Auf was könntest Du denn verzichten?
Auf ein Schwertamulett zum Beispiel. - Mm, was würdest Du dafür wollen?
Ein Kronenamulett? – Ich könnte Dir dafür ein Herzamulett geben.
Das will ich aber nicht; das kannst Du gerne haben, wenn Du möchtest.
Zwei Herzamulette. – Du kannst nur ein Herzamulett von mir haben, aber ich will trotzdem ein Kronenamulett haben.
Ein mit RFID-Funktechnologie ausgestattetes Spielbrett detektiert jeden Zug der Figuren, in deren Fuß ein Funkchip integriert ist. Das Brett ist die Schnittstelle zum Computer. Es erzeugt auf Wunsch beliebige neue Spielsituationen, die Spielbretter sind also dynamisch veränderbar. Die dabei immer aufs neue entstehenden Computerspiele werden hybrid genannt. Die mediale Vielseitigkeit der Computerspiele ist nämlich gekoppelt mit der direkten sozialen Interaktion traditioneller Brettspiele. Sich unterhalten, Streiten und Spaß haben in Darmstadt am Fraunhofer Institut für Integrierte Publikations- und Informationssysteme:
Das Interessante an den Kronenamulett für mich momentan ist, daß ich ja schon zwei davon habe. Und wenn ich vier davon habe, habe ich das Spiel gewonnen. Also, deshalb ist das so interessant für mich. - Und für mich genauso, denn ich habe die anderen beiden gefunden.
Über das Labor verteilt sind eine Stehlampe mit mehreren Ampeln, ein mannshoher Standventilator und eine großflächige Wandtafel. Solchen Gegenständen ist es zunächst gar nicht anzusehen, daß sie Teil einer aufwendig vernetzten Spielearchitektur sind. Aber betritt einer der Spieler eine Höhle mit einem Ungeheuer, geht plötzlich im Institutslabor das Licht aus, und vom Ventilator pfeift ein kühler Windhauch – Sinneseindrücke die das Spielen sehr realistisch machen und die bei den handelsüblichen Spielplattformen so konsequent noch nicht realisiert sind, sagt Carsten Magerkurth.
Einer der Spieler greift das Monster an, indem er zum Beispiel mit seinem Würfel würfelt. Es erscheint auf dem Bildschirm ein Blutfleck, und es gibt einen Schrei. Und jeder Spieler weiß, ‚Ah, offensichtlich hat er getroffen.’ Aber nur derjenige, der gerade tatsächlich auch angegriffen hat, sieht auf seinem privaten Monitor noch zusätzliche Informationen, nämlich zum Beispiel, wo genau er getroffen hat, in den Oberarm oder in den Fuß und wie viel Schaden das jetzt gemacht haben könnte.
Exklusive Eindrücke für jeden einzelnen, entscheidend für den Kampf miteinander und gegeneinander - gelegentlich verbreitet der Rechner auch gezielte Gerüchte, der Gegenspieler versuche gerade zu täuschen, oder er benötige nun dringend eine bestimmte Trophäe. Die sogenannte "Personal Aura" ist ein kleines, am Gürtel getragenes Gerät zur Mobilfunkübermittlung versteckter Informationen. Sie überträgt individualisierte und geheime Informationen über den Spielstand. Dazu dient auch "Infomail"; so heißt ein flaches Raumelement mit berührungsaktivem Display. Die SMS des persönlichen Handys spielt ebenfalls mit. Viele vorhandene Geräte sollen in den Spielespaß integriert werden. Schnell bekommt das Spielen so eine ungeahnte, schwer kalkulierbare soziale Dynamik, die als besonders intensiv empfunden wird. Der Rechner spielt die Spieler gegeneinander aus.
Und da entstehen dann soziale Situationen. Oft langt es auch, wenn der Computer eine gewisse Modifikation an der Spielsituation vornimmt, und der Rest ist dann tatsächlich eine in der sozialen Welt stattfindende Situation, die gar nicht mehr mit dem Computer zu tun haben muß. Da gibt es dann tatsächlich gewisse Strategien, die besonders erfolgreich sind. Im Endeffekt hat sich da durchgesetzt eine ‚Tit-for-Tat’-Strategie, das heißt wenn der andere gut zu mir ist und ich glaube, er ist gut zu mir, dann bin ich am besten auch gut zu ihm. Und wenn er mich betrügt, dann betrüge ich ihn auch.
Das Spielbrett vernetzt sich selbständig mit gefundenen, bereits in der Wohnung vorhandenen Geräten. Ubiquitous and Disappearing Computing –so heißt das Konzept; im Idealfall sollen die Nutzer den technischen Aufwand im Hintergrund also gar nicht bemerken. Die virtuelle, die soziale und die physikalische Welt verschmelzen. Unsichtbare, allgegenwärtige Computer versorgen die Nutzer mit den dazu notwendigen Informationen.