Vier sehr junge Tänzer des Dance Theatre of Harlem erzählen eine zarte Liebesgeschichte. Eine urbane Lovestory: Far but close. Er sieht sie durch die Scheibe in der U-Bahn. Sie ist zögerlich. Ängstlich. Hat viel zu viele schmerzvolle Erfahrungen gemacht. Pretty little black girl, spricht er sie an. Er kennt ihre Geschichte, wenn er sie nur ansieht. Eine Geschichte von immerwährendem Verlust. Auf der Bühne: zwei Schauspieler, die die etwas zu tränenrührige Story vortragen, zwei Musiker einer spielt Cello, einer Geige und Piano. Das ist der Komponist Daniel Bernard Roumain, der eine wunderbar ruhige Musik komponiert hat, man hört, dass er viel mit Philipp Glass zusammengearbeitet hat. Und: Vier Tänzer. Sie stellen das Paar dar: Die Frau, wie sie ist und die Frau, wie sie sein möchte. Der Mann wie er ist und der, der seine Sehnsüchte ausdrückt.
Doch das Dance Theatre of Harlem kann auch anders. Wenn James Brown davon singt, wovon er immer singt - von Sex, wenn Aretha Franklin über eine unglückliche Liebe weint, dann tanzen die Tänzerinnen des Dance Theatre of Harlem dazu: auf Spitzen! Klassischer Tanz zu Soulmusik, zu Funkrhythmen, zur schmutzigen Melodie eins Saxofons. Man hätte nicht geglaubt, wie gut das zusammenpasst, wie perfekt das aussieht. Die Choreografie spart nicht an Ironie und Witz.
Das Dance Theatre of Harlem zeigt bei seinen jüngsten Aufführungen auch eine Choreografie von John Alleyne: Das berühmte Pas de deux des schwarzen Schwans und des Prinzen aus Peter Tschaikowskis Schwanensee. Wenn Odile den Prinzen Siegfried verführt, sind die perfekten Pirouetten nur die Maskerade hinter den diabolischen Momenten, die immer wieder aufblitzen.
2004 wurde die Dance Theatre of Harlem aufgelöst. Es war hoch verschuldet.
"Für manche war es das Ende der Karriere. Einige gingen zu anderen Kompanien. Aber nur wenige. Es war eine niederschmetternde Zeit."
Erinnert sich Virginia Johnson, heute die künstlerische Direktorin der Kompanie. In diesen Tagen ist das Dance Theatre of Harlem zurückgekehrt ans Rose Theatre im Lincoln Center in New York.
Gegründet wurde das Dance Theatre of Harlem 1969 von Arthur Mitchell und seinem Lehrer Karel Shook. Mitchells Geschichte hätte das Zeug dazu, am Broadway aufgeführt zu werden: Aufgewachsen in Harlem, musste sich schon als zwölfjähriger um seine jüngeren Geschwister kümmern - sein Vater saß im Gefängnis. Mitchell trug Zeitungen aus und putzte Schuhe, trieb sich mit Straßengangs herum. Irgendjemanden muss aufgefallen sein, dass der Junge auch über andere Talente verfügte. Er durfte die Hochschule für darstellende Künste besuchen und wurde klassischer Balletttänzer. Als erster Schwarzer gehörte er 1955 zum Ensemble des New York City Balletts. Drei Jahre später war er der erste Solist. George Balanchine choreografierte ein Pas de Deux nur für ihn zu Igor Strawinskys Ballettmusik Agon - ein Stück, dass das Dance Theatre of Harlem auch jetzt wieder aufgeführt hat. Aus besonderem Grund: Mitchell hatte diese große Rolle überall auf der Welt getanzt - allein im amerikanischen Fernsehen war er erst 1965 damit zu sehen - jahrelang hatten die Südstaaten erfolgreich dagegen opponiert, dass ein schwarzer Tänzer ein so sinnliches Pas de deux mit einer weißen Tänzerin tanzte.
2013 tanzten Gabriella Salvatto und Frederick Davis das Herzstück der Choreografie Balanchines. Doch die jungen Tänzer reichen nicht annähernd heran an ihre großen Vorbilder. Mit der Reminiszenz an Arthur Mitchell haben sie sich keinen Gefallen getan.
Arthur Mitchell war nicht nur Solist beim New York City Ballet, er tanzte auch am Broadway. In Brasilien gründete er das National Ballet of Brasil. 1968 wurde Martin Luther King ermordet. Und Arthur Michel kehrte zurück nach Harlem, wo er geboren war. Hier, so glaubte er, sei sein Platz. Er bat seinen ehemaligen Lehrer Karel Shook, der zu dieser Zeit Ballettmeister des Holländischen Nationalballetts war, mit ihm zusammen schwarze Kinder in klassischem Tanz zu unterrichten und eine Kompanie aufzubauen. Sie begannen mit 30 Kindern, zwei Monate später waren es schon 400. Die Besten kamen ins Dance Theatre of Harlem. Zum ersten Mal gab es eine klassische Tanzkompanie, die zeigte, dass klassisches Ballett keine Domäne der Weißen war. Ende der 60er-Jahre war das eine Sensation.
"Ich habe mein ganzes Leben trainiert, um Balletttänzerin zu werden. Und als ich so weit war, schaute ich mich nach einer Stelle um. Und man sagte mir, weißt Du nicht, dass es keine schwarzen Balletttänzerinnen gibt?"
Erinnert sich Virginia Johnson. 2004 musste diese Schule schließen und es gab auch kein Geld mehr für die Tänzer. Das Dance Theatre of Harlem war tief verschuldet. Im vergangenen Jahr hatte Virginia Johnson, die künstlerische Direktorin, Tänzer vortanzen lassen, 18 ausgesucht und die Kompanie wiederauferstehen lassen.
2013 muss man sich natürlich fragen, ob eine klassische schwarze Tanzgruppe noch ihre Berechtigung hat. Im Dance Theatre of Harlem tanzen nicht nur Schwarze. Doch noch immer gibt es in den großen amerikanischen Kompanien nicht annähernd so viele schwarze Tänzer wie Weiße. Deshalb begreift sich das Dance Theatre of Harlem bis heute als nicht nur als Tanzkompanie: Es begreift sich als Message, als Botschaft.
Doch das Dance Theatre of Harlem kann auch anders. Wenn James Brown davon singt, wovon er immer singt - von Sex, wenn Aretha Franklin über eine unglückliche Liebe weint, dann tanzen die Tänzerinnen des Dance Theatre of Harlem dazu: auf Spitzen! Klassischer Tanz zu Soulmusik, zu Funkrhythmen, zur schmutzigen Melodie eins Saxofons. Man hätte nicht geglaubt, wie gut das zusammenpasst, wie perfekt das aussieht. Die Choreografie spart nicht an Ironie und Witz.
Das Dance Theatre of Harlem zeigt bei seinen jüngsten Aufführungen auch eine Choreografie von John Alleyne: Das berühmte Pas de deux des schwarzen Schwans und des Prinzen aus Peter Tschaikowskis Schwanensee. Wenn Odile den Prinzen Siegfried verführt, sind die perfekten Pirouetten nur die Maskerade hinter den diabolischen Momenten, die immer wieder aufblitzen.
2004 wurde die Dance Theatre of Harlem aufgelöst. Es war hoch verschuldet.
"Für manche war es das Ende der Karriere. Einige gingen zu anderen Kompanien. Aber nur wenige. Es war eine niederschmetternde Zeit."
Erinnert sich Virginia Johnson, heute die künstlerische Direktorin der Kompanie. In diesen Tagen ist das Dance Theatre of Harlem zurückgekehrt ans Rose Theatre im Lincoln Center in New York.
Gegründet wurde das Dance Theatre of Harlem 1969 von Arthur Mitchell und seinem Lehrer Karel Shook. Mitchells Geschichte hätte das Zeug dazu, am Broadway aufgeführt zu werden: Aufgewachsen in Harlem, musste sich schon als zwölfjähriger um seine jüngeren Geschwister kümmern - sein Vater saß im Gefängnis. Mitchell trug Zeitungen aus und putzte Schuhe, trieb sich mit Straßengangs herum. Irgendjemanden muss aufgefallen sein, dass der Junge auch über andere Talente verfügte. Er durfte die Hochschule für darstellende Künste besuchen und wurde klassischer Balletttänzer. Als erster Schwarzer gehörte er 1955 zum Ensemble des New York City Balletts. Drei Jahre später war er der erste Solist. George Balanchine choreografierte ein Pas de Deux nur für ihn zu Igor Strawinskys Ballettmusik Agon - ein Stück, dass das Dance Theatre of Harlem auch jetzt wieder aufgeführt hat. Aus besonderem Grund: Mitchell hatte diese große Rolle überall auf der Welt getanzt - allein im amerikanischen Fernsehen war er erst 1965 damit zu sehen - jahrelang hatten die Südstaaten erfolgreich dagegen opponiert, dass ein schwarzer Tänzer ein so sinnliches Pas de deux mit einer weißen Tänzerin tanzte.
2013 tanzten Gabriella Salvatto und Frederick Davis das Herzstück der Choreografie Balanchines. Doch die jungen Tänzer reichen nicht annähernd heran an ihre großen Vorbilder. Mit der Reminiszenz an Arthur Mitchell haben sie sich keinen Gefallen getan.
Arthur Mitchell war nicht nur Solist beim New York City Ballet, er tanzte auch am Broadway. In Brasilien gründete er das National Ballet of Brasil. 1968 wurde Martin Luther King ermordet. Und Arthur Michel kehrte zurück nach Harlem, wo er geboren war. Hier, so glaubte er, sei sein Platz. Er bat seinen ehemaligen Lehrer Karel Shook, der zu dieser Zeit Ballettmeister des Holländischen Nationalballetts war, mit ihm zusammen schwarze Kinder in klassischem Tanz zu unterrichten und eine Kompanie aufzubauen. Sie begannen mit 30 Kindern, zwei Monate später waren es schon 400. Die Besten kamen ins Dance Theatre of Harlem. Zum ersten Mal gab es eine klassische Tanzkompanie, die zeigte, dass klassisches Ballett keine Domäne der Weißen war. Ende der 60er-Jahre war das eine Sensation.
"Ich habe mein ganzes Leben trainiert, um Balletttänzerin zu werden. Und als ich so weit war, schaute ich mich nach einer Stelle um. Und man sagte mir, weißt Du nicht, dass es keine schwarzen Balletttänzerinnen gibt?"
Erinnert sich Virginia Johnson. 2004 musste diese Schule schließen und es gab auch kein Geld mehr für die Tänzer. Das Dance Theatre of Harlem war tief verschuldet. Im vergangenen Jahr hatte Virginia Johnson, die künstlerische Direktorin, Tänzer vortanzen lassen, 18 ausgesucht und die Kompanie wiederauferstehen lassen.
2013 muss man sich natürlich fragen, ob eine klassische schwarze Tanzgruppe noch ihre Berechtigung hat. Im Dance Theatre of Harlem tanzen nicht nur Schwarze. Doch noch immer gibt es in den großen amerikanischen Kompanien nicht annähernd so viele schwarze Tänzer wie Weiße. Deshalb begreift sich das Dance Theatre of Harlem bis heute als nicht nur als Tanzkompanie: Es begreift sich als Message, als Botschaft.