Jörg Biesler: Copy and paste - so heißt die saloppe Formel zum Plagiieren im Fachenglisch, kopieren und einfügen. Das ist nicht so selten bei Hausarbeiten und akademischen Schriften insgesamt, aber es ist natürlich nicht in Ordnung, wenn die Ausschnitte nicht als Zitat gekennzeichnet sind, sondern als eigene Leistung ausgegeben werden. Debora Weber-Wulff ist Professorin für Medien und Computer an der Fachhochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin und sie ist Expertin für Plagiate und die Möglichkeiten, sie aufzudecken. Guten Tag, Frau Weber-Wulff.
Debora Weber-Wulff: Guten Tag.
Biesler: Sie kommen gerade von einer Plagiatstagung in Großbritannien. Was waren da die wichtigsten Themen?
Weber-Wulff: Die haben sich mit sehr vielfältigen Fragen beschäftigt, insbesondere vielleicht einen Schritt weiter als das Plagiat, die Probleme mit diesen Datenbanken, wo Hausarbeiten gespeichert werden, weil die ja oft gar nicht als Plagiate erkannt werden können, weil sie ja nicht öffentlich zugänglich sind.
Die haben aber auch über Fragen gesprochen, wie man versuchen kann, Leute auszubilden und denen auch beizubringen, aufzuklären, was ist Plagiat. Weil: Sie haben auch festgestellt, in den Schulen wird es nicht unbedingt gelehrt, wie man richtig Arbeiten schreiben sollte. Ein weiteres wichtiges Thema war die Frage des Selbstplagiats, dass also viele Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen plagiieren sich selber immer wieder bei ihren eigenen Arbeiten. Und es war die Frage, wie man so etwas eigentlich vermeiden kann, erkennen kann und ob es überhaupt in Ordnung ist.
Biesler: Das heißt, viele wissen gar nicht, wann ist das ein Plagiat, was ich da jetzt gerade mache, und wann nicht. Und es gibt ein Problem, Sie haben es angesprochen, durch Datenbanken beispielsweise im Internet, die Hausarbeiten zum Beispiel in großer Zahl zur Verfügung stellen zu unterschiedlichen Themen. Da kann man dann recherchieren, da muss man ein bisschen was bezahlen und bekommt dann die Arbeit und kann sich darin bedienen.
Das sollte natürlich eigentlich sozusagen eine Informationsquelle sein und nicht etwas, wo man dann ganze Teile entnimmt. Aber was gibt es denn überhaupt für technische Möglichkeiten, solche Plagiate zu entdecken, die dann zum Beispiel durch das Internet zustande gekommen sind. Sie haben Ende des letzten Jahres ja mehr als ein Dutzend von solchen Systemen getestet.
Weber-Wulff: Ja genau, wir haben also 14 Systeme getestet, die versuchen, Plagiate zu erkennen. Letzten Endes können sie in den Texten selbst nichts erkennen, sondern sie können praktisch nur vergleichen mit ihren eigenen Datenbanken oder mit dem Internet. Und das Ergebnis war relativ ernüchternd. Also wir haben festgestellt, dass man genauso gut eine Münze werfen kann, um zu entscheiden, ob eine Arbeit plagiiert ist oder nicht.
Aber viel günstiger oder viel besser dabei ist der Dozent oder die Dozentin selber. Beim Lesen der Arbeit merkt man, komisch, komische Brüche, komische Stellen, man nimmt drei bis fünf Substantive aus dem Text heraus, tut sie in die Suchmaschine rein und hat relativ schnell einen Überblick, ob diese Stelle tatsächlich plagiiert ist oder nicht. Also es ist gar nicht Zeitaufwendig, so etwas selbst machen zu können. Und vor allem, das vermeidet das Problem, dass wir alle Studenten unter Generalverdacht stellen, Plagiatoren und Schummler zu sein. Und das finde ich ganz problematisch, weil: Die Wissenschaft sollte auf Ehrlichkeit aufgebaut sein.
Biesler: Das alte System, wenn ich merke, dass da im Textfluss irgendetwas nicht stimmt, dann bekomme ich vielleicht den Eindruck, der eine Teil ist von der Studierenden oder dem Studierenden formuliert worden, und der andere vielleicht nicht, der ist irgendwo abgeschrieben worden, weil er eine ganz andere Sprache hat.
Jetzt dieses neue System, was wir gerade vorgestellt haben im Beitrag, wo das Institut ProfNet in Münster in Aussicht stellt, in den nächsten drei Jahren die Plagiate an allen deutschen Hochschulen abzuschaffen - wie realistisch ist das denn eigentlich mit Blick auf das eben im Beitrag erklärte Verfahren, also die Arbeiten zu sammeln und gleichzeitig im Internet zu suchen?
Weber-Wulff: Also, es ist überhaupt nicht möglich, so etwas zu machen, weil Software prinzipiell bestimmte Arten von Plagiaten nicht erkennen kann. Wenn man von Büchern abschreibt, und diese Bücher nicht im Internet sind und auch nicht zitiert sind im Internet, wird man sie nicht mit so einem technischen Mittel finden können. Auch Übersetzungsplagiate sind relativ schwierig zu finden auf diese Art und Weise.
Wir haben auch in unserem Test eben festgestellt, dass diese Arten von Plagiaten prinzipiell nicht gefunden werden können. Aber es gibt ja auch weitere Probleme in diesem Sammeln von den Hausarbeiten von den Studierenden. Es reicht ja nicht aus, zu sagen in der Prüfungsordnung, die müssen. Wir haben ein Urheberrecht in Europa, und diesem Urheberrecht ist ganz klar geregelt, dass die Urheberschaft nicht aberkannt werden kann. Und der Urheber darf ja bestimmen, was mit der Arbeit getan wird.
Wir können die Leute nicht dazu zwingen, dass sie ihre Arbeiten irgendwelchen Firmen zur Verfügung stellen, damit die Firmen daraus Kapital schlagen können. Wenn sie das wollen, können sie das gerne. Aber wir können das nicht erzwingen, auch nicht durch irgendwelche Prüfungsordnungen.
Biesler: Das heißt, aus Ihrer Sicht ist dieses neue Verfahren nicht besser geeignet als das, was man schon immer konnte, nämlich aufmerksam lesen und dann, wenn man Zweifel hat, noch mal genauer recherchieren.
Weber-Wulff: Ja, das Verfahren gibt es ja bereits. Also das ist ja auch die Art und Weise, wie einige von den bereits am Markt vorhandene Systeme funktionieren oder eben nicht funktionieren. Aber ich finde es sehr wichtig, dass wir uns als Dozentinnen und Dozenten mit den Arbeiten unserer Studierenden auseinandersetzen. Ich verstehe, dass das ein Problem gibt in den Massenuniversitäten, wo auf irgendwelchen Gründen 200 Leute in der Lehrveranstaltung drin sind.
Aber das ist eine Sache, an die wir eigentlich herangehen müssen. Das hat nichts mehr mit Bildung zu tun, wenn so viele Leute sich in ein Seminar drängeln, dass man die Arbeiten nicht mehr lesen kann. Sondern wir sollten tatsächlich zuschauen, dass wir das hinbekommen, dass wir uns eins zu eins beschäftigen können mit den Studierenden und ihre Arbeiten auch tatsächlich lesen. Dann haben sie vielleicht auch ein bisschen mehr Lust, die zu schreiben.
Biesler: Professor Debora Weber-Wulff über die Möglichkeiten, Plagiate zu erkennen. Vielen Dank.
Weber-Wulff: Auf Wiederhören.
Debora Weber-Wulff: Guten Tag.
Biesler: Sie kommen gerade von einer Plagiatstagung in Großbritannien. Was waren da die wichtigsten Themen?
Weber-Wulff: Die haben sich mit sehr vielfältigen Fragen beschäftigt, insbesondere vielleicht einen Schritt weiter als das Plagiat, die Probleme mit diesen Datenbanken, wo Hausarbeiten gespeichert werden, weil die ja oft gar nicht als Plagiate erkannt werden können, weil sie ja nicht öffentlich zugänglich sind.
Die haben aber auch über Fragen gesprochen, wie man versuchen kann, Leute auszubilden und denen auch beizubringen, aufzuklären, was ist Plagiat. Weil: Sie haben auch festgestellt, in den Schulen wird es nicht unbedingt gelehrt, wie man richtig Arbeiten schreiben sollte. Ein weiteres wichtiges Thema war die Frage des Selbstplagiats, dass also viele Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen plagiieren sich selber immer wieder bei ihren eigenen Arbeiten. Und es war die Frage, wie man so etwas eigentlich vermeiden kann, erkennen kann und ob es überhaupt in Ordnung ist.
Biesler: Das heißt, viele wissen gar nicht, wann ist das ein Plagiat, was ich da jetzt gerade mache, und wann nicht. Und es gibt ein Problem, Sie haben es angesprochen, durch Datenbanken beispielsweise im Internet, die Hausarbeiten zum Beispiel in großer Zahl zur Verfügung stellen zu unterschiedlichen Themen. Da kann man dann recherchieren, da muss man ein bisschen was bezahlen und bekommt dann die Arbeit und kann sich darin bedienen.
Das sollte natürlich eigentlich sozusagen eine Informationsquelle sein und nicht etwas, wo man dann ganze Teile entnimmt. Aber was gibt es denn überhaupt für technische Möglichkeiten, solche Plagiate zu entdecken, die dann zum Beispiel durch das Internet zustande gekommen sind. Sie haben Ende des letzten Jahres ja mehr als ein Dutzend von solchen Systemen getestet.
Weber-Wulff: Ja genau, wir haben also 14 Systeme getestet, die versuchen, Plagiate zu erkennen. Letzten Endes können sie in den Texten selbst nichts erkennen, sondern sie können praktisch nur vergleichen mit ihren eigenen Datenbanken oder mit dem Internet. Und das Ergebnis war relativ ernüchternd. Also wir haben festgestellt, dass man genauso gut eine Münze werfen kann, um zu entscheiden, ob eine Arbeit plagiiert ist oder nicht.
Aber viel günstiger oder viel besser dabei ist der Dozent oder die Dozentin selber. Beim Lesen der Arbeit merkt man, komisch, komische Brüche, komische Stellen, man nimmt drei bis fünf Substantive aus dem Text heraus, tut sie in die Suchmaschine rein und hat relativ schnell einen Überblick, ob diese Stelle tatsächlich plagiiert ist oder nicht. Also es ist gar nicht Zeitaufwendig, so etwas selbst machen zu können. Und vor allem, das vermeidet das Problem, dass wir alle Studenten unter Generalverdacht stellen, Plagiatoren und Schummler zu sein. Und das finde ich ganz problematisch, weil: Die Wissenschaft sollte auf Ehrlichkeit aufgebaut sein.
Biesler: Das alte System, wenn ich merke, dass da im Textfluss irgendetwas nicht stimmt, dann bekomme ich vielleicht den Eindruck, der eine Teil ist von der Studierenden oder dem Studierenden formuliert worden, und der andere vielleicht nicht, der ist irgendwo abgeschrieben worden, weil er eine ganz andere Sprache hat.
Jetzt dieses neue System, was wir gerade vorgestellt haben im Beitrag, wo das Institut ProfNet in Münster in Aussicht stellt, in den nächsten drei Jahren die Plagiate an allen deutschen Hochschulen abzuschaffen - wie realistisch ist das denn eigentlich mit Blick auf das eben im Beitrag erklärte Verfahren, also die Arbeiten zu sammeln und gleichzeitig im Internet zu suchen?
Weber-Wulff: Also, es ist überhaupt nicht möglich, so etwas zu machen, weil Software prinzipiell bestimmte Arten von Plagiaten nicht erkennen kann. Wenn man von Büchern abschreibt, und diese Bücher nicht im Internet sind und auch nicht zitiert sind im Internet, wird man sie nicht mit so einem technischen Mittel finden können. Auch Übersetzungsplagiate sind relativ schwierig zu finden auf diese Art und Weise.
Wir haben auch in unserem Test eben festgestellt, dass diese Arten von Plagiaten prinzipiell nicht gefunden werden können. Aber es gibt ja auch weitere Probleme in diesem Sammeln von den Hausarbeiten von den Studierenden. Es reicht ja nicht aus, zu sagen in der Prüfungsordnung, die müssen. Wir haben ein Urheberrecht in Europa, und diesem Urheberrecht ist ganz klar geregelt, dass die Urheberschaft nicht aberkannt werden kann. Und der Urheber darf ja bestimmen, was mit der Arbeit getan wird.
Wir können die Leute nicht dazu zwingen, dass sie ihre Arbeiten irgendwelchen Firmen zur Verfügung stellen, damit die Firmen daraus Kapital schlagen können. Wenn sie das wollen, können sie das gerne. Aber wir können das nicht erzwingen, auch nicht durch irgendwelche Prüfungsordnungen.
Biesler: Das heißt, aus Ihrer Sicht ist dieses neue Verfahren nicht besser geeignet als das, was man schon immer konnte, nämlich aufmerksam lesen und dann, wenn man Zweifel hat, noch mal genauer recherchieren.
Weber-Wulff: Ja, das Verfahren gibt es ja bereits. Also das ist ja auch die Art und Weise, wie einige von den bereits am Markt vorhandene Systeme funktionieren oder eben nicht funktionieren. Aber ich finde es sehr wichtig, dass wir uns als Dozentinnen und Dozenten mit den Arbeiten unserer Studierenden auseinandersetzen. Ich verstehe, dass das ein Problem gibt in den Massenuniversitäten, wo auf irgendwelchen Gründen 200 Leute in der Lehrveranstaltung drin sind.
Aber das ist eine Sache, an die wir eigentlich herangehen müssen. Das hat nichts mehr mit Bildung zu tun, wenn so viele Leute sich in ein Seminar drängeln, dass man die Arbeiten nicht mehr lesen kann. Sondern wir sollten tatsächlich zuschauen, dass wir das hinbekommen, dass wir uns eins zu eins beschäftigen können mit den Studierenden und ihre Arbeiten auch tatsächlich lesen. Dann haben sie vielleicht auch ein bisschen mehr Lust, die zu schreiben.
Biesler: Professor Debora Weber-Wulff über die Möglichkeiten, Plagiate zu erkennen. Vielen Dank.
Weber-Wulff: Auf Wiederhören.