Die Themen sind vielfältig: Wie leben die so genannten "Unberührbaren", die Dalits, in Indien? Wie werden unbekannte Spezies entdeckt? Oder was passiert mit dem Salton-See, einem ehemaligen kalifornischen Ausflugsziel, das langsam versalzt? Solche Fragen versucht "Symbolia", das erste journalistische Comic-Magazin fürs Tablet, zu beantworten. Nicht nur mit illustrierten oder komplett gezeichneten Storys und Reportagen. Sondern auch mit interaktivem Zusatzmaterial, das die Leser nach Belieben aufrufen können und das die Geschichten lebendiger und hintergründiger machen soll. Dazu zählen Musik, Statistiken, Geräusche oder Sprachaufnahmen der Protagonisten – aber auch historisches Material wie dieser 50er-Jahre Werbeclip für den Salton-See, an dem die Bewohner heute ums Überleben kämpfen.
"Here is truly a miracle of the desert: a whole new outlet for the crowded millions of the cities, a Palm Springs with water. Here is where you can find the good life in the sun."
Die Reportage über den Niedergang des Salton-Sees erschien Anfang Dezember in der ersten Ausgabe von "Symbolia". Darin waren insgesamt fünf unterschiedlich lange Storys zu lesen, die sich alle mit dem Oberthema "How we survive" - wie wir überleben – beschäftigten. Die aktuelle zweite Ausgabe des Comic-Magazins versammelt vier Berichte unter dem Oberthema "We don't belong", also "Wir gehören nicht dazu". Zusammengestellt von der Illustratorin Joyce Rice und der Journalistin Erin Polgreen. Die 30-jährige Polgreen fungiert als Chefredakteurin und Herausgeberin, denn das Magazin war ihre Idee. Schon als Teenager hat sie zu Hause in Minnesota in einem Comic-Laden gejobbt und bis heute liest sie leidenschaftlich gern gezeichnete oder animierte Geschichten, egal ob auf Papier oder online. Dabei fiel ihr vor ein paar Jahren etwas auf, sagt Polgreen:
"Ich bemerkte eine neue Generation von Künstlern, deren Werke kulturelle Grenzen überschritten: Sie verfolgten einen journalistischen Ansatz, sie waren verfasst wie eine Reportage oder ein Bericht, und manche Künstler recherchierten sogar die Fakten für ihre Geschichten nach. Das lief richtig erfolgreich online. Und dann legte ich mir ein iPad zu und hatte ein Aha-Erlebnis: Ich sah die großartige Möglichkeit, auf Tablets komplizierte Geschichten ganz neu zu erzählen."
Neu ist die Kombination von Zeichnungen und Journalismus zwar nicht – schließlich waren schon Zeitungen des 18. Jahrhunderts mit satirischen Cartoons illustriert. Aber ein Newsmagazin in Comic-Form und interaktiv fürs Tablet: Das gab es noch nicht. Damit will sich Polgreen auch vom heutigen Nachrichtenjournalismus abheben. Denn der bombardiert ihrer Meinung nach das Publikum oft nur noch mit Schlagzeilen. Deshalb richte sich "Symbolia" an Leser, die sie "a new generation of newshound" nennt:
"Ich möchte eine neue Generation von Konsumenten ansprechen, die nicht nur die Schlagzeile will, sondern auch unter die Oberfläche schaut. Diese Leser wollen die Geschichte und sie wollen die Welt, aus der sie kommt, wirklich verstehen."
Das will sie mit dem so genannten "Illustrated Journalism" verstärken. Dieses Genre hat Polgreen in einem Zitat einmal so beschrieben:
"Mit 'Illustrated Journalism' meine ich nicht nur, schöne Bilder zu den Nachrichten zu stellen. Es geht darum, in lange investigative Berichte Comics einzubauen, oder Infografiken und andere interaktive Elemente. Damit kann man eine sehr visuelle Nachrichten-Erfahrung schaffen, wie es sie noch nie gegeben hat. Im Grunde verwandeln wir Nachrichten in Kunst."
Das schafft zum Beispiel Sarah Glidden. Sie berichtet in "Symbolia" als Reporterin darüber, wie sie auf einer Reise in den Nordirak das Leben der Menschen wahrnimmt. Skizziert, wie mit schwarzem Füller auf weißem Büttenpapier, schnörkellos, mit viel Rand, der Raum zum Nachdenken lässt. Auch Dan Carino hat wie Glidden seine Story nicht nur selbst geschrieben, sondern auch gezeichnet. Eine durchgängig düster kolorierte Reportage darüber, wie es den Dalits in Indien ergeht – also den "Unberührbaren". In seine grob schraffierten Bilder baut er kunstvoll Schwarz-Weiß-Fotos ein, die er von den Menschen gemacht hat. Das wirkt wie aufblitzende Fenster zur Realität und lässt die Story beim Leser tiefer wirken. Da ist "Symbolia" stark. Oder auch bei Susie Cagle, die ihre Reportage über den Salton-See mit vielen Geräuschen und Sprachaufnahmen anreichert.
Schwächer sind die Storys, die nur mit ein paar Comic-Bildern illustriert sind. Da fragt man sich, ob die nicht auch mit Fotos anstelle von Zeichnungen fast genauso in einem gedruckten Nachrichtenmagazin hätten stehen können. Das Konzept der "Symbolia"-Macherinnen geht also zwar auf – aber eben nicht bei allen Storys der ersten beiden Ausgaben.
Mehr zum Thema:
Symbolia- Comic-Nachrichtenmagazin
"Here is truly a miracle of the desert: a whole new outlet for the crowded millions of the cities, a Palm Springs with water. Here is where you can find the good life in the sun."
Die Reportage über den Niedergang des Salton-Sees erschien Anfang Dezember in der ersten Ausgabe von "Symbolia". Darin waren insgesamt fünf unterschiedlich lange Storys zu lesen, die sich alle mit dem Oberthema "How we survive" - wie wir überleben – beschäftigten. Die aktuelle zweite Ausgabe des Comic-Magazins versammelt vier Berichte unter dem Oberthema "We don't belong", also "Wir gehören nicht dazu". Zusammengestellt von der Illustratorin Joyce Rice und der Journalistin Erin Polgreen. Die 30-jährige Polgreen fungiert als Chefredakteurin und Herausgeberin, denn das Magazin war ihre Idee. Schon als Teenager hat sie zu Hause in Minnesota in einem Comic-Laden gejobbt und bis heute liest sie leidenschaftlich gern gezeichnete oder animierte Geschichten, egal ob auf Papier oder online. Dabei fiel ihr vor ein paar Jahren etwas auf, sagt Polgreen:
"Ich bemerkte eine neue Generation von Künstlern, deren Werke kulturelle Grenzen überschritten: Sie verfolgten einen journalistischen Ansatz, sie waren verfasst wie eine Reportage oder ein Bericht, und manche Künstler recherchierten sogar die Fakten für ihre Geschichten nach. Das lief richtig erfolgreich online. Und dann legte ich mir ein iPad zu und hatte ein Aha-Erlebnis: Ich sah die großartige Möglichkeit, auf Tablets komplizierte Geschichten ganz neu zu erzählen."
Neu ist die Kombination von Zeichnungen und Journalismus zwar nicht – schließlich waren schon Zeitungen des 18. Jahrhunderts mit satirischen Cartoons illustriert. Aber ein Newsmagazin in Comic-Form und interaktiv fürs Tablet: Das gab es noch nicht. Damit will sich Polgreen auch vom heutigen Nachrichtenjournalismus abheben. Denn der bombardiert ihrer Meinung nach das Publikum oft nur noch mit Schlagzeilen. Deshalb richte sich "Symbolia" an Leser, die sie "a new generation of newshound" nennt:
"Ich möchte eine neue Generation von Konsumenten ansprechen, die nicht nur die Schlagzeile will, sondern auch unter die Oberfläche schaut. Diese Leser wollen die Geschichte und sie wollen die Welt, aus der sie kommt, wirklich verstehen."
Das will sie mit dem so genannten "Illustrated Journalism" verstärken. Dieses Genre hat Polgreen in einem Zitat einmal so beschrieben:
"Mit 'Illustrated Journalism' meine ich nicht nur, schöne Bilder zu den Nachrichten zu stellen. Es geht darum, in lange investigative Berichte Comics einzubauen, oder Infografiken und andere interaktive Elemente. Damit kann man eine sehr visuelle Nachrichten-Erfahrung schaffen, wie es sie noch nie gegeben hat. Im Grunde verwandeln wir Nachrichten in Kunst."
Das schafft zum Beispiel Sarah Glidden. Sie berichtet in "Symbolia" als Reporterin darüber, wie sie auf einer Reise in den Nordirak das Leben der Menschen wahrnimmt. Skizziert, wie mit schwarzem Füller auf weißem Büttenpapier, schnörkellos, mit viel Rand, der Raum zum Nachdenken lässt. Auch Dan Carino hat wie Glidden seine Story nicht nur selbst geschrieben, sondern auch gezeichnet. Eine durchgängig düster kolorierte Reportage darüber, wie es den Dalits in Indien ergeht – also den "Unberührbaren". In seine grob schraffierten Bilder baut er kunstvoll Schwarz-Weiß-Fotos ein, die er von den Menschen gemacht hat. Das wirkt wie aufblitzende Fenster zur Realität und lässt die Story beim Leser tiefer wirken. Da ist "Symbolia" stark. Oder auch bei Susie Cagle, die ihre Reportage über den Salton-See mit vielen Geräuschen und Sprachaufnahmen anreichert.
Schwächer sind die Storys, die nur mit ein paar Comic-Bildern illustriert sind. Da fragt man sich, ob die nicht auch mit Fotos anstelle von Zeichnungen fast genauso in einem gedruckten Nachrichtenmagazin hätten stehen können. Das Konzept der "Symbolia"-Macherinnen geht also zwar auf – aber eben nicht bei allen Storys der ersten beiden Ausgaben.
Symbolia- Comic-Nachrichtenmagazin