Wenn wir auf einem Plakat oder einer Kinoleinwand einen Cowboy durch die weite Prärie reiten sehen, dann wissen wir auch ohne den Schriftzug "Marlboro": Es geht um Zigarettenwerbung. Ein reitender Cowboy aber im Museum - das kann nur eine Fotografie von Richard Prince sein. So wie Marlboro das Motiv "einsamer Cowboy und Pferd in weiter Landschaft'" im Werbekontext für sich reklamiert hat, so hat Richard Prince eben jene Szenerie im Kunstkontext für sich besetzt.
Anfang der 80er Jahre begann er, die autorlosen Fotos von Werbeanzeigen - unter Auslassung von Texten oder Logos - ab zu fotografieren. Prince provozierte damit das auf Originalität, Einzigartigkeit und Neuigkeit geeichte Wertesystem der bildenden Kunst.
Die Marlboro-Cowboys gehören nach wie vor zu Prince' Repertoire. Und dass diese Bildthematik längst nicht ausgereizt ist, zeigt die kleine Schau in der Kölner Galerie Sprüth. Dafür hat Prince rund ein Dutzend Werke der letzten zwanzig Jahre zusammengestellt, aus den Serien Cowboys, Desert Island und Upstate Series.
Nicht nach Gruppen getrennt, sondern gemischt, was überraschende Bezüge und Deutungsmöglichkeiten aufwirft. Das liegt vor allem an den Bildern der Upstate-Serie, denen kein vorgefundenes Bildmaterial zu Grunde liegt, sondern die Prince in seinem unmittelbaren Wohnumfeld aufgenommen hat, in Upstate New York. Ein Basketballkorb auf einem Feld oder ein Baum, dessen Fuß von einem Autoreifen umringt ist. Menschenleere Orte, die, jedenfalls im klassischen Sinne, ganz und gar nicht als "schön" gelten. Prince kontrastiert diese Bilder nun mit der Inselromantik der Desert Islands - Anzeigenbilder aus Reiseprospekten kombiniert mit Cartoons aus Zeitungen - und den "erhabenen" Landschaften der Cowboys.
Was ist hier echt, was ist künstlich, was ist schön, was die Realität? Für diese Botschaft ist keine groß angelegte Retrospektive nötig. Dank der geschickten Gegenüberstellung reicht ein Galerieraum völlig aus.
Aus dem Nachbarraum dringt leise Musik herüber. Dort stellt Künstlerfreund Walter Dahn, ehemals führender Kopf der Kölner Jungen Wilden, Arbeiten der letzten drei Jahre aus.
"Wir kennen uns seit 87/88 und haben viele Parallelen und gleiche Interessen. Alltagskultur, Film, Musik, Rockmusik im weitesten, Literatur, einen großen Hang zu dem, was man Trash nennt, also auch zum Abseitigen, Billigen und trotzdem stehen die beiden Räume ja gut für sich da. Man sieht viele Übereinstimmungen und man sieht auch zwei individuelle Wege, glaube ich."
Dahn eignet sich in seinen Arbeiten, wie Prince, vorgefundene Motive und Schriftzüge an, transformiert sie aber in unterschiedliche künstlerische Techniken, wie etwa den Siebdruck. Zu sehen ist beispielsweise ein teils übermaltes Neil Young-Portrait auf Stoff mit dem Titel "Long may you run", ein Albumtitel der Stills-Young Band von 1976. Aus ihrem ursprünglichen Zusammenhang gelöst, mit anderen Formen und Materialien collagiert, gehen die Sujets neue Bezüge ein, bleiben aber immer auch Fragmente ihrer Zeit.
Hier gibt's ja auch viele Stinkefinger oder Fährten, die auf den Holzweg führen können oder ins Nichts. Es geht um genaues Hinsehen, zwei, dreimal schauen, nicht wie bei einem Kreuzweg möglichst schnell durch, dass man das Ritual hinter sich hat.
Eine weitere Station der Aneignung in der Ausstellung sind die Tire-Planters von Richard Prince. Eine Idee, die er sich in seinem Wohnumfeld abgeguckt, und für den Galerieraum nachgebildet hat: Autoreifen, die zu Blumenkübeln umgestaltet sind, wobei die Felge als Boden dient und das aufgeschnittene Gummi als Behälter für Erde und Pflanze. Drei dieser Tire-Planters stehen mitten im Galerieraum - nicht etwa wie Skulpturen auf einem Sockel, sondern bepflanzt mit dem, was am Straßenrand so wächst. Die US-amerikanische Vorgartenromantik erreicht den Kunstraum!
Richard Prince und Walter Dahn lassen es uns mit ihren Strategien der Aneignung erahnen: Das Potential zum Kunstwerk schlummert womöglich auch in unserer morgendlichen Zeitung oder in der Zahnpastatube. Es muss nur geborgen werden.
Anfang der 80er Jahre begann er, die autorlosen Fotos von Werbeanzeigen - unter Auslassung von Texten oder Logos - ab zu fotografieren. Prince provozierte damit das auf Originalität, Einzigartigkeit und Neuigkeit geeichte Wertesystem der bildenden Kunst.
Die Marlboro-Cowboys gehören nach wie vor zu Prince' Repertoire. Und dass diese Bildthematik längst nicht ausgereizt ist, zeigt die kleine Schau in der Kölner Galerie Sprüth. Dafür hat Prince rund ein Dutzend Werke der letzten zwanzig Jahre zusammengestellt, aus den Serien Cowboys, Desert Island und Upstate Series.
Nicht nach Gruppen getrennt, sondern gemischt, was überraschende Bezüge und Deutungsmöglichkeiten aufwirft. Das liegt vor allem an den Bildern der Upstate-Serie, denen kein vorgefundenes Bildmaterial zu Grunde liegt, sondern die Prince in seinem unmittelbaren Wohnumfeld aufgenommen hat, in Upstate New York. Ein Basketballkorb auf einem Feld oder ein Baum, dessen Fuß von einem Autoreifen umringt ist. Menschenleere Orte, die, jedenfalls im klassischen Sinne, ganz und gar nicht als "schön" gelten. Prince kontrastiert diese Bilder nun mit der Inselromantik der Desert Islands - Anzeigenbilder aus Reiseprospekten kombiniert mit Cartoons aus Zeitungen - und den "erhabenen" Landschaften der Cowboys.
Was ist hier echt, was ist künstlich, was ist schön, was die Realität? Für diese Botschaft ist keine groß angelegte Retrospektive nötig. Dank der geschickten Gegenüberstellung reicht ein Galerieraum völlig aus.
Aus dem Nachbarraum dringt leise Musik herüber. Dort stellt Künstlerfreund Walter Dahn, ehemals führender Kopf der Kölner Jungen Wilden, Arbeiten der letzten drei Jahre aus.
"Wir kennen uns seit 87/88 und haben viele Parallelen und gleiche Interessen. Alltagskultur, Film, Musik, Rockmusik im weitesten, Literatur, einen großen Hang zu dem, was man Trash nennt, also auch zum Abseitigen, Billigen und trotzdem stehen die beiden Räume ja gut für sich da. Man sieht viele Übereinstimmungen und man sieht auch zwei individuelle Wege, glaube ich."
Dahn eignet sich in seinen Arbeiten, wie Prince, vorgefundene Motive und Schriftzüge an, transformiert sie aber in unterschiedliche künstlerische Techniken, wie etwa den Siebdruck. Zu sehen ist beispielsweise ein teils übermaltes Neil Young-Portrait auf Stoff mit dem Titel "Long may you run", ein Albumtitel der Stills-Young Band von 1976. Aus ihrem ursprünglichen Zusammenhang gelöst, mit anderen Formen und Materialien collagiert, gehen die Sujets neue Bezüge ein, bleiben aber immer auch Fragmente ihrer Zeit.
Hier gibt's ja auch viele Stinkefinger oder Fährten, die auf den Holzweg führen können oder ins Nichts. Es geht um genaues Hinsehen, zwei, dreimal schauen, nicht wie bei einem Kreuzweg möglichst schnell durch, dass man das Ritual hinter sich hat.
Eine weitere Station der Aneignung in der Ausstellung sind die Tire-Planters von Richard Prince. Eine Idee, die er sich in seinem Wohnumfeld abgeguckt, und für den Galerieraum nachgebildet hat: Autoreifen, die zu Blumenkübeln umgestaltet sind, wobei die Felge als Boden dient und das aufgeschnittene Gummi als Behälter für Erde und Pflanze. Drei dieser Tire-Planters stehen mitten im Galerieraum - nicht etwa wie Skulpturen auf einem Sockel, sondern bepflanzt mit dem, was am Straßenrand so wächst. Die US-amerikanische Vorgartenromantik erreicht den Kunstraum!
Richard Prince und Walter Dahn lassen es uns mit ihren Strategien der Aneignung erahnen: Das Potential zum Kunstwerk schlummert womöglich auch in unserer morgendlichen Zeitung oder in der Zahnpastatube. Es muss nur geborgen werden.