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Coach me if you can

Nicht ohne meinen Coach: Was in der Wirtschaft längst normal ist, nutzen auch immer mehr Universitäten in Deutschland. Doch noch gibt es keine Qualitätsstandards. Um das zu ändern, lud das Coachingnetzwerk Wissenschaft Personalplaner von Hochschulen zu einer Tagung nach Köln.

Von Melanie Longerich | 20.04.2010
    "Ein Coach ist in der Lage, einen orientierten, aber unabhängigen Blick zu werfen. Genau das ist eben das Problem, diesen Blick hat man selber nicht, den haben auch Freunde nicht und auch nicht die Kollegen."

    Ewald Grothe ist Historiker und seit letztem Jahr außerplanmäßiger Professor für Geschichte an der Bergischen Universität Wuppertal. Das klingt zwar gut, davon alleine könnte er jedoch nicht leben. Seit Jahren bewirbt er sich auf feste Professuren. Bisher ohne Chance. Ob er den Traum von einer Universitätskarriere weiter träumen oder doch lieber nach beruflichen Alternativen suchen soll, kann er mit seinen Kollegen nicht besprechen. Als Versager da zu stehen, möchte er nicht riskieren.

    Deshalb lässt sich Grothe jetzt von Anja Frohnen beraten. Sie ist Coach und Mitinitiatorin des Coachingnetzwerks Wissenschaft - einem deutschlandweiten Zusammenschluss von Trainern im Hochschulbereich, der Doktoranden, wissenschaftliche Mitarbeiter und Professoren bei der Karriereplanung unterstützt. Die Kölnerin kennt diese Vorbehalte, sich bei der Karriereplanung helfen zu lassen. Ein Fehler, wie sie findet. Denn die werde immer komplexer - in allen Fachbereichen:

    "Hochschulen bilden Wissenschaftler aus, aber keine Manager","

    kritisiert sie. Das zeige sich gerade bei den Juniorprofessoren: In erster Linie würden sie wegen ihrer wissenschaftlichen Kompetenz eingestellt. Im Alltag aber sehe sich der Nachwuchs dann mit ganz anderen Aufgaben konfrontiert. Da sei Überforderung garantiert.

    ""Sie müssen den Verwaltungsbereich managen, sie müssen Drittmittel akquirieren, sie müssen die Lehre - wie jeder andere Professor - gestalten. Sie müssen aber auch politisch - in den Verwaltungen und Selbstverwaltungen der Universitäten - tätig sein. Und eben diese Fülle der Aufgaben ist oft ein Problem. Und dafür ist eben Coaching ein sehr hilfreiches Instrument."

    Professionelle Begleitung bei der Karriereplanung, Lehrstuhlführung und Positionierung in der eigenen Fakultät ist im angelsächsischen Raum seit langem üblich. Seit 2005 ziehen auch in Deutschland immer mehr Hochschulen nach. Das Angebot ist bunt - denn jede Hochschule bastelt am eigenen Konzept - mal mit guter finanzieller Ausstattung - wie die Hochschulen der Exzellenzinitiative. Ein Großteil aber mit kleinem Budget. Um den Erfahrungsaustausch beim Aufbau von Beratungsprogrammen zu fördern, lud das Coachingnetzwerk Wissenschaft daher Personalplaner aus ganz Deutschland, Österreich und der Schweiz nach Köln. Sprecherin Margarethe Hubrath:

    "Sobald man ein Instrument einführt, dass bis vor wenigen Jahren überhaupt noch nicht etabliert war, überhaupt noch keinen Zugang in die Hochschule oder die Wissenschaft gefunden hat, ist es hilfreich und wichtig, sich zu vernetzen und von den guten Erfahrungen gegenseitig auch zu lernen."

    Um sich über den Stand der Programme bei den Kollegen zu informieren, ist auch Beate von Miquel, Personalplanerin an der Ruhruniversität Bochum, nach Köln gekommen. Ihre Hochschule gilt in Deutschland im Bereich Wissenschaftscoaching als Pionierin. Bereits 2005 legte die Uni ein Programm für neuberufene Professoren auf, um ihnen den Start in eine Führungsposition zu erleichtern. Die Nachfrage war groß. Coaching ist für die Personalerin eine große Chance, dass deutsche Hochschulen sich im Konkurrenzkampf um internationale Reputation behaupten können. Vor allem aber auch, damit sie den eigenen Nachwuchs endlich als wichtiges Potential begreifen:

    "Mein Eindruck ist, dass es die Zufriedenheit erhöht der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am Arbeitsplatz, dass es auch die Identifikation mit der Hochschule nochmals verbessert, wenn es solche Angebote gibt. Ich habe schon den Eindruck, dass es für Hochschulen einen deutlichen Mehrwert bedeutet, wenn sie solche Angebote machen."