Eine neue Auswahl seiner Bildergeschichten, erschienen in der Anderen Bibliothek des Eichborn-Verlags und herausgegeben von Robert Gernhardt, zeigt Wilhelm Busch als einen herzerfrischend radikalen Oppositionellen. Mit den Mitteln von Stift und Papier macht er nieder, was nach herrschender Meinung den Leuten wichtig ist: Die heilige Ehe und die liebe Familie, die seligmachende Kirche und die holde Kunst, den zünftigen Rausch und das kernig-deutsche Turnen, den Vorläufer des Bodybuildings. Von Philantropie und Tierliebe, von häuslichem Frieden und pittoreskem Landleben - von solchen Idealen und Wunschvorstellungen bleibt im Säurebad von Wilhelm Buschs herrlich zersetzender Komik wenig übrig. Busch ist nicht konstruktiv, sondern lustvoll destruktiv, gegenüber Werten und gegenüber Wesen. Kinder werden zu Broten gebacken oder, wie die "bösen Buben von Korinth”, "platt gewalzt, wie Kuchen sind”; Respektspersonen werden gepiesackt und malträtiert, gepeinigt das Haustier, verwüstet das Heim. Mensch und Schwein finden zusammen, und "der Bürgermeister, ängstlich blau, / Bewegt sich fort auf Kanters Sau.” Die Leser aber, statt sich moralinsauer zu empören, verfolgen mit Schaulust, wie sich das Unglück entwickelt, und laben sich an ihm voll Schadenfreude.
Von Fipps dem Affen schreibt Busch, daß "Bosheit sein Lieblingsfach” sei, und von jenem Finsterling, der Plisch und Plum ersäufen will, heißt es: "O wie kalt ist sein Gemüt!” Das gilt für den Zeichner und Dichter Busch selber: Der hält die Katastrophen mit kaltem Blick fest und bereimt sie in unterkühlter Sprache - wie in seinem frühen Klassiker, der Bilderposse vom "Eispeter”. Der fällt beim Eislaufen ins Wasser und erfriert, wird zuhause am Ofen aufgetaut, doch "ach, aber ach! Nun ist’s vorbei! / Der ganze Kerl zerrinnt zu Brei.” Im letzten Bild steht im Vorratskeller ein Topf mit seinem Namenszug neben Gurkenglas und Käsebottich. "Ja, ja! In diesen Topf von Stein, / Da machte man den Peter ein, / Der, nachdem er anfangs hart, / später weich wie Butter ward.”
Bei Wilhelm Busch geht es immer aufs Schlimme, und das ohne Zeigefinger-Moral und menschelndes Mitgefühl. Busch schreibt, was andere nicht zu denken wagen: ",Heißa’ - rufet Sauerbrot - / ,Heißa! Meine Frau ist tot’” Das ist vom notorischen goldenen Humor durchaus entfernt - und dennoch gehört der ungemütliche und wunderbar zynische Busch seit jeher zum deutschen Hausschatz. Aber man hat ihn ja in die Kinderstube verbannt. (Und daß seine Bildergeschichten Vorläufer des Comic sind und sogar dessen onomatopoetischen Erfindungen vorausgreifen - "knatteradoms!” gewittert es bei Busch, "klabum!” fällt ein Stuhl um, "Habuh!” macht das Gespenst -, solche Qualitäten haben sicher zum dauerhaften Erfolg beigetragen.)
Bei der Busch-Lektüre können Kinder ihrem Affen namens Ungehorsam, Wildheit und Grausamkeit Zucker geben und lernen doch zugleich, daß die Flegel und Bösewichter - "wehe, wenn ich auf das Ende sehe!” - schließlich ihre Strafe finden. Die aber ist, wie jedermann von Max und Moritz erinnert, so grotesk, daß sie nur lachen macht: Zur Ideologie der Abschreckung taugt Busch gewiß nicht.
Wohl aber zur Triebabfuhr - und nicht nur des Kindes, sondern auch des Erwachsenen; auch durchaus eines skeptischen Erwachsenen, den beim Anblick von Mensch und Welt, bei der Erkenntnis der Pharisäer und ihres Betriebs eine diffuse Zerstörungslust befällt, die ins Ungefährliche, ins harmlos Komische zu sublimieren ihm Busch mit seinen Bildergeschichten hilft. Wenn nicht umgekehrt Busch erst den Samen der Skepsis und der Distanz zu Mensch und Welt unbemerkt im Leser sät.
Die Auswahl aus Wilhelm Buschs Bildergeschichten, die Robert Gernhardt getroffen hat, beschert dem Leser nicht nur ein frohes Wiedersehen mit alten Bekannten. Wer bewußt liest, liest mehr, und der Titel des Bandes ist Programm. "Da grunzte das Schwein, die Englein sangen” - diese Zeile aus des Heiligen Antonius Himmelfahrt macht deutlich, was Gernhardt will: Den kompromißlos komischen Busch präsentieren - jenen Wilhelm Busch, der, so Gernhardt, sie "hemmungs-, verantwortungs- und bedenkenlos” rausläßt, die, so abermals Gernhardt: "sado-maso-anarcho-hoho-huhu-haha-aua-ratsch-patsch-klickeradoms-Komik-Sau”.
Nun ist Robert Gernhardt als Schreiber und Zeichner genau so eine Doppelbegabung und als führendes Mitglied der Neuen Frankfurter Schule selber ein Produzent verschärfter Komik. Daß in seiner Busch-Auswahl zu stöbern und zu schmökern Spaß macht, versteht sich daher; eine schlechte Auswahl aus Wilhelm Buschs Bildergeschichten zu treffen, dürfte allerdings auch unmöglich sein. Doch liegt Gernhardts besonderes Verdienst in seiner Absicht: Busch aus dem Kinderzimmer herauszuholen und bei den Erwachsenen populär zu machen; und zu zeigen, daß Buschs Rang in seiner scharfen, bis heute wirkungsvollen Komik liegt. Robert Gernhardts Auswahl aus Wilhelm Buschs Bildergeschichten zeigt: Diese Komik veraltet nicht.
Von Fipps dem Affen schreibt Busch, daß "Bosheit sein Lieblingsfach” sei, und von jenem Finsterling, der Plisch und Plum ersäufen will, heißt es: "O wie kalt ist sein Gemüt!” Das gilt für den Zeichner und Dichter Busch selber: Der hält die Katastrophen mit kaltem Blick fest und bereimt sie in unterkühlter Sprache - wie in seinem frühen Klassiker, der Bilderposse vom "Eispeter”. Der fällt beim Eislaufen ins Wasser und erfriert, wird zuhause am Ofen aufgetaut, doch "ach, aber ach! Nun ist’s vorbei! / Der ganze Kerl zerrinnt zu Brei.” Im letzten Bild steht im Vorratskeller ein Topf mit seinem Namenszug neben Gurkenglas und Käsebottich. "Ja, ja! In diesen Topf von Stein, / Da machte man den Peter ein, / Der, nachdem er anfangs hart, / später weich wie Butter ward.”
Bei Wilhelm Busch geht es immer aufs Schlimme, und das ohne Zeigefinger-Moral und menschelndes Mitgefühl. Busch schreibt, was andere nicht zu denken wagen: ",Heißa’ - rufet Sauerbrot - / ,Heißa! Meine Frau ist tot’” Das ist vom notorischen goldenen Humor durchaus entfernt - und dennoch gehört der ungemütliche und wunderbar zynische Busch seit jeher zum deutschen Hausschatz. Aber man hat ihn ja in die Kinderstube verbannt. (Und daß seine Bildergeschichten Vorläufer des Comic sind und sogar dessen onomatopoetischen Erfindungen vorausgreifen - "knatteradoms!” gewittert es bei Busch, "klabum!” fällt ein Stuhl um, "Habuh!” macht das Gespenst -, solche Qualitäten haben sicher zum dauerhaften Erfolg beigetragen.)
Bei der Busch-Lektüre können Kinder ihrem Affen namens Ungehorsam, Wildheit und Grausamkeit Zucker geben und lernen doch zugleich, daß die Flegel und Bösewichter - "wehe, wenn ich auf das Ende sehe!” - schließlich ihre Strafe finden. Die aber ist, wie jedermann von Max und Moritz erinnert, so grotesk, daß sie nur lachen macht: Zur Ideologie der Abschreckung taugt Busch gewiß nicht.
Wohl aber zur Triebabfuhr - und nicht nur des Kindes, sondern auch des Erwachsenen; auch durchaus eines skeptischen Erwachsenen, den beim Anblick von Mensch und Welt, bei der Erkenntnis der Pharisäer und ihres Betriebs eine diffuse Zerstörungslust befällt, die ins Ungefährliche, ins harmlos Komische zu sublimieren ihm Busch mit seinen Bildergeschichten hilft. Wenn nicht umgekehrt Busch erst den Samen der Skepsis und der Distanz zu Mensch und Welt unbemerkt im Leser sät.
Die Auswahl aus Wilhelm Buschs Bildergeschichten, die Robert Gernhardt getroffen hat, beschert dem Leser nicht nur ein frohes Wiedersehen mit alten Bekannten. Wer bewußt liest, liest mehr, und der Titel des Bandes ist Programm. "Da grunzte das Schwein, die Englein sangen” - diese Zeile aus des Heiligen Antonius Himmelfahrt macht deutlich, was Gernhardt will: Den kompromißlos komischen Busch präsentieren - jenen Wilhelm Busch, der, so Gernhardt, sie "hemmungs-, verantwortungs- und bedenkenlos” rausläßt, die, so abermals Gernhardt: "sado-maso-anarcho-hoho-huhu-haha-aua-ratsch-patsch-klickeradoms-Komik-Sau”.
Nun ist Robert Gernhardt als Schreiber und Zeichner genau so eine Doppelbegabung und als führendes Mitglied der Neuen Frankfurter Schule selber ein Produzent verschärfter Komik. Daß in seiner Busch-Auswahl zu stöbern und zu schmökern Spaß macht, versteht sich daher; eine schlechte Auswahl aus Wilhelm Buschs Bildergeschichten zu treffen, dürfte allerdings auch unmöglich sein. Doch liegt Gernhardts besonderes Verdienst in seiner Absicht: Busch aus dem Kinderzimmer herauszuholen und bei den Erwachsenen populär zu machen; und zu zeigen, daß Buschs Rang in seiner scharfen, bis heute wirkungsvollen Komik liegt. Robert Gernhardts Auswahl aus Wilhelm Buschs Bildergeschichten zeigt: Diese Komik veraltet nicht.