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Computer erobern das Pantoffelkino

Seit Jahren genießen viele Zuschauer digitales Fernsehen über die obligate Settopbox, die Tendenz ist steigend. Weil es sich bei dem multimedialen Tausendsassa indes um einen Computer handelt, bekommt auch der PC quasi im Windschatten neuen Auftrieb. Vernetzung heißt hier das Zauberwort und soll in einem Gerät Audio, Video und Internet miteinander verquicken. Im Technisch-Wissenschaftlichen Forum der Internationalen Funkausstellung zeigt die Fraunhofer-Gesellschaft an einem Pilotprojekt, wie zukünftig Fernsehen und Internet aus der Sofa-Perspektive aussehen könnten.

    Schwarz sieht die Zukunft des digitalen Fernsehspaßes aus, glaubt man den Auguren des Fraunhofer Instituts für Offene Kommunikationssysteme in Berlin. Das liegt allerdings nicht an mangelnden Möglichkeiten der Technik, sondern vielmehr am schicken, wenn auch noch sehr schlichten Design des Prototypen, den die Berliner Forscher den Besuchern zeigen. Nicht einmal eine Anzeige bringt das Gerät mit, doch die benötigt es auch nicht, dient es doch vor allem zur Vernetzung anderer Endgeräte wie Fernseher, Stereoanlage und Videorekorder. Im schwarzen Gehäuse der so genannten Multimedia-Home-Plattform werkelt ein Rechner, erklärt Fraunhofer-Forscherin Angela Scheller: "Die Box arbeitet unter einem Linux-Betriebssystem und verfügt über einen Ethernet-Netzwerkanschluss, mit dem via DSL ein Rückkanal zu Anbietern von Programmen hergestellt werden kann und so interaktive Inhalte erschließt. Darüber hinaus kann das Netzwerk dazu dienen, mehrere Settopboxen miteinander zu koppeln.” So können beispielsweise Daten und Informationen wie etwa Fotos innerhalb eines solchen Netzes einfach anderen Nutzern zur Verfügung gestellt werden.

    Vision der Berliner Wissenschaftler ist vor allem, das Internet auch im Wohnzimmer bedienbarer als bisher zu machen. Dazu werden Inhalte aus dem Datennetz nicht nur auf dem Fernseher angezeigt, sondern auch besonders aufbereitet, um etwa eine unkomplizierte Navigation mit einer Fernsteuerung zu erlauben. Auch auf klobige Tastaturen soll dabei langfristig verzichtet werden. Herkömmlichen Videorekordern droht dabei möglicherweise der Garaus, denn ein integrierter DVD-Schreiber dient dem System als geräumiger Speicher für Hollywoodstreifen zu später Stunde. Alternativ dazu kann auch – ein weiterer Trend der IFA - eine großvolumige Festplatte verwendet werden, um Fernsehprogramme zu konservieren. Ein Nachteil dieser Methode ist allerdings der Mangel an Archivierungsmöglichkeiten: ist die Festplatte voll, dann muss ein Film einer neuen Aufnahme weichen. Allerdings bringt die Fraunhofer Entwicklung die nötigen Schnittstellen mit, um Mitschnitte auf andere Geräte zu übertragen.

    Ebenfalls dokumentiert die diesjährige Funkausstellung den Siegeszug der DVD als Nachfolger des Videorekorders, zumindest im Bereich der Wiedergabe. Bei der Aufnahme indes herrscht noch hinderliche Vielfalt der unterschiedlichen Systeme. Drei verschiedene Formate existieren derzeit, um Filme zu konservieren, doch sie sind untereinander nur bedingt kompatibel. Zwar ist dabei das so genannte DVD+RW-Format inzwischen am weitesten verbreitet und kann auch auf herkömmlichen DVD-Spielern wiedergegeben werden, doch kann es sich nicht zum alleinigen Standard durchsetzen. "DVD-Ram macht ganz eindeutig das Rennen, denn die vor erst zwei Jahren eingeführte DVD-Aufnahmetechnik wird heute von diesem Verfahren mit einem Marktanteil von rund 70 Prozent dominiert”, erklärt Peter Weber von Panasonic. Für den Endverbraucher ist dies kein großer Trost, denn DVD-Ram kann auf handelsüblichen Abspielern nicht verwendet werden. Allerdings gelobt die Industrie Besserung und kündigt Geräte an, die DVD-Ram lesen und beschreiben werden – wenn nicht vorher der DVD-Killer zuschlägt. Der steht mit Blue-Ray aber bereits vor den Toren. Das Nachfolgeverfahren zielt darauf ab, hochauflösendes Fernsehen in angemessener Länge auf einer Scheibe zu verewigen. Mittels neuer Lasertechnologie übertrifft Blue Ray herkömmliche Silberscheiben mit rund 20 Gigabyte um das Vierfache.

    [Quelle: Wolfram Koch]