwort sofort da ist. Und bei den Schmerzen ist das leider auch so: Wenn dann geringe Informationen kommen, Berührungen, Dehnungen, Druck, Geräusche, dann springt das Nervensystem sofort an, ich hab was gelernt und signalisiert Schmerz.
Für die Therapie bedeutet das: Schmerzen müssen möglichst rasch und gründlich mit Medikamenten bekämpft werden. Sind Schmerzinformationen erst einmal im Gehirn gespeichert, lassen sie sich kaum löschen – wobei dies sicher ausgesprochen effektiv wäre, chronische Migräneschmerzen in den Griff zu bekommen – wie Gerhard Müller-Schwefe immer wieder bei Schlaganfallpatienten beobachtet.
Wir sehen tatsächlich, dass Patienten, die einen Schlaganfall hatten, wenn sie ihre Lähmung überstehen, hinterher oft tatsächlich ihre Schmerzen verloren haben,….
…ganz einfach, weil die Schmerzinformationen aus dem Gedächtnis gelöscht wurden. Schmerzen sollten aber noch aus einem anderen Grund möglichst effektiv bekämpft werden. Neuere Forschungen zeigen, dass ein ständiges Bombardement mit Schmerzsignalen bestimmte Zellen in die Apoptose – also den programmierten Zelltod – treiben kann. Ihre Funktion der Apoptose ist durchaus sinnvoll: Sobald Zellen ihre Aufgaben nicht mehr erfüllen können, ziehen sie sich aus dem Zellnetzwerk zurück,…
…um dem Netzwerk eine Chance zu geben, irgendwie doch noch über die Runden zu kommen, und dieses Anstoßen, die Apoptose, wird durch die gleichen Überträgerstoffe gemacht, die auch die Lernprozesse steuern, und da haben wir Evidenz heute, dass sich gerade die Nervenzellen als erstes zurück ziehen, die einer Chronifizierung entgegen wirken,...
…erläutert Professor Walter Zieglgänsberger, Leiter der AG Klinische Neuropharmakologie am Max Planck Institut für Psychiatrie, München. Zwei Zelltypen steuern Schmerzsignale. Die meisten Zellen leiten das Schmerzsignal sofort an das Gehirn weiter, während einige vergleichsweise weinige lokale Zellen im Rückenmark, so genannten Interneurone, diesen Vorgang hemmen. Wissenschaftler sprechen auch vom Gating.
Man kann sich das so vorstellen, dass durch diese Interneurone, die diese Antichronifizierungsfaktoren produzieren, das Tor immer so ein bisschen zugehalten wird. Und wenn natürlich diese "Zuhalter" weg sind, dann steht die Tür offen und dann wird natürlich auch extrem leicht ein Schmerz, der vorher banal ist, chronisch.
Bis vor kurzem dachten die Schmerzforscher, dass vor allem extrem starke und extrem lange andauernde Schmerzsignale diesen Effekt auslösen. Grundsätzlich ist das richtig, von gleicher Bedeutung sind aber auch schwache Signale. Walter Zieglgänsberger spricht in diesem Zusammenhang vom "nörgelnden" Schmerz.
Dieses "Nörgeln" ist besonders schwierig, weil es vermutlich diese Bremsmechanismen durch die Interneurone überhaupt nicht anspricht, das mogelt sich so zusagen ins ZNS, ins Zentrale Nervensystem, und macht dann dort die Veränderungen im Sinne eines Schmerzgedächtnisses.
Gegen diesen fatalen Mechanismus – Dauerschmerz führt zu Apoptose, Apoptose führt zum chronischen Schmerz – kann sich der Körper immerhin etwas zur Wehr setzen.
Wenn sie extrem stark bombardiert werden, produzieren sie noch aus ihren eigenen Membranen Stoffe, die auf Cannabisrezeptoren wirken, um im letzten Moment – so stell ich mir das bildlich vor – gerade noch zu schützen bevor sie in die Apoptose gehen.
Unabhängig von medikamentösen Therapien kann jeder Einzelne durch seine Lebensführung der Chronischen Migräne entgegen wirken. Entspannungsübungen helfen, überhaupt jedes Training, das eine Reizüberflutung verhindert. Ärzte, Psychotherapeuten aber auch Migräne-Selbsthilfegruppen geben gerne Auskunft. Hilfreich ist zudem kontinuierliches Ausdauertraining – etwa joggen – das in sehr vielen Fällen die Zahl von Migräne-Attacken senkt und deren Verlauf mildert.