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Computer gegen Handicaps

Unnötig zu sagen, dass auf der RehaCare 2004 Computer wieder einmal die alles beherrschenden Hilfsmittel für behinderte Menschen sind. Nötig zu erwähnen ist aber, dass ihre Dominanz in diesem Jahr keine wirklich umwerfenden Neuigkeiten hervorgebracht hat. Dafür sind viele verbesserte, nützliche und die Lebensqualität steigernde Hilfsmittel auf dem Markt, zum Beispiel für Blinde und Sehbehinderte.

Von Mirko Smiljanic |
    Eine Nürnberger Firma etwa präsentiert mit DIAL EASY ein sprachgesteuertes Telefonbuch. Einfach den Namen sagen und schon wird die Nummer gewählt. Wenn die Technik problemlos funktioniert, gehören mit Sicherheit auch Nichtbehinderte zu den Kunden! Optische und akustische Lesegeräte haben schon vor einem Jahr einen beachtlichen Standard erreicht.

    Sie sind mittlerweile bei einem Gewicht von vier Kilogramm angelangt, sind lüfterlos, das bedeutet, das Gerät macht überhaupt keinen Lärm mehr, wir haben keine Temperaturprobleme mehr wie es früher war. Das Gerät ist klein und kompakt und hat eine Fläche von zirka 30 mal 40 Zentimetern, die Höhe liegt bei zehn Zentimetern.

    Und erreichen zumindest bei aufwändigen Modellen - sagt Jürgen May, Geschäftsführer der Münchner Firma hedo Rehatechnik - eine beachtliche Bild- und Ausprachequalität. Als kleines Highlight bietet hedo zudem einen 1-Gigabyte-Speicherstik inklusive Sprachausgabe an, mit dem man sich 70 Stunden eingescannte Texte als MP3-Datei vorlesen lassen kann.

    Eine Halle weiter - am Stand der Siemens AG - stehen ebenfalls Computer im Mittelpunkt, allerdings beschäftigt man sich dort mit Multimediaterminals für Schwerstbehinderte. Computer, Fernsehen, Radio, Telefon bis hin zur Kaffeemaschine lassen sich mit schlichtem Pusten bedienen. Ingo Gilch:

    Ich simuliere jetzt mit dem Blasebalg die Atemluft, ich puste einmal, dann geht dieses Lauflicht nach oben, dann ein zweites Mal, dann geht's in die Vertikale über und ein drittes Mal ist zum Bestätigen, jetzt habe ich hier eines nach unten geschaltet.

    Dabei bleibt es keineswegs beim schlichten Ein- und Ausschalten einzelner Geräte, die Puste reicht auch fürs Surven durchs Internet. Auf eine spezielle Steuerung setzen auch Wissenschaftler am Lehrstuhl für Technische Informatik der RWTH Aachen: Sie haben einen Rollstuhl entwickelt, den allein die Mimik seines Benutzers lenkt. Dazu analysiert eine Bildverarbeitungssoftware den Gesichtsausdruck des Fahrers. Es reichen einzelne Merkmale wie die Gesichtshaltung, die Änderung der Blickrichtung, ein Lidschlag oder eine Veränderung des Mundbildes, um die Fahrfunktion oder Einstellungen anzusteuern. Welche Gesichtsbewegung ausschlaggebend ist, kann individuell, je nach Behinderung des Benutzers, eingestellt werden. Aufgenommen wird die Mimik durch eine handelsübliche Webcam, die ihre Bilder an ein normales Notebook weiter gibt.

    Ein anderes Steuerkonzept hat die Dresdner Firma "Computer für Behinderte" entwickelt. Auch hier reicht eine einzige Funktion, ein Schalter etwa, um den Rechner zu bedienen. Dr. Elisabeth Seveke.

    Auf meinem Bildschirm sind an allen Seiten Leuchtpfeile angeordnet, die die Richtung der Maus angeben sollen, zusätzlich ein Pfeil der den Klick dann machen soll, wenn ich an der richtigen Stelle bin. Ich kann die Pfeile beobachten und wenn der Pfeil in die gewünschte Richtung zeigt zum Beispiel nach oben, dann drücke ich meinen Schalter.

    Mit dieser Methode lässt sich der Cursor etwa über eine Bildschirmtastatur navigieren, um Texte zu schreiben. So etwas dauert lange, sagt Elisabeth Seveke:

    Aber ich habe hier eine Wortvorhersage, die mir hilft, ganze Worte, die ich schon mal geschrieben habe, schneller auszulösen, aber ich kann alles äußern, was ich möchte.

    Eine Technik, die SMS-Schreibern nicht unbekannt ist. Ein für hörgeschädigte Menschen interessantes Angebot hat die Hamburger Firma Gebärdenwerk entwickelt. Sie demonstriert, wie Texte in die Gebärdensprache umgewandelt und anschließend in eine Webseite eingefügt werden. Vor allem für hörgeschädigte junge Menschen ist das ein attraktives Angebot.