Schon im ersten Satz seines Vorwortes versucht der Autor, offenbar in weiser Selbsterkenntnis von schlechtem Gewissen getrieben, sich zu entschuldigen. Eine Biografie Saddam Husseins zu schreiben, komme dem Versuch gleich, Beweise gegen einen berüchtigten Schwerverbrecher zu sammeln. Dieser Versuch, das sei schon vorweg geurteilt, ist dem britischen Journalisten Con Coughlin gründlich misslungen, auch wenn er darauf hinweist, die meisten wichtigen Zeugen seien entweder ermordet worden oder wagten nicht zu sprechen. Hier hätte vermutlich jeder Kriminalist die Ermittlungen eingestellt oder aber andere Beweismittel angeführt. Der Chefredakteur der konservativen britischen Zeitung "Sunday Telegraph" indessen liefert zuhauf fragwürdige Indizien, Legenden, Vermutungen und abenteuerlich subjektive Rückschlüsse. Er strickt somit eine Räuberpistole zusammen, die sicherlich gut in das Meinungsspektrum der offiziellen angelsächsischen Anti-Saddam-Koalition passt, sich auch durchaus spannend liest, jedoch kaum geeignet ist, ein objektives Bild über einen der berüchtigsten Diktatoren der Gegenwart zu liefern.
Es beginnt schon mit der Schilderung über Saddams Herkunft. Coughlin weiß nicht mehr als eine ärmliche Lehmhütte in irgend einem nordirakischen Dorf zu orten. Auch das Geburtsdatum bleibt nebulös. Etwas oft kommt der Begriff "vielleicht" im Manuskript vor oder der Autor flüchtet gleich in den unverbindlichen Konjunktiv. Vielleicht sei Saddam ja am 28. April 1937 geboren, denn diesen Tag habe er sogar zum Nationalfeiertag erklärt. Er könne aber auch schon bereits 1935 das Licht der Welt erblickt haben, während andere Zweifler behaupteten, er sei erst 1939 zur Welt gekommen. Wörtliche Begründung des Autors: "Erklärt wird das vielleicht durch die Tatsache, dass der gesamte Vorgang der Registrierung von Geburten, Hochzeiten und Todesfällen stark vereinfacht wurde." Und in diesem Stil geht es praktisch über 500 Seiten weiter. Natürlich hat Saddam keine ordentliche Familie, sei vom Stiefvater misshandelt, wenn nicht sogar sexuell missbraucht worden, seine Mutter sei möglicherweise eine Dorfhure gewesen, was kann dabei schon anderes herauskommen als ein blutrünstiges Monster, das bis auf den heutigen Tag die Welt bedroht.
Das Leben zu Hause war zwar schwierig, aber als der junge Saddam den unerwünschten Aufmerksamkeiten seines Stiefvaters endlich entkam, erging es ihm auch nicht viel besser. Im Dorf glaubte man im Allgemeinen, der Junge sei vaterlos, eine Annahme, der Hassan wohl kaum widersprochen hat. Daher wurde Saddam von den anderen Kindern gnadenlos gehänselt und oft auch verprügelt. Er wurde so schlimm drangsaliert, dass er sich angewöhnte, zur Verteidigung einen Eisenstab mitzunehmen, wenn er sich aus dem Haus wagte. Einer Legende nach amüsierte Saddam sich oftmals damit, den Stock auf ein Feuer zu legen und ihn, sobald die Hitze ihn glühend rot gefärbt hatte, einem vorbeikommenden Tier in den Bauch zu stoßen. Saddam war später von grässlichen Torturen in Folterkammern fasziniert, was dieser Geschichte eine gewisse Glaubwürdigkeit verleiht. Er war so einsam, dass die einzige Kreatur, die ihm wirklich etwas bedeutete, sein Pferd war. Dieses Pferd liebte Saddam so sehr, dass er beim Tod des Tieres nach eigenen Angaben über eine Woche seine Hand nicht bewegen konnte.
Ich will mir ersparen, weitere Einzelheiten dieser phantasievollen Kindheitsschilderung zu erwähnen. Viel interessanter ist der politische Werdegang des heranwachsenden Saddam Hussein, der schon in seiner Jugend der sogenannten Baath-Partei beitritt, deren Ziel es ist, selbst die Macht an sich zu reißen. Saddam Hussein, angeblich ein grausamer Bauerntölpel, schafft es binnen weniger Jahre, über die Position des Sicherheitschefs zum irakischen Präsidenten aufzusteigen. Dass er dann bereits 1980 den soeben von den Ayatollahs okkupierten Iran angreift, übrigens mit gewaltiger Unterstützung der Vereinigten Staaten, passt ebenso ins Bild wie die Schilderung eines bis ins kleinste organisierten Polizeistaates.
Unter Saddams Führung richteten die Baathisten ein alle Bereiche umfassendes Netz ein, mit dem die Aktivitäten über Regierungsbeamten überwacht wurden. Wie zur Überwachung der Streitkräfte wurden auch den Regierungsämtern zivile Kommissare zugeordnet, um die Minister und Beamten auszuspionieren. Sie hatten meist eine akademische Ausbildung und genossen das Vertrauen der Baath-Partei, der sie auch angehörten. Sie lieferten Berichte sowohl über das Verhalten der Minister selbst als auch über das ihrer beruflichen und sozialen Kontakte. Außerdem wurden die Beamten durch einen zweiten Ring von Informanten überwacht, die als Sekretärinnen oder Boten arbeiteten. Der gesamte Telefon- und Postverkehr wurde ausgewertet, so dass alle Regierungsbeamten sich an eine Atmosphäre der totalen Überwachung gewöhnen mussten. "Vom ersten Tag an waren die Baathisten versessen darauf, Abhörgeräte jeder nur erdenklichen Art zu kaufen", erinnerte sich ein hochrangiger Beamter. "Sie besorgten sich die modernsten Geräte aus Ländern wie Deutschland. Sie waren überzeugt davon, dass sich alle und jeder gegen sie verschwören würde, wenn sie nichts dagegen unternahmen. Wir lernten schnell, dass wir überall beobachtet wurden und dass wir jedes Mal, wenn wir den Hörer abnahmen, abgehört wurden.
Pikantes Detail übrigens: Mitte der 80er Jahre traf ausgerechnet der jetzige US-Verteidigungsminister Rumsfeld mit Saddam Hussein zusammen, um gemeinsame Interessen abzugleichen. Offenbar gestützt von den USA, war sich Saddam Hussein seiner Machtposition so bewusst, dass er ungestraft ein Schreckensregime installieren konnte.
Saddams Verhalten wurde zunehmend irrational, und das nicht nur auf militärischem Gebiet. Mitte der achtziger Jahre wurde berichtet, er habe seinen Außenminister Hamed al-Jubari entlassen, nachdem er zweimal im Büro des Ministers angerufen und niemanden erreicht hatte. In der Annahme, er sei zu spät zur Arbeit erschienen, entließ Saddam den Minister auf der Stelle. Er weigerte sich sogar, seine Entscheidung rückgängig zu machen, als der Minister ihm mitteilte, er habe auf dem Flughafen von Bagdad eine offizielle Delegation begrüßt. Ungeachtet der Bestechlichkeit seiner eigenen Familie hatte Saddam eine umfassende Antikorruptionskampagne gegen Iraker eingeleitet, die beschuldigt wurden, gegen Schmiergelder Regierungsaufträge zu vergeben. Seit den siebziger Jahren hatten die Baathisten Korruption als schweres Vergehen geahndet, doch während des Booms Ende der siebziger und Anfang der achtziger Jahre war gegenüber irakischen Unternehmern, die bei Großaufträgen mit Schmiergeldern von ausländischen Firmen ein Vermögen verdienten, meist ein Auge zugedrückt worden. Im Zuge der Sparmaßnahmen Mitte der achtziger Jahre aktivierte Saddam jedoch viele Antikorruptionsgesetze wieder. Im Zuge dieser Maßnahmen wurde Abdul Wahab Mufti, der Nachfolger von Khairallah Tulfah als Bürgermeister von Bagdad, beschuldigt, er habe Bestechungsgelder von einer britischen Firma für Müllfahrzeuge und Löschzüge angenommen. Er wurde hingerichtet.
Doch auch hier, das sei angemerkt, bleibt der Autor Quellen und genaue Beweisführung schuldig, wenngleich die Tatsache der Ermordung prominenter Parteigänger unstrittig ist. All diese Untaten indessen Saddam Hussein persönlich in die Schuhe zu schieben, scheint ein wenig simpel gestrickt, nach dem Motto, hier habe ein ganz schlimmer Finger die Axt des Bösen geführt. Und so ist es natürlich logisch, dass dieser übergeschnappte Diktator in eine pathologische Hybris verfallen muss, die ihn unter anderem dazu bringe, wie der Autor vom Hörensagen weiß, mindestens 20 Paläste zu unterhalten, an denen täglich für ihn drei verschiedene Mahlzeiten angerichtet werden müssten. Wo der Diktatur jedoch dann geruhe zu speisen, wisse niemand, aber sicher sei, dass ein Heer von Vorkostern die Gerichte vorschmecken müsse. Auch hier natürlich alles nach der Wahrscheinlichkeitsmethode recherchiert.
Wie Hitler glaubte auch Saddam mit fortschreitendem Alter zunehmend an die Vorsehung. Hitler hatte die Hinweise seiner Generäle ignoriert, dass das Dritte Reich dem Untergang geweiht sei. Auch Saddam lehnte es selbst angesichts der katastrophalen Folgen der Operation Desert Storm noch ab, die Niederlage des Irak einzugestehen. Mit sechzig Jahren hatte er sich weiter von der Realität entfernt als je zuvor. Zweifellos hatten das ständige Umherziehen von einem Palast zum anderen und die Tatsache, dass er nie jemandem, nicht einmal seiner eigenen Familie, im Voraus sagen konnte, wo er sich als Nächstes aufhalten würde, ihren psychischen Tribut gefordert. Bei den seltenen Gelegenheiten, bei denen er Zeit fand, über sein Leben nachzudenken, dürften ihn die blutigen Gestalten ermordeter Freunde wie Abdul Karim al-Shaikhly oder Adnan Khairallah heimgesucht haben. Und auch seiner einst glücklichen Familie brachte sein "Erfolg" Zerstörung - seine Frau und zwei Töchter trennten sich von ihm, zwei Schwiegersöhne wurden ermordet, und ein Sohn wurde psychotisch, ganz zu schwiegen von den pathologischen Tendenzen anderer Verwandter Saddams, zum Beispiel Ali Hassal al-Majids und seiner Halbbrüder Barzan, Watban und Sabwi.
Und so präsentiert uns der sogenannte Biograph unter dem Deckmantel der objektiven Darstellung ein Buch mit einem äußerst geringen Informationswert. Es ist allzu durchsichtig, dass ihm hier die tagespolitische Opportunität die Feder geführt hat. Schade, dass hier die einmalige Chance vertan wurde, mit einer seriösen und nachprüfbaren Biografie das Psychogramm eines Diktators zu liefern, der offenbar so gefährlich ist, dass die einzig existierende Supermacht dieser Welt ihm den Kampf angesagt hat. Auch nach dieser Lektüre wird nicht deutlicher, warum das so sein muss. Denn grausame Tyrannen vom Schlage eines Saddam Husseins gibt es auf dieser Welt wahrlich genug.
Es beginnt schon mit der Schilderung über Saddams Herkunft. Coughlin weiß nicht mehr als eine ärmliche Lehmhütte in irgend einem nordirakischen Dorf zu orten. Auch das Geburtsdatum bleibt nebulös. Etwas oft kommt der Begriff "vielleicht" im Manuskript vor oder der Autor flüchtet gleich in den unverbindlichen Konjunktiv. Vielleicht sei Saddam ja am 28. April 1937 geboren, denn diesen Tag habe er sogar zum Nationalfeiertag erklärt. Er könne aber auch schon bereits 1935 das Licht der Welt erblickt haben, während andere Zweifler behaupteten, er sei erst 1939 zur Welt gekommen. Wörtliche Begründung des Autors: "Erklärt wird das vielleicht durch die Tatsache, dass der gesamte Vorgang der Registrierung von Geburten, Hochzeiten und Todesfällen stark vereinfacht wurde." Und in diesem Stil geht es praktisch über 500 Seiten weiter. Natürlich hat Saddam keine ordentliche Familie, sei vom Stiefvater misshandelt, wenn nicht sogar sexuell missbraucht worden, seine Mutter sei möglicherweise eine Dorfhure gewesen, was kann dabei schon anderes herauskommen als ein blutrünstiges Monster, das bis auf den heutigen Tag die Welt bedroht.
Das Leben zu Hause war zwar schwierig, aber als der junge Saddam den unerwünschten Aufmerksamkeiten seines Stiefvaters endlich entkam, erging es ihm auch nicht viel besser. Im Dorf glaubte man im Allgemeinen, der Junge sei vaterlos, eine Annahme, der Hassan wohl kaum widersprochen hat. Daher wurde Saddam von den anderen Kindern gnadenlos gehänselt und oft auch verprügelt. Er wurde so schlimm drangsaliert, dass er sich angewöhnte, zur Verteidigung einen Eisenstab mitzunehmen, wenn er sich aus dem Haus wagte. Einer Legende nach amüsierte Saddam sich oftmals damit, den Stock auf ein Feuer zu legen und ihn, sobald die Hitze ihn glühend rot gefärbt hatte, einem vorbeikommenden Tier in den Bauch zu stoßen. Saddam war später von grässlichen Torturen in Folterkammern fasziniert, was dieser Geschichte eine gewisse Glaubwürdigkeit verleiht. Er war so einsam, dass die einzige Kreatur, die ihm wirklich etwas bedeutete, sein Pferd war. Dieses Pferd liebte Saddam so sehr, dass er beim Tod des Tieres nach eigenen Angaben über eine Woche seine Hand nicht bewegen konnte.
Ich will mir ersparen, weitere Einzelheiten dieser phantasievollen Kindheitsschilderung zu erwähnen. Viel interessanter ist der politische Werdegang des heranwachsenden Saddam Hussein, der schon in seiner Jugend der sogenannten Baath-Partei beitritt, deren Ziel es ist, selbst die Macht an sich zu reißen. Saddam Hussein, angeblich ein grausamer Bauerntölpel, schafft es binnen weniger Jahre, über die Position des Sicherheitschefs zum irakischen Präsidenten aufzusteigen. Dass er dann bereits 1980 den soeben von den Ayatollahs okkupierten Iran angreift, übrigens mit gewaltiger Unterstützung der Vereinigten Staaten, passt ebenso ins Bild wie die Schilderung eines bis ins kleinste organisierten Polizeistaates.
Unter Saddams Führung richteten die Baathisten ein alle Bereiche umfassendes Netz ein, mit dem die Aktivitäten über Regierungsbeamten überwacht wurden. Wie zur Überwachung der Streitkräfte wurden auch den Regierungsämtern zivile Kommissare zugeordnet, um die Minister und Beamten auszuspionieren. Sie hatten meist eine akademische Ausbildung und genossen das Vertrauen der Baath-Partei, der sie auch angehörten. Sie lieferten Berichte sowohl über das Verhalten der Minister selbst als auch über das ihrer beruflichen und sozialen Kontakte. Außerdem wurden die Beamten durch einen zweiten Ring von Informanten überwacht, die als Sekretärinnen oder Boten arbeiteten. Der gesamte Telefon- und Postverkehr wurde ausgewertet, so dass alle Regierungsbeamten sich an eine Atmosphäre der totalen Überwachung gewöhnen mussten. "Vom ersten Tag an waren die Baathisten versessen darauf, Abhörgeräte jeder nur erdenklichen Art zu kaufen", erinnerte sich ein hochrangiger Beamter. "Sie besorgten sich die modernsten Geräte aus Ländern wie Deutschland. Sie waren überzeugt davon, dass sich alle und jeder gegen sie verschwören würde, wenn sie nichts dagegen unternahmen. Wir lernten schnell, dass wir überall beobachtet wurden und dass wir jedes Mal, wenn wir den Hörer abnahmen, abgehört wurden.
Pikantes Detail übrigens: Mitte der 80er Jahre traf ausgerechnet der jetzige US-Verteidigungsminister Rumsfeld mit Saddam Hussein zusammen, um gemeinsame Interessen abzugleichen. Offenbar gestützt von den USA, war sich Saddam Hussein seiner Machtposition so bewusst, dass er ungestraft ein Schreckensregime installieren konnte.
Saddams Verhalten wurde zunehmend irrational, und das nicht nur auf militärischem Gebiet. Mitte der achtziger Jahre wurde berichtet, er habe seinen Außenminister Hamed al-Jubari entlassen, nachdem er zweimal im Büro des Ministers angerufen und niemanden erreicht hatte. In der Annahme, er sei zu spät zur Arbeit erschienen, entließ Saddam den Minister auf der Stelle. Er weigerte sich sogar, seine Entscheidung rückgängig zu machen, als der Minister ihm mitteilte, er habe auf dem Flughafen von Bagdad eine offizielle Delegation begrüßt. Ungeachtet der Bestechlichkeit seiner eigenen Familie hatte Saddam eine umfassende Antikorruptionskampagne gegen Iraker eingeleitet, die beschuldigt wurden, gegen Schmiergelder Regierungsaufträge zu vergeben. Seit den siebziger Jahren hatten die Baathisten Korruption als schweres Vergehen geahndet, doch während des Booms Ende der siebziger und Anfang der achtziger Jahre war gegenüber irakischen Unternehmern, die bei Großaufträgen mit Schmiergeldern von ausländischen Firmen ein Vermögen verdienten, meist ein Auge zugedrückt worden. Im Zuge der Sparmaßnahmen Mitte der achtziger Jahre aktivierte Saddam jedoch viele Antikorruptionsgesetze wieder. Im Zuge dieser Maßnahmen wurde Abdul Wahab Mufti, der Nachfolger von Khairallah Tulfah als Bürgermeister von Bagdad, beschuldigt, er habe Bestechungsgelder von einer britischen Firma für Müllfahrzeuge und Löschzüge angenommen. Er wurde hingerichtet.
Doch auch hier, das sei angemerkt, bleibt der Autor Quellen und genaue Beweisführung schuldig, wenngleich die Tatsache der Ermordung prominenter Parteigänger unstrittig ist. All diese Untaten indessen Saddam Hussein persönlich in die Schuhe zu schieben, scheint ein wenig simpel gestrickt, nach dem Motto, hier habe ein ganz schlimmer Finger die Axt des Bösen geführt. Und so ist es natürlich logisch, dass dieser übergeschnappte Diktator in eine pathologische Hybris verfallen muss, die ihn unter anderem dazu bringe, wie der Autor vom Hörensagen weiß, mindestens 20 Paläste zu unterhalten, an denen täglich für ihn drei verschiedene Mahlzeiten angerichtet werden müssten. Wo der Diktatur jedoch dann geruhe zu speisen, wisse niemand, aber sicher sei, dass ein Heer von Vorkostern die Gerichte vorschmecken müsse. Auch hier natürlich alles nach der Wahrscheinlichkeitsmethode recherchiert.
Wie Hitler glaubte auch Saddam mit fortschreitendem Alter zunehmend an die Vorsehung. Hitler hatte die Hinweise seiner Generäle ignoriert, dass das Dritte Reich dem Untergang geweiht sei. Auch Saddam lehnte es selbst angesichts der katastrophalen Folgen der Operation Desert Storm noch ab, die Niederlage des Irak einzugestehen. Mit sechzig Jahren hatte er sich weiter von der Realität entfernt als je zuvor. Zweifellos hatten das ständige Umherziehen von einem Palast zum anderen und die Tatsache, dass er nie jemandem, nicht einmal seiner eigenen Familie, im Voraus sagen konnte, wo er sich als Nächstes aufhalten würde, ihren psychischen Tribut gefordert. Bei den seltenen Gelegenheiten, bei denen er Zeit fand, über sein Leben nachzudenken, dürften ihn die blutigen Gestalten ermordeter Freunde wie Abdul Karim al-Shaikhly oder Adnan Khairallah heimgesucht haben. Und auch seiner einst glücklichen Familie brachte sein "Erfolg" Zerstörung - seine Frau und zwei Töchter trennten sich von ihm, zwei Schwiegersöhne wurden ermordet, und ein Sohn wurde psychotisch, ganz zu schwiegen von den pathologischen Tendenzen anderer Verwandter Saddams, zum Beispiel Ali Hassal al-Majids und seiner Halbbrüder Barzan, Watban und Sabwi.
Und so präsentiert uns der sogenannte Biograph unter dem Deckmantel der objektiven Darstellung ein Buch mit einem äußerst geringen Informationswert. Es ist allzu durchsichtig, dass ihm hier die tagespolitische Opportunität die Feder geführt hat. Schade, dass hier die einmalige Chance vertan wurde, mit einer seriösen und nachprüfbaren Biografie das Psychogramm eines Diktators zu liefern, der offenbar so gefährlich ist, dass die einzig existierende Supermacht dieser Welt ihm den Kampf angesagt hat. Auch nach dieser Lektüre wird nicht deutlicher, warum das so sein muss. Denn grausame Tyrannen vom Schlage eines Saddam Husseins gibt es auf dieser Welt wahrlich genug.