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Cloud-Technologie
Googles Wolkenheim

Google steht für suchen und finden, browsen und analysieren. Als Cloud-Anbieter ist der Suchmaschinen-Riese nicht bekannt. Noch nicht. Das Unternehmen möchte zur universellen Anlaufstelle für die Cloud-Nutzung werden - ein Heim für alle Wolken.

Von Jan Rähm |
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Schöne Aussichten: Google plant, auf dem Markt der Cloud-Anbieter groß einzusteigen. (imago stock&people)
Die Cloud, so spotten Kritiker, sei nichts anderes, als lediglich die Computer anderer Leute oder Unternehmen. Zwar ist das technisch korrekt, allerdings auch etwas zu kurz gegriffen. Es geht vor allem darum, Rechenkapazitäten möglichst leistungsfähig und skalierbar bereitzustellen und zu nutzen. Mit der "Serverless Cloud" soll sogar der Blick auf eben diese echten Computer verschwimmen. Dahinter verbirgt sich für den Nutzer das Konzept, nur noch Rechenleistung über definierte Schnittstellen zu buchen. Welche Technik im Hintergrund läuft und unter welchen Umständen, soll ihm egal sein. So kann sich der Anwender auf das konzentrieren, was für ihn am wichtigsten ist: Sein Produkt und seine Angebote. Doch das Konzept hat auch Risiken, erklärt Eyal Manor, Vizepräsident Cloud bei Google.
"Die Verwaltung von Hybrid- oder Multi-Cloud-Umgebungen kann unglaublich herausfordernd und komplex sein. Es besteht das sehr realistische Risiko, dass man sich abhängig macht, wenn man nur auf einen Anbieter setzt. Analysten meinen, dass 88 Prozent der Unternehmen deswegen eine Multi-Cloud-Strategie verfolgen. Doch das belastet die Entwickler, weil sie viele Schnittstellen betreuen müssen. Personal wird gebunden, die Kosten steigen."
Was der Kunde will
Hier will Google ansetzen und präsentierte auf seiner hauseigenen Konferenz Cloud Next den Dienst "Anthos". Anthos soll eine Cloud Service Plattform sein, die es Unternehmen ermöglicht, den oder die Cloud-Anbieter flexibel auszuwählen, ohne sich über Schnittstellen oder ähnliches Gedanken machen zu müssen. Thomas Kurian, Chef der Cloud-Sparte bei Google erklärt, man habe darauf gehört, was die Kunden wollen. Und das sei:
"Eine Technologie, bei der es egal ist, ob die Anwendung im eigenen oder fernen Rechenzentrum läuft, eine Hybrid Cloud. Ein einziges Programmiermodell, das die Flexibilität hat, Workloads ohne Änderung sowohl zu Google Cloud als auch zu anderen Cloud-Anbietern zu verschieben. Eine Plattform, die es ihnen ermöglicht, diese komplexe Infrastruktur mühelos zu betreiben und mehrere Clouds in einer einzigen konsistenten Art und Weise zu sichern und zu verwalten."
Wie ernst es Google damit ist, zeigt die Zahl der eingeladenen Sprecher anderer Cloud-Unternehmen, darunter Topmanager von Cisco und VMware, die auf der Konferenz ihr Bekenntnis zu Anthos abgaben. Außerdem priesen zahlreiche Unternehmensvertreter die Vorteile der hybriden Cloud über mehrere Anbieter hinweg.
Vom Cloud-Anbieter zur Herbergsmutter
Das "Nicht-um-die-Technik-kümmern-müssen" ist auch der Kern einer weiteren Neuvorstellung von Google, die ebenfalls in den Bereich Serverless Computing fällt. Mit "Cloud Run" stellt der Konzerne eine erste Vorversion seines Angebots für spezielle Webanwendungen als Teil von Anthos vor. Einen der Vorteile von Cloud Run erläutert Chen Goldberg, Engineering Director bei Google.
"In Anthos führen wir Cloud Run ein, mit dem wir ein automatisiertes Verfahren bieten, dass den Kunden innerhalb weniger Minuten direkt vom Code zu einer Webanwendung bringt, ohne sich um die technischen Hintergründe kümmern zu müssen. Unsere Großkunden haben Zehntausende Entwickler, die die nicht Experten irgendeiner Cloud-Plattform sein sollen. Sie sollen sich vielmehr auf ihre Anwendung konzentrieren können und dort innovativ sein können, wo es sich auf ihr Geschäft auswirkt."
Solche wie auch andere Anwendungen sollen nur einmal entwickelt werden müssen, und anschließend - dank der Plattform - in jeder angeschlossenen Cloud lauffähig sein. Damit entwickelt sich Google vom Cloud-Anbieter zur Herbergsmutter anderer Wolken und schafft eine Art Wolkenheim.