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Computer können nicht Auto fahren

Technik. - In den USA hat Militär-Forschungsbehörde DARPA damit begonnen, die Ergebnisse des Roboter-Wettbewerbs zu untersuchen, der am Wochenende ohne einen Sieger blieb: keines der Teilnehmer-Fahrzeuge war in der Lage, den vorgegebenen Kurs von 230 Kilometern über kalifornischen Wüstenboden zu bewältigen - die ausgesetzte Prämie von einer Million Dollar wird nicht vergeben. Auf der einen Seite habe die Wüste sich als eine zu große Herausforderung erwiesen, sagte DARPA-Sprecherin Jan Walker - andererseits aber sei man ermutigt über den großen Bereich neuer Technologien, die zum ersten Mal präsentiert wurden. Die Entscheidung der Behörde, innerhalb der nächsten beiden Jahren einen neuen Wettbewerb auszuschreiben, steht bereits fest.

Von Armin Amler |
    15 Fahrzeuge von ursprünglich über 100 registrierten Teilnehmern des Wettbewerbs qualifizierten sich überhaupt nur, um an dem Rennen teilzunehmen. Jegliche menschliche Mitwirkung bei der Steuerung war untersagt, der Weg reichte von der Barstow in der Nähe der Stadt Los Angeles bis Las Vegas in Nevada. Völlige Unabhängigkeit im Fahrstil und jede Menge neuer Ideen waren gefragt. Bis zum Jahre 2015 sollen Roboter-Vehikel in der Lage sein, auf gefährlichen Missionen keine menschlichen Fahrer mitzuführen. Doch nach weniger als zehn Prozent der vorgeschriebenen Strecke blieben die vollautomatischen Fahrzeuge alle im Sand der Wüste oder an Hindernissen stecken. Sogar der deutliche Favorit der Konkurrenz, ein umgebautes Militärfahrzeug des Herstellers Hummer, gebaut von Robotics-Experten der Carnegie-Mellon-Universität in Pittsburgh, US Staat Pennsylvania, blieb völlig chancenlos, obwohl er Unternehmen wie Boeing und Intel als Geldgeber - und über drei Millionen Dollar zur Verfügung gehabt hatte: zwar schaffte der Wagen verhältnismäßig schnell Geschwindigkeiten von über 30 Kilometern und Stunde, nach knapp 12 Kilometern kam das Gerät, sehr wirklichkeitsgetreu von seinen Job, von seinen Schöpfern "Sandstorm” genannt, aber dann auf einer sehr kurvenreichen, schwierigen Strecke von der Straße ab, blieb stecken, konnte sich nicht weiter bewegen. Es geschah, als "Sandstorm” versuchte, ein bergiges Gebiet auf der rechten Seite zu umsteuern, dann aber die eingebauten Kameras auf der linken Seite einen jähen Abgrund nicht bemerkten. Wäre die Unterseite des Fahrzeuges in dem sandigen Boden stecken geblieben, so hätte die Carnegie-Forschungsabteilung "Sandstorm” sogar ganz verloren - ein Absturz in die Tiefe hätte es dann wahrscheinlich zerstört.

    Zu dem Rest der Teilnehmer gehörte ein umgebautes Motorrad, so genannte Dune-Buggies und ein besonders leichtgewichtiges elektrisches Hybrid-Fahrzeug. Sie liefen sich an Felswänden fest oder blieben in Drahtzäunen hängen, die ihre Kameras nicht rechtzeitig als Hindernisse erkannten. Sieben der Fahrzeuge schafften es nicht einmal, das Startgebiet zu verlassen, ein Wagen überschlug sich gar - und ein weiterer Roboter hörte nicht auf, sich wild in Kreisen zu bewegen.

    Dennoch gab es interessante Denkansätze. Zu den Fahrzeugen, die die Aufmerksamkeit der Zuschauer auf sich zu, gehörte Seth Cabe’s Aluminium-Vehikel, das, leichtgewichtig und mit 10.000 Dollar recht preiswert, besonders für Testzwecke gut geeignet ist. Ein weiterer Erfinder stellte eine Reihe von automatischen Armen vor, die in schwierigen Situationen das Fahrzeug problemlos befreien können. Einer der prominentesten Teilnehmer des Rennens, Apple-Computer-Gründer Stephen Wozniak, hatte einen Satelliten-Truck vorzuführen, der ebenfalls - wie die Carnegie-Mellon-Schöpfung - auf einen Hummer-Fahrzeug basierte.

    13 Millionen Dollar hat DARPA bisher in den Wettbewerb gesteckt - und schätzungsweise 65 Millionen Dollar haben die einzelnen Teilnehmer für ihre Beiträge ausgegeben. LKW-Hersteller, Erfinder, mehrere Universitäten und Werkstätten mit geringeren finanziellen Möglichkeiten nahmen an den Ereignis teil.

    "Team Logic” hatte ein interessantes Konzept – der Name "Logic” steht für "Low Gas – High I.Q." – also wenig Spritverbrauch, hohe Intelligenz, die sich in erhöhter Kreativität auswirken soll. Dieses Team hat schon seit 11 Jahren Oberschülern dabei geholfen, für Schulprojekte leichte Mobile zu bauen, die sich mit Sonnenkraft vorwärts bewegen. Die DARPA-Konkurrenz war nach Ansicht des Entwicklungschefs eine ungewöhnliche Herausforderung, mit der zu beschäftigen sich aber trotzdem lohnte:

    Sie müssen Bremsen haben und besondere Räder und Radaufhängungen … es ist ein wichtiger Job. Aber wir haben schon fünf Solarfahrzeuge gebaut, und die Studenten sind durchaus in der Lage, so ein Vehikel von Anfang an zu entwickeln.

    Das "Cabe Composits Unmanned Vehicle”- das unbemannte Komposit-Vehikel 1.0 hat nur ungefähr 7000 Dollar gekostet – bei Carnegy-Mellon hat man ein Jahr lang jeden Tag diese Summe investiert. Wichtig für so ein Projekt, so Team Logic, sind große Räder – um Hindernisse praktisch ignorieren zu können:

    Das ist der Kopf für die Stereo-Vision .. wir haben zwei Kameras, damit bekommen wir zwei Images. Aus der Differenz der beiden Bild-Informationen können wir die Entfernung errechnen. Ein Lasersensor macht es möglich – und steuert das Hindernis-Umgehungssystem – das ist das Gehirn, das die Lenkung automatisch möglich macht.

    Bisher besitzt das US-Verteidigungsministerium lediglich einen LKW, der etwa sechs Kilometer weit mit einem Tempo von 20 Kilometern pro Stunde vollautomatisch fahren kann. Bei dieser Konkurrenz waren Geschwindigkeiten von über 65 Kilometern pro Stunde gefragt. Bereits in den vergangenen Monaten hatten selbst die Entwicklungsingenieure der Carnegie-Mellon-Universität daran gezweifelt, dass das Rennen ein Erfolg werden würde. Doch trotz der großen Enttäuschung gehen sowohl die DARPA-Veranstalter als auch die meisten Teilnehmer davon aus, dass die nächste Show, wahrscheinlich im Jahre 2006 aber möglicherweise auch schon im nächsten Jahr, wesentlich viel versprechender verlaufen wird. Man denkt daran, dass praktisch jeder zukünftige fahrbare Roboter die leichteren Strecken mühelos bewältigen wird - und das bessere Ausführungen vielleicht sogar die gesamte Strecke schaffen. - Zur Zeit denkt die Behörde daran, etwa 18 Monaten ein Ereignis unter dem Namen "Grand Challenge” anzusetzen, bei dem sogar ein Preis von Millionen ausgesetzt werden dürfte. Und ein weiteres spannendes Rennen hat der Internationalen Bund der Roboter-Rennfahrzeuge, schon seit einiger Zeit eine Herausforderung geplant, bei dem automatische Fahrgeräte aus der ganzen Welt teilnehmen können. Die Preise für dieses Vorhaben stehen allerdings noch nicht im Einzelnen fest.