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Coffee to read

Um bei jungen Lesern etwas aufzuholen, haben die Marketingstrategen der Frankfurter Allgemeinen Zeitung die Cafeteria der juristischen Fakultät an der Ludwig-Maximilians-Universität in München übernommen. Dort gibt es jetzt neben Getränken und Snacks jede Menge Ausgaben der FAZ.

Von Lisa Schurr |
    Als Tapete an der Wand, als Schriftzug auf den Tassen und als Lektüre zwischen großen hölzernen Zeitungsspannern – die FAZ. ist omnipräsent im neuen Café an der Münchner Ludwig Maximilians Universität. Seit einer Woche gibt es hier nicht nur Kaffee in verschiedenen Geschmacksrichtungen, "Cheesy Nachos" und Ciabattabrote, sondern auch Zeitungslektüre. Der 24-jährige Jurastudent Josef Schmid steht an der Theke und wartet auf sein Sandwich:

    "Ich finde es ehrlich gesagt ganz nett. Mit den Zeitungen hier hat man halt immer was zu lesen. Was vorher nicht war und es ist auch ganz schön gestaltet worden eigentlich."

    Kleine Tische aus dunklem Holzimitat, eine gläserne Decke und eine lange silberne Bar – was früher eine simple Cafeteria des Studentenwerks war, ist jetzt ein recht gemütliches Café. In Ruhe Zeitung lesen kann man hier aber trotzdem nicht, sagt der 29-jährige Andi Siegel, Doktorand in Sinologie:

    "Das Problem ist entspannen funktioniert hier nicht, weil immer so voll, zu wenig Platz Zeitung auszubreiten, dafür müsste man wirklich ein Caféhaus konzipieren, das klappt hier nicht dafür ist der Platz zu kostbar."

    Intensive Lektüre ist im Café nur möglich, wenn die Sonne scheint. Da sitzen die Studenten nämlich nicht drinnen, sondern auf den Bierbänken vor dem Café. Unter ihnen ist die 26-jährige Ethnologiestudentin Sonja Wirschnitzer. Sie ist gerade aus der Bibliothek gekommen und steckt mitten in den Prüfungen:

    "Ich glaube die Studenten hier sind froh wenn sie nichts lesen müssen und eine Pause haben. (Und wenn du Zeitung liest, was liest du dann?) Ich habe die SZ abonniert. (Kannst du dir vorstellen hier von der SZ-Leserin zur FAZ-Leserin missioniert zu werden?) Als Vergleich vielleicht, dass ich später nicht nur die SZ sondern mehrere Zeitungen lese um ein Gesamtbild zu bekommen."

    Die meisten Studenten, die ins FAZ-Café kommen sind SZ-Leser. Nicht so der 30-jährige Anton Bergmann, der sich gerade auf seine Zulassung zum Wirtschaftsprüfer vorbereitet:

    "Wenn ich sie in die Finger bekomme, dann lese ich sie ganz gerne. Ich bin viel unterwegs, das ist der einzige Grund, warum ich sie abonniert habe."

    Wer die F.A.Z. schon vorher gerne gelesen hat, der freut sich also am meisten über das Angebot. Die Exemplare im Café sind eigentlich nicht zum Mitnehmen bestimmt. Mindestens die Hälfte der morgens ausgelegten acht Blätter sind aber abends nicht mehr da. Jurastudent Josef Schmid hält in der einen Hand sein Sandwich. Mit der anderen blättert er in der Zeitung:

    "Ich lese den Kommentar hier auf der ersten Seite. Ich wollte sie eigentlich mitnehmen, jetzt habe ich mich doch hierher gesetzt."

    "Gut, aber schwierig", ist die Überschrift des Kommentars. Eigentlich geht es darin um Obamas Plan, Nordafrika durch finanzielle Hilfen zu befrieden. Im übertragenen Sinne scheint das aber auch auf die Idee der F.A.Z. zuzutreffen, durch ein Studentencafé neue Leser zu gewinnen - "Gut, aber schwierig".