Colin Powell: Mein Weg.

Wenn sich die USA mit ihrer militärischen Antwort auf die Terroranschläge des 11. September fast einen Monat Zeit gelassen haben, dann ist dies sicherlich auch und gerade auf die besonnene Politik von US-Außenminister Colin Powell zurückzuführen. Bis 1993 war er Generalstabschef der US-Streitkräfte. In diese seine Zeit als ranghöchster Soldat der USA fiel der Golfkrieg, bei dem die USA ebenfalls - wie heute eine breite Koalition von Staaten zusammenbrachten, damals, um den Angriff des Irak auf Kuwait zurückzuschlagen. Nach seiner Zeit als Generalstabschef verfasste Powell ein Buch über sein bisheriges Leben. Unter dem Titel "Mein Weg" ist es 1995 in Deutsch erschienen. Doch auch sechs Jahre später lohnt seine Lektüre noch - oder besser: gerade jetzt. Denn Powells Buch macht transparent, warum er in den Wochen nach dem 11. September zum Wortführer jener Gruppe um Präsident Bush avancierte, die für eine besonnene und nicht überhastete Reaktion auf die Terroranschläge plädierte. Powell ist in mehrfacher Hinsicht eine interessante Persönlichkeit. Er engagierte sich- obwohl er aus einer Familie stammt, die ihre Wurzeln in Jamaika hat - bei den US-Republikanern, die im Vergleich zu den Demokraten für eine härtere Gangart in der Rassenpolitik bekannt sind. Powell ist geprägt durch das Erlebnis des Vietnam-Kriegs, an dem er als junger Offizier teilnahm, bevor er eine Karriere im Grenzbereich zwischen Politik und Militär begann. Er war im nationalen Sicherheitsrat, später sogar dessen Vorsitzender, er arbeitete im engen Umfeld gleich mehrerer Verteidigungsminister. Die Operationen der US-Streitkräfte in Panama, in Grenada, im Iran, auf dem Balkan und beim Golfkrieg hat Powell hautnah miterlebt und mitgeplant - mit stetig wachsendem Einfluss. In seinem Buch beschreibt er den Wandel seiner Position - weg von dem ebenso erklärbaren wie unvernünftigem Gefühl, bei einem Schlag gegen das eigene Land schnell reagieren zu wollen, hin zu einer Strategie der Besonnenheit - ein ehemaliger Soldat im Amt eines Außenministers, der gelernt hat, das Leben seiner Kameraden nicht umsonst zu riskieren.