Das Gorki-Theater-Ensemblemitglied Hilmar Baumann hockt in einer Ecke der kleinen Studiobühne unter einem Tarnnetz. Er hat eine Maomütze mit rotem Stern auf dem Kopf, fuchtelt mit einer Pistole herum und prahlt, dass er immerhin noch über 600 Mark Rente verfügt. Er ist in seiner Versatzstückfamilie der einzige, der noch Geld hat, die anderen sind längst dauerarbeitslos und dauererwerbslos in einem völlig verarmten Berlin, in dessen Gorki-Theater längst kein Spielbetrieb mehr veranstaltet wird, sondern Umherreisende eine prekäre, vorübergehende Bleibe gefunden haben. Annette Reber, die Chefdramaturgin im Team um den scheidenden Intendanten hat sich mit der ersten Folge ihrer Serie "Zum schönen Feierabend" also nicht sehr weit herausgewagt aus dem gewohnten geografischen Umfeld. Ihre Figuren hat sie in Abwandlung einer Kult-Fernsehserie entnommen: der "Addams Family". Auch bei ihr greift ein eiskaltes Händchen aus einem Briefschlitz, dazu gibt es, gewissermaßen ein eiskaltes Köpfchen, das aus einem senkrecht aufgerichteten Buffet herausragt und über die große vergangene Theaterkunst schwärmt, die in Berlin einmal herrschte. Aber all das ist längst vergangen, denn wir leben im Jahre 2000 und x. Mit völlig ungebremster und ungehinderter Albernheit kalauern die Figuren mit erstbesten Klischees aus dem einfachsten Farcen-Spielbaukasten über die Holter-, die Polter-Bühne.
Chinesen stolpern über die Bühne und werfen mit Geld um sich, die Tochter hat aus dem Museum für Vorderasiatische Kunst die Nofretete geklaut. Das war einfach, weil kein Geld für Wachpersonal da ist, es werden einzelne Textzeilen aus Liedern aus der DDR Zeit im Leiersing-Sang heruntergespult, sehr zum Vergnügen und der Freunde im Premierenpublikum, das zumal in dem kleinen Raum des Gorki-Studios für Kindergeburtstagsstimmung sorgt. Das hat sich jetzt so eingebürgert. Soaps kennen keine unteren Geschmacksgrenzen. Nachdem Pollesch seine bizarren soziologischen Diskurse in Trash-Wohnzimmerdekors abspulen ließ, Armin Petras Text- Bild, und Handlungssamples zu rührenden Geschichten vom Rand der Gesellschaft komponierte, nach unzähligen Stücken in den diversen Theater-Favelas vom HAU in Kreuzberg bis zum Prater im Prenzelberg, wird der Berliner Schmuddellook der Nachahmer hier indirekt auch zum dramaturgischen Elends-Mäntelchen. Also ist bei Annette Reber nicht nur das Bühnenbild Sperrmüll, sondern auch das Stück: Gedankenramsch, erstbeste Alt-Ideen über die Zukunft einer einstigen Wohlstandsnation. In Berlin haben diese Kurzschlüsse zwischen Szenekneipe und Theaterdekor zu einer Club-Ästhetik geführt, für die sich irgendwie immer eine kleine Gemeinde finden lässt. Und wahrscheinlich spekuliert man auch hier wieder, geschützt durch die laut herausgeschriene Unernsthaftigkeit auf einen kleinen leichten Minderheitenerfolg. So startet denn auch diese Gorki-Reihe, in einem Haus, das sich mit Geschichten von sozialen Wirklichkeiten profilieren wollte, mit einem durch und durch korrumpierten Politik- und Theaterbegriff: Es übernimmt seinen Dünkel der Welt des Konsums. Wenn es von Armut spricht, ist es eben auch billig gemacht und billig gedacht. Wenn man von ernsthaften Theaterleuten immer wieder zu hören bekommt, dass jedes Stück die ganze Welt zu fassen immerhin versuchen sollte, dient sich dieses Theater von vor herein einer Benutzung an, die man sonst nur von Fernsehserien kennt. Da ist man entweder Fan oder Ignorant. Zu diskutieren gibt es nichts. Man kann Serien nur gut finden, oder sie fliehen. Und immer, wie auch hier, geht es in diesen Serien um Familien. Da gehört man entweder dazu oder eben nicht, klinkt sich ein oder bleibt draußen. Das ist eben Biologie, Psychostruktur, Reflex. Eine Welt, die mit dem Theater als offenem Ort der Selbstbefragung fürs Gesellschaftliche und Politische, nichts zu tun hat.
Chinesen stolpern über die Bühne und werfen mit Geld um sich, die Tochter hat aus dem Museum für Vorderasiatische Kunst die Nofretete geklaut. Das war einfach, weil kein Geld für Wachpersonal da ist, es werden einzelne Textzeilen aus Liedern aus der DDR Zeit im Leiersing-Sang heruntergespult, sehr zum Vergnügen und der Freunde im Premierenpublikum, das zumal in dem kleinen Raum des Gorki-Studios für Kindergeburtstagsstimmung sorgt. Das hat sich jetzt so eingebürgert. Soaps kennen keine unteren Geschmacksgrenzen. Nachdem Pollesch seine bizarren soziologischen Diskurse in Trash-Wohnzimmerdekors abspulen ließ, Armin Petras Text- Bild, und Handlungssamples zu rührenden Geschichten vom Rand der Gesellschaft komponierte, nach unzähligen Stücken in den diversen Theater-Favelas vom HAU in Kreuzberg bis zum Prater im Prenzelberg, wird der Berliner Schmuddellook der Nachahmer hier indirekt auch zum dramaturgischen Elends-Mäntelchen. Also ist bei Annette Reber nicht nur das Bühnenbild Sperrmüll, sondern auch das Stück: Gedankenramsch, erstbeste Alt-Ideen über die Zukunft einer einstigen Wohlstandsnation. In Berlin haben diese Kurzschlüsse zwischen Szenekneipe und Theaterdekor zu einer Club-Ästhetik geführt, für die sich irgendwie immer eine kleine Gemeinde finden lässt. Und wahrscheinlich spekuliert man auch hier wieder, geschützt durch die laut herausgeschriene Unernsthaftigkeit auf einen kleinen leichten Minderheitenerfolg. So startet denn auch diese Gorki-Reihe, in einem Haus, das sich mit Geschichten von sozialen Wirklichkeiten profilieren wollte, mit einem durch und durch korrumpierten Politik- und Theaterbegriff: Es übernimmt seinen Dünkel der Welt des Konsums. Wenn es von Armut spricht, ist es eben auch billig gemacht und billig gedacht. Wenn man von ernsthaften Theaterleuten immer wieder zu hören bekommt, dass jedes Stück die ganze Welt zu fassen immerhin versuchen sollte, dient sich dieses Theater von vor herein einer Benutzung an, die man sonst nur von Fernsehserien kennt. Da ist man entweder Fan oder Ignorant. Zu diskutieren gibt es nichts. Man kann Serien nur gut finden, oder sie fliehen. Und immer, wie auch hier, geht es in diesen Serien um Familien. Da gehört man entweder dazu oder eben nicht, klinkt sich ein oder bleibt draußen. Das ist eben Biologie, Psychostruktur, Reflex. Eine Welt, die mit dem Theater als offenem Ort der Selbstbefragung fürs Gesellschaftliche und Politische, nichts zu tun hat.