Friedbert Meurer: Schlechte Nachricht aus Dresden also. Eine gute kam aber gestern vom Arbeitskreis Steuerschätzung. Bis zum Jahr 2009 würden die öffentlichen Haushalte 70 Milliarden Euro ungefähr mehr einnehmen als zuletzt erwartet wurde. Das könnte Grund zur Freude sein, ist es mit Sicherheit auch. Aber in der großen Koalition scheint das Klima doch eher etwas rauer zu werden. Der SPD-Vorsitzende Kurt Beck wehrt sich heute Morgen in der "Süddeutschen Zeitung" gegen den Vorwurf der Kanzlerin, die SPD sei nicht sehr entscheidungsfreudig. Das hatte Frau Merkel in Karlsruhe bei einer CDU-Regionalkonferenz gesagt. Darauf reagiert Beck – Zitat -, "für Frau Merkel und die Ministerpräsidenten gilt: wer den Fuß auf der Bremse hat, sollte nicht auf den Motor schimpfen, wenn es zu langsam geht". Zitat Ende! – Am Telefon begrüße ich nun Peter Ramsauer, CSU-Landesgruppenchef im Bundestag. Guten Morgen Herr Ramsauer!
Peter Ramsauer: Guten Morgen!
Meurer: Wer steht denn in Berlin auf der Reformbremse, alle beide?
<im_30671>Steuerschätzung vom Mai 2006</im_30671>Ramsauer: Ich finde das ist ein schlechtes Bild, was die Erfordernisse in einer großen Koalition nicht gut beschreibt. Was wir uns vorgenommen haben in der großen Koalition ist das, was im Koalitionsvertrag steht. Das ist eine ganze Menge. Wir haben jetzt in den letzten Wochen eine Reihe dieser Dinge angepackt. Die werden wir schön abarbeiten. Wenn das erledigt ist, hat die große Koalition ziemlich viel erreicht.
Meurer: Hätte die Kanzlerin den Vorwurf an die Adresse der SPD unterlassen sollen?
Ramsauer: Ich habe das überhaupt nicht als Vorwurf empfunden. Eine große Koalition kann nur Erfolg haben, wenn man einigermaßen sinnvoll zusammenarbeitet. Ich empfinde das so im Augenblick. Und das was Sie gerade gesagt haben, dass das Klima mal rauer und mal milder ist, das ist auch vollkommen klar, denn diese große Koalition hat ursprünglich keiner der Beteiligten gewollt.
Meurer: Deswegen versuchen beide Parteien oder alle drei Parteien, sich vielleicht auch etwas stärker zu profilieren. Geht die Initiative in der Politik in der letzten Zeit stärker von der SPD aus, wie Kurt Beck sagt?
Ramsauer: Nein! Nicht nur die theoretische Richtlinienkompetenz, sondern auch die wirkliche Antriebskraft, um das Bild vom Motor aufzunehmen, hat Angela Merkel. Dass in einzelnen Punkten natürlich starke Wünsche der SPD da sind, das ist auch mehr als natürlich, beispielsweise bei diesem AGG, was im Grunde genommen von niemandem auf der Unionsseite gewollt wird.
Meurer: Das Antidiskriminierungsgesetz oder was meinen Sie?
Ramsauer: Ja, das Allgemeine Gleichstellungsgesetz. Früher hieß es in allerdings wesentlich anderer Form Antidiskriminierungsgesetz. Die Begriffe werden fälschlicherweise immer noch synonym gebraucht. Aber in diesen Auseinandersetzungen in einzelnen Punkten und in den Kompromissen, die geschlossen werden müssen, spiegelt sich natürlich der Wählerwille der letzten Bundestagswahl.
Meurer: Warum hat Frau Merkel sich nicht stärker gegen dieses Gleichstellungsgesetz gestellt? Im Wahlkampf wurde das als bürokratisches Monstrum bezeichnet, auch von Ihrem Parteivorsitzenden Edmund Stoiber, und auch der stimmt dem zu.
Ramsauer: Das war es auch und diese Vorwürfe im Wahlkampf waren berechtigt. Allerdings ist dieses Gesetz oder ein Gesetz, was die europäischen Richtlinien, Vorgaben umsetzen sollte, wieder völlig neu verhandelt worden. Heute liegt etwas anderes vor als damals im Wahlkampf gegeißelt worden ist. Insofern darf man nicht so tun, als sei dies das gleiche.
Meurer: Wieso sehen das selbst Ihre eigenen Parteifreunde in der Fraktion anders, insbesondere beim Wirtschaftsflügel?
Ramsauer: Wir haben uns intensiv ausgesprochen und dabei konnten eine Reihe von Informationsdefiziten beseitigt werden.
Meurer: Hätte Frau Merkel ein bisschen mehr zumindest sozusagen Kampfeslust zeigen sollen, damit auch jeder mitbekommt jawohl, die Kanzlerin kämpft für die Sache der Union?
Ramsauer: Wer dabei gewesen ist, wie beispielsweise ich, beim letzten Koalitionsausschuss in der Nacht vom 1. auf den 2. Mai, der kann der Bundeskanzlerin intensivste Kampflust bescheinigen. Wir haben die halbe Nacht, eigentlich noch länger, um Kompromisse gerungen. Ich erinnere nur daran, dass in der letzten Fraktionssitzung der SPD und davor in Arbeitsgruppen der SPD intensivst gestritten worden ist, ob das, was die Union der SPD abgerungen hat, von der SPD auch nur annähernd akzeptabel ist. Es ist also ein Geben und Nehmen!
Meurer: Was sagen sie zu dem Vorwurf, dass die Union hier einfach an Glaubwürdigkeit verloren hat, in einem zentralen Punkt für die Partei, Parteien?
Ramsauer: Das kann man nun wirklich nicht sagen. In der Frage frage ich dann immer zurück, wo denn bitte.
Meurer: Zum Beispiel darin, dass es jetzt heißt, Edmund Stoiber hat zugestimmt, damit die bayerischen Landwirte Steuervorteile kriegen, zwei Sachen, die gar nichts miteinander zu tun haben.
Ramsauer: Vollkommener Unsinn! Eine solche Behauptung ist mir auch schon zu Ohren gekommen. Das sind die Erfindungen nicht beteiligter Wichtigtuer. Von Steuervorteilen bei den bayerischen Landwirten kann überhaupt keine Rede sein. Gemeint ist hier ein Ausgleich bei der so genannten Vorsteuerpauschale. Das ist eine Vereinfachung, Verfahrensvereinfachung bei der Umsatzsteuerabwicklung bei etwa 90 Prozent der Bauern. Da geht es nicht nur um bayerische Bauern, sondern um deutsche Bauern.
Meurer: Wie sollte die Unionsspitze den künftigen Kurs fahren? Weiter den Kompromiss um jeden Preis suchen, oder auch einmal mehr Profil zeigen?
Ramsauer: Nein! Das kann nicht sein, den Kompromiss um jeden Preis suchen zu müssen. Die wichtigsten Dinge sind ja im Koalitionsvertrag festgelegt. Der Koalitionsvertrag selbst ist ja sozusagen schon ein leibhaftiger Kompromiss. Der Kompass muss sein, Deutschland wieder international wettbewerbsfähig zu machen. Wir müssen finanzpolitisch handlungsfähig werden und da stehen die Zeichen zumindest nicht schlecht, aber wir müssen trotzdem Kurs halten. Wenn wir jetzt einige bessere Zahlen für den Haushalt bekommen, dann ist das eine Schwalbe, aus der wir einen Sommer machen müssen. Wir müssen den Arbeitsmarkt in Ordnung bringen und da liegt noch eine Riesen Arbeit vor uns.
Meurer: Gibt es überhaupt keinen Spielraum, doch auf die eine oder andere Steuerbelastung zu verzichten, wenn jetzt so viel mehr Geld in die Kasse gespült wird?
Ramsauer: Ja, theoretisch schon und da werden jetzt die einen oder anderen Experten herangezogen und die Zahl der Gegenexperten ist genauso hoch. In diesem Hin und Her von Expertenmeinungen glaube ich ist es wichtigste Aufgabe der Bundesregierung, Kurs zu halten, um berechenbar zu bleiben, und das umzusetzen, was beschlossen worden ist.
Meurer: Was ist für Sie wichtiger, Sanieren oder Steuerentlastungen?
Ramsauer: Beides im Grunde genommen. Wir müssen Sanieren, um auch wieder Handlungsspielraum bekommen zu können. Wenn Sie von Steuerentlastungen sprechen, dann kommt das ja in Form einer großen Steuerreform auf uns zu, zu der wir bis zur Sommerpause die Leitlinien, die Eckpunkte vorlegen und sogar im Kabinett beschließen werden.
Meurer: Aber an der drei Prozent höheren Mehrwertsteuer ab 1. Januar 2007, da gibt es definitiv keine Abstriche?
Ramsauer: Daran wird sich nichts mehr ändern. Wenn man das ändern würde, würde man sich der Wankelmütigkeit preisgeben und man würde wichtige finanzpolitische Zielsetzungen regelrecht verraten, denn das was jetzt hier an Steuermehreinnahmen kommt ist ja nur ein heißer Stein angesichts dessen, wie diese Regierung die Staatsfinanzen beim Bund von der Vorgängerregierung übernommen hat.
Peter Ramsauer: Guten Morgen!
Meurer: Wer steht denn in Berlin auf der Reformbremse, alle beide?
<im_30671>Steuerschätzung vom Mai 2006</im_30671>Ramsauer: Ich finde das ist ein schlechtes Bild, was die Erfordernisse in einer großen Koalition nicht gut beschreibt. Was wir uns vorgenommen haben in der großen Koalition ist das, was im Koalitionsvertrag steht. Das ist eine ganze Menge. Wir haben jetzt in den letzten Wochen eine Reihe dieser Dinge angepackt. Die werden wir schön abarbeiten. Wenn das erledigt ist, hat die große Koalition ziemlich viel erreicht.
Meurer: Hätte die Kanzlerin den Vorwurf an die Adresse der SPD unterlassen sollen?
Ramsauer: Ich habe das überhaupt nicht als Vorwurf empfunden. Eine große Koalition kann nur Erfolg haben, wenn man einigermaßen sinnvoll zusammenarbeitet. Ich empfinde das so im Augenblick. Und das was Sie gerade gesagt haben, dass das Klima mal rauer und mal milder ist, das ist auch vollkommen klar, denn diese große Koalition hat ursprünglich keiner der Beteiligten gewollt.
Meurer: Deswegen versuchen beide Parteien oder alle drei Parteien, sich vielleicht auch etwas stärker zu profilieren. Geht die Initiative in der Politik in der letzten Zeit stärker von der SPD aus, wie Kurt Beck sagt?
Ramsauer: Nein! Nicht nur die theoretische Richtlinienkompetenz, sondern auch die wirkliche Antriebskraft, um das Bild vom Motor aufzunehmen, hat Angela Merkel. Dass in einzelnen Punkten natürlich starke Wünsche der SPD da sind, das ist auch mehr als natürlich, beispielsweise bei diesem AGG, was im Grunde genommen von niemandem auf der Unionsseite gewollt wird.
Meurer: Das Antidiskriminierungsgesetz oder was meinen Sie?
Ramsauer: Ja, das Allgemeine Gleichstellungsgesetz. Früher hieß es in allerdings wesentlich anderer Form Antidiskriminierungsgesetz. Die Begriffe werden fälschlicherweise immer noch synonym gebraucht. Aber in diesen Auseinandersetzungen in einzelnen Punkten und in den Kompromissen, die geschlossen werden müssen, spiegelt sich natürlich der Wählerwille der letzten Bundestagswahl.
Meurer: Warum hat Frau Merkel sich nicht stärker gegen dieses Gleichstellungsgesetz gestellt? Im Wahlkampf wurde das als bürokratisches Monstrum bezeichnet, auch von Ihrem Parteivorsitzenden Edmund Stoiber, und auch der stimmt dem zu.
Ramsauer: Das war es auch und diese Vorwürfe im Wahlkampf waren berechtigt. Allerdings ist dieses Gesetz oder ein Gesetz, was die europäischen Richtlinien, Vorgaben umsetzen sollte, wieder völlig neu verhandelt worden. Heute liegt etwas anderes vor als damals im Wahlkampf gegeißelt worden ist. Insofern darf man nicht so tun, als sei dies das gleiche.
Meurer: Wieso sehen das selbst Ihre eigenen Parteifreunde in der Fraktion anders, insbesondere beim Wirtschaftsflügel?
Ramsauer: Wir haben uns intensiv ausgesprochen und dabei konnten eine Reihe von Informationsdefiziten beseitigt werden.
Meurer: Hätte Frau Merkel ein bisschen mehr zumindest sozusagen Kampfeslust zeigen sollen, damit auch jeder mitbekommt jawohl, die Kanzlerin kämpft für die Sache der Union?
Ramsauer: Wer dabei gewesen ist, wie beispielsweise ich, beim letzten Koalitionsausschuss in der Nacht vom 1. auf den 2. Mai, der kann der Bundeskanzlerin intensivste Kampflust bescheinigen. Wir haben die halbe Nacht, eigentlich noch länger, um Kompromisse gerungen. Ich erinnere nur daran, dass in der letzten Fraktionssitzung der SPD und davor in Arbeitsgruppen der SPD intensivst gestritten worden ist, ob das, was die Union der SPD abgerungen hat, von der SPD auch nur annähernd akzeptabel ist. Es ist also ein Geben und Nehmen!
Meurer: Was sagen sie zu dem Vorwurf, dass die Union hier einfach an Glaubwürdigkeit verloren hat, in einem zentralen Punkt für die Partei, Parteien?
Ramsauer: Das kann man nun wirklich nicht sagen. In der Frage frage ich dann immer zurück, wo denn bitte.
Meurer: Zum Beispiel darin, dass es jetzt heißt, Edmund Stoiber hat zugestimmt, damit die bayerischen Landwirte Steuervorteile kriegen, zwei Sachen, die gar nichts miteinander zu tun haben.
Ramsauer: Vollkommener Unsinn! Eine solche Behauptung ist mir auch schon zu Ohren gekommen. Das sind die Erfindungen nicht beteiligter Wichtigtuer. Von Steuervorteilen bei den bayerischen Landwirten kann überhaupt keine Rede sein. Gemeint ist hier ein Ausgleich bei der so genannten Vorsteuerpauschale. Das ist eine Vereinfachung, Verfahrensvereinfachung bei der Umsatzsteuerabwicklung bei etwa 90 Prozent der Bauern. Da geht es nicht nur um bayerische Bauern, sondern um deutsche Bauern.
Meurer: Wie sollte die Unionsspitze den künftigen Kurs fahren? Weiter den Kompromiss um jeden Preis suchen, oder auch einmal mehr Profil zeigen?
Ramsauer: Nein! Das kann nicht sein, den Kompromiss um jeden Preis suchen zu müssen. Die wichtigsten Dinge sind ja im Koalitionsvertrag festgelegt. Der Koalitionsvertrag selbst ist ja sozusagen schon ein leibhaftiger Kompromiss. Der Kompass muss sein, Deutschland wieder international wettbewerbsfähig zu machen. Wir müssen finanzpolitisch handlungsfähig werden und da stehen die Zeichen zumindest nicht schlecht, aber wir müssen trotzdem Kurs halten. Wenn wir jetzt einige bessere Zahlen für den Haushalt bekommen, dann ist das eine Schwalbe, aus der wir einen Sommer machen müssen. Wir müssen den Arbeitsmarkt in Ordnung bringen und da liegt noch eine Riesen Arbeit vor uns.
Meurer: Gibt es überhaupt keinen Spielraum, doch auf die eine oder andere Steuerbelastung zu verzichten, wenn jetzt so viel mehr Geld in die Kasse gespült wird?
Ramsauer: Ja, theoretisch schon und da werden jetzt die einen oder anderen Experten herangezogen und die Zahl der Gegenexperten ist genauso hoch. In diesem Hin und Her von Expertenmeinungen glaube ich ist es wichtigste Aufgabe der Bundesregierung, Kurs zu halten, um berechenbar zu bleiben, und das umzusetzen, was beschlossen worden ist.
Meurer: Was ist für Sie wichtiger, Sanieren oder Steuerentlastungen?
Ramsauer: Beides im Grunde genommen. Wir müssen Sanieren, um auch wieder Handlungsspielraum bekommen zu können. Wenn Sie von Steuerentlastungen sprechen, dann kommt das ja in Form einer großen Steuerreform auf uns zu, zu der wir bis zur Sommerpause die Leitlinien, die Eckpunkte vorlegen und sogar im Kabinett beschließen werden.
Meurer: Aber an der drei Prozent höheren Mehrwertsteuer ab 1. Januar 2007, da gibt es definitiv keine Abstriche?
Ramsauer: Daran wird sich nichts mehr ändern. Wenn man das ändern würde, würde man sich der Wankelmütigkeit preisgeben und man würde wichtige finanzpolitische Zielsetzungen regelrecht verraten, denn das was jetzt hier an Steuermehreinnahmen kommt ist ja nur ein heißer Stein angesichts dessen, wie diese Regierung die Staatsfinanzen beim Bund von der Vorgängerregierung übernommen hat.