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Coronakrise
Musikschulen experimentieren mit Online-Unterricht

Etwa eineinhalb Millionen Menschen gehen in Deutschland zur Musikschule. Weil wegen der Coronakrise normaler Unterricht nicht mehr möglich ist, steigen einige Schulen jetzt auf Online-Kurse um. Doch das funktioniert nicht für alle Instrumente gleich gut.

Von Thorsten Philipps | 06.04.2020
    Musikschulunterricht via Skype: Ein Notenblatt liegt auf einem Keyboard, dahinter ist ein Bildschirm aufgebaut, auf dem eine Hand auf einer Klaviertastatur zu sehen ist.
    Klavierunterricht sei per Videochat nicht so leicht, meint Ralph Lange, der eine Musikschule in Lübeck leitet. (imago)
    Kristin Denef legt die Querflöte auf den Schreibtisch auf das Notenblatt und spricht mit ihrer sieben Jahre jungen Schülerin, über Lautsprecher und Mikrofon. Über den Computer-Bildschirm sieht sie, wie ihre Schülerin, die Querflöte. Von jetzt auf gleich im Internet via Skype das Flötenspiel lehren – so hat es Kristin Denef aus der Not heraus gemacht.
    "Ich hab mich schon selbst gefragt, warum sollten mir meine Schüler Geld bezahlen, wenn sie gar nichts dafür bekommen und ich wollte auch nicht auf irgendeinen Kulturfonds warten, der mich entschädigt."
    Stattdessen handelt Kristin Denef, besorgt sich über das Internet die richtige Software, und dann los: Alle ihre 50 Schülerinnen machen mit, auch Ronja Neumann. Für die 7-Jährige ist es die erste Flötenstunde online.
    "Also ich fühle mich dabei sehr gut aber im Raum ist es besser. Wenn sie hier was sagt verstehe ich sie nicht immer so gut", sagt Ronja.
    Ihre Mutter, Pia Neumann, findet die Idee gut, aber es sei nur eine "second-best-Lösung".
    "Ja, es ist ne Lösung, wenn man nicht aus dem Raum kann, aber sonst würde ich meine Tochter auch mit Krücken und gebrochenem Bein lieber zu Kristin fahren."
    In der ersten Stunde hatte auch der Leiter der Lübecker Musikschule Ralph Lange Probleme beim E-Gitarre üben mit seinem Anfänger-Schüler.
    Online-Angebote gibt es schon länger
    Von 1.100 Eltern haben die meisten aus Solidarität mit den Lehrern auf den Unterricht verzichtet ohne das bereits dafür gezahlte Geld zurückzuverlangen. Mehr als 300 nehmen die Online-Angebote an. Aber noch kann Ralph Lange nicht sicher sagen, ob es richtig gut klappt oder nicht.
    "Für uns ist es Neuland, allerdings nicht für alle, einige haben in der Vergangenheit auch mit Skype unterrichtet oder mit Plattformen wie Zoom. Für uns ist es was relativ Neues. Also von den Eltern hören wir positives, aber wir haben noch keine Evaluation gemacht und haben unsere Dozenten gebeten, das alles mal zu dokumentieren."
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    Allerdings: Es gibt viele fortgeschrittene Schüler, die schon seit längerem Online-Angebote nutzen und da sei das noch ein ganz anderer Schnack, erzählt Lange
    "da werden Protokolle hin und her geschickt – da sagt die Dozentin hier bei diesem Takt solltest Du eher auftaktig spielen."
    Die Bundesregierung und auch die Länder wollen mit Hilfspaketen auch den Freiberuflern helfen, aber Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Bernd Buchholz findet diese Entwicklung beim Musikunterricht Klasse.
    "Natürlich bietet die aktuelle Krise auch Chancen für Freiberufler, Dinge von zu Hause zu erledigen, die bitter benötigt werden, Homeoffice-Aktivitäten bekommen eine völlig neue Dimension."
    Nicht für alle Instrumente gleichermaßen geeignet
    Ralph Lange möchte nach den Corona-Krisenzeiten nicht unbedingt Online-Unterricht mit der E-Gitarre anbieten. Von Angesicht zu Angesicht in einem Raum sei optimaler, findet er und für alle Instrumente funktioniere das Online-Angebot auch nicht, zum Beispiel beim Gesang oder dem Klavier
    "Naja beim Klavier hat man einen breiten Bewegungsraum und da bekommt man das Instrument gar nicht auf den Bildschirm, so dass der Dozent dem Schüler nicht sagen kann, was er machen soll."
    Auch wenn die Bundesregierung und die Regierungen der Länder beteuern, den Freiberuflern zu helfen, viele von den bundesweit mehr als 50.000 privaten Musikdozenten wie Kristin Denef und Ralph Lange wollen sich nicht darauf verlassen und suchen jetzt den Weg zum Musikschüler über das Internet.