Wohl jeder, der dieser Tage ein Kratzen im Hals bekommt, denkt gleich an das SARS-Coronavirus 2. Wer zu einer Risikogruppe gehört, braucht schnell Gewissheit über eine Infektion, sagt Daniela Huzly. Sie ist ärztliche Leiterin der Diagnostik am Institut für Virologie des Universitätsklinikums Freiburg.
"Natürlich wäre es toll, wenn wir schnellere Teste hätten, als wir sie momentan haben. Wir brauchen momentan ungefähr vier bis fünf Stunden, bis ein Test fertig ist."
Und das ist nur die Zeit für die Analyse selbst. Mit Transport vom und zum Labor kommen momentan mehrere Tage zusammen – außer vielleicht direkt an einer Uniklinik. Zeit, in der ein Patient weitere Menschen anstecken kann. Verschiedene Hersteller sind deshalb dabei, schnellere Methoden auf den Markt zu bringen. Dabei muss man zwischen zwei Ansätzen unterscheiden: zwischen echten Schnelltests und Geräten, die genauso nach Gensequenzen von Viren suchen wie es die Labore in Kliniken bereits tun, dabei aber schneller Ergebnisse liefern.
Der Kartuschentest: Wie ein Videorekorder
Zur zweiten Gruppe gehört ein sogenannter Kartuschentest, wie ihn die Firma Qiagen an ihrem Hildener Standort herstellt. Das Biotech-Unternehmen hat ein bereits existierendes Analysesystem um das SARS-Coronavirus 2 erweitert, sagt Qiagen-Entwickler Markus Sprenger-Haussels. Dafür braucht es eine Probe tief aus der Nasenhöhle.
"Dieser Abstrich wird dann einfach in eine Kartusche gesteckt, und die Kartusche wird dann ähnlich wie eine Videokassette in einem Videorekorder versenkt, und dann läuft schon der Test, und eine Stunde später ist bereits das Testergebnis da."
Wie gefährlich ist das neue Coronavirus?
Die Zahl der Infizierten mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 steigt trotz Gegenmaßnahmen vieler Regierungen weiter - auch in Deutschland. Die Weltgesundheitsorganisation hat Ende Januar den "internationalen Gesundheitsnotstand" ausgerufen.
Die Zahl der Infizierten mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 steigt trotz Gegenmaßnahmen vieler Regierungen weiter - auch in Deutschland. Die Weltgesundheitsorganisation hat Ende Januar den "internationalen Gesundheitsnotstand" ausgerufen.
Allein im Jahr 2019 hat das Biotechunternehmen weltweit etwa eintausend der Geräte verkauft, die mit diesen Kartuschen die Erbinformation von Viren analysieren und nach Sequenzen von gleich mehreren Krankheitserregern suchen können – vollautomatisch.
In den nächsten Wochen auf dem Markt?
Zurzeit testen Ärzte in Laboren in Frankreich und China den Qiagen-Test für das neue Corona-Virus. Denn für die neue Kits, die auch SARS-Corona 2 erkennen, fehlt noch die Zulassung der Behörden.
"Wir rechnen damit, dass das in den nächsten Wochen der Fall sein wird."
Gleich mehrere Firmen bieten ähnliche Kartuschentests an. Die Freiburger Virologin Daniela Huzly kennt die Entwicklung.
"Die ist recht fortgeschritten, ich habe gerade heute Morgen nochmal ein bisschen herumtelefoniert und herumgemailt."
Und von den Herstellern Cepheit, Genmark oder Becton Dickinson gehört, dass auch sie gerade ähnliche Kits zur Zulassung bringen. Die Kartuschensysteme sind sehr zuverlässig, allerdings sind sie teuer und für den Einsatz in medizinischen Laboren gedacht.
"Das ist nichts, was ein Arzt jetzt in der Praxis machen kann. Aber das ist wahrscheinlich in dieser Epidemie auch gar nicht unbedingt sinnvoll. Momentan brauchen wir einen sicheren Nachweis, und die Labore richten sich so ein, dass sie das auch entsprechend nachweisen können und sind eigentlich auch deutschlandweit – und da sind wir auch anders organisiert als andere Länder – wirklich in der Lage, sehr viel auf einmal zu testen. Das ist wirklich gut organisiert hier."
Vorbild Schwangerschaftstest
Deutlich schneller und deutlich breiter einsetzbar wären hingegen echte Schnelltests, die ähnlich wie Schwangerschaftstest funktionieren. Sie arbeiten mit Flüssigkeit, in der der Abstrich aus der Nase aufgelöst wird, sagt Jonas Schmidt-Chanasit, Chef der Virusdiagnostik am Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg.
"Dort könnte man unterschiedliche Parameter testen. Zum einen Virusantigen, das wäre ein Virusdirektnachweis, wenn man akut erkrankt ist, oder eben auch Antikörper nachweisen. Da benutzen Sie den IgG Antikörper – wir sprechen oft von der sogenannten Sero-Narbe – und Sie können IgA- oder IgM-Antikörper benutzen, um eine akute oder kürzliche Infektion nachzuweisen, wenn Sie das beides kombinieren, können Sie letztendlich beides abdecken. Zum einen können Sie Patienten sagen: ‚Sie sind geschützt, sie haben das früher durchgemacht‘, auf der anderen Seite können Sie sagen: ‚Sie sind jetzt eben gerade infiziert und müssen entsprechend isoliert werden.‘"
Unter anderem Virologen an der Universität Bonn prüfen gerade den Schnelltest der Berliner Firma Pharmact. Dazu analysieren sie Proben von Patienten mit dem Schnelltest und überprüfen das Ergebnis dann auf herkömmliche Weise im Labor. Auch in China haben Anbieter solche Schnelltests entwickelt, sagt Jonas Schmidt-Chanasit.
"Die Schnellteste benötigen wir natürlich sehr dringend, weil sie die Diagnostik sehr vereinfachen könnten. Wir könnten dann in den Arztpraxen direkt die Patienten testen, und wir hätten innerhalb von 15, 20 Minuten das Ergebnis und könnten sofort die Maßnahmen ergreifen, die dann erforderlich sind."
Weniger empfindlich als der genetsche Nachweis im Labor
Christian Drosten, Leiter des Instituts für Virologie an der Charité in Berlin und führender Coronavirusexperte in Deutschland, sagte dem NDR, dass die Voraussetzungen gut seien, wenn die Symptome gerade einsetzen.
"Zu dieser Zeit wissen wir inzwischen aus eigener Laborerfahrung, dass Patienten –egal welcher Altersgruppe – sehr viel Virus im Rachen haben, und das macht mich sehr optimistisch, dass diese Teste gut funktionieren werden und gut empfindlich sein werden, um dieses Virus in der Anfangsphase die Krankheit nachzuweisen."
Allerdings sind sie weniger zuverlässig als die Laboruntersuchungen und werden auch in einzelnen Fällen bei Menschen anschlagen, die gar nicht erkrankt sind. Diesen Fall hält Jonas Schmidt-Chanasit für viel weniger schlimm als den entgegengesetzten:
"Wenn wir hier falsch positive haben, geht natürlich erst einmal einer in Quarantäne, der kein Corona hat, das wäre aber nicht so dramatisch, als wenn wir massenhaft Corona-Infizierte nicht erfassen würden. Hier geht es darum, die Infizierten doch abzutrennen, insofern müsste man hier auf eine hohe Sensitivität achten."
Schon in ein oder zwei Monaten – so schätzen die Experten – könnten die Schnelltests erhältlich sein.