Kate Maleike: Ganz in der Nähe des Geschehens, rund um die heutig Exzellenzentscheidung im Bonner Wissenschaftszentrum hat auch der Generalsekretär des Deutschen Akademischen Austauschdiensts DAAD Dr. Christian Bode sein Büro, er muss nämlich nur die Treppe herunter gehen. Hallo, Herr Bode.
Christian Bode: Tag, Frau Maleike.
Maleike: Ist das für Sie heute ein Jubeltag oder teilt er die deutschen Unis künftig, wie viele ja auch befürchten, in Gewinner und Verlierer?
Bode: Na, ich denke erstmal in Gewinner. Und andere haben ja noch die Chance. Wir werden auch dafür sorgen, dass nicht in der Öffentlichkeit, im Ausland der Eindruck entsteht, wir hätten nur ein paar gute Universitäten. Sondern wir haben ein paar, die in diesem Wettbewerb die besseren sind, und andere, die es noch werden können. Also es ist ein Tag der Freude.
Maleike: Mit der Exzellenzinitiative wird ja nun speziell die Forschung an den Hochschulen gefördert. Kommt die Lehre da nicht viel zu kurz im Moment?
Bode: In diesem Wettbewerb kommt sie mir zu kurz. Das war auch so gewollt, ein stark forschungsorientierter Wettbewerb, wenngleich das Element Graduiertenschulen ja schon eine Verbindung zur Ausbildung hat, freilich zur Ausbildung des Forschernachwuchses, und Ausbildung ist natürlich noch ein bisschen mehr als nur wissenschaftlicher Nachwuchs. Insofern ist es nun mal nur ein forschungsbezogener Wettbewerb, und ich wünschte mir, wir hätten etwas ähnliches auch für die Lehre.
Maleike: Wir könnte denn diese etwas ähnliche Sache für die Lehre aussehen? Was könnte man auf die Beine stellen?
Bode: Also es ist ja mit der Lehre ein bisschen schwierig, auf Bundesebene zu agieren - Stichwort Föderalismusreform. Aber die letzte Fassung unserer Verfassungsänderung würde erlauben, dass Bund und Länder sich etwa in dem geplanten Hochschulpakt auch auf einen Wettbewerb verständigen, der besondere Qualität in der Lehre fördert. Das kann man auf unterschiedliche Weise machen, wie zum Beispiel England gezeigt hat - die haben ein ausgesprochenes Exzellenzsystem in der Lehre entwickelt, in dem besondere Studiengänge, besonders vorbildliche Fakultäten und auch ganze Universitäten ausgezeichnet werden für besondere Erfolge in der Lehre, die man durchaus ebenso messen kann, wie Erfolge in der Forschung.
Maleike: Warum gilt denn eigentlich nicht der Automatismus, dass gute Forscher auch gute Lehre machen?
Bode: Also in gewissem Umfang gilt der, insbesondere wenn man in die höheren Etage der Lehre vorstößt, also in die Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses. Aber er gilt erfahrungsgemäß nicht immer. Es gibt begnadete Forscher, die also ausgesprochen schwierige Lehrer sind. Es gibt natürlich auch welche, die sind in beiden Bereichen gleich gut. Wir kennen genug Institutionen sowohl in Deutschland, wie aber vor allem Dingen auch im Ausland, die einen hervorragenden Ruf als Ausbildungsinstitution haben, aber nicht in den obersten Etagen des Forschungsrankings vorkommen. Nehmen Sie mal als Beispiel die französischen Grandes Écoles, die machen kaum Forschung, aber bilden den Spitzennachwuchs aus. In Amerika gibt es das ähnlich. Bei uns würde ich zum Beispiel die Fachhochschulen nennen, von denen es einige hervorragende gibt, insbesondere einige Fachbereiche, die den Universitäten mehr als das Wasser reichen könnten, die aber jetzt zum Beispiel in diesem Exzellenzwettbewerb überhaupt nicht vorkommen können.
Man kann sehr wohl auch da differenzieren. Die Lehre folgt sehr wohl anderen Gesetzen, und nur in der sehr forschungsbezogenen wissenschaftlichen Unterrichtung des wissenschaftlichen Nachwuchses, da gilt diese Kongruenz, diese direkte Entsprechung.
Maleike: Rechnen Sie auch damit, dass zum Beispiel durch die Einführung von Studiengebühren jetzt dann auch der Druck auf die Lehre eine bessere, qualitativ hochwertigere Lehre steigen wird?
Bode: Also das erhoffen wir uns alle.
Maleike: Aber Hoffen reicht ja nicht.
Bode: Man wird auch nicht jetzt die großen Wunderschübe erwarten können von 500 Euro pro Semester. Trotzdem erstmalig ist der Kunde wieder ein zahlender Kunde, und ich denke, dass das auch zusätzliche Anstrengungen erfordert und auch möglich macht. Da kommt ja auch immerhin einiges Geld in die Kasse, das ausschließlich für die Verbesserung der Lehre genutzt werden kann. Aber mit guter Lehre und exzellenter Lehre meine ich nicht nur die Ausstattung, wiewohl die natürlich wichtig ist. Es geht mir letztlich mit dem Vorschlag, auch einen Exzellenzwettbewerb für die Lehre zu machen, darum, dass überhaupt das Thema Lehre und Studium als gleichgewichtige Aufgabe der Universitäten sozusagen die gleiche Würde, den gleichen Rang bekommt wie die Aufgabe der Forschung. Und da haben wir nach wie vor ein gewisses Gefälle im Selbstverständnis der Universitäten, im Selbstverständnis der Professoren und manchmal sogar der Studenten. Forschung ist oben, Lehre ist weiter unten - das ist kein richtiges Verständnis.
Maleike: Was werden Sie denn von Seiten des DAAD nun tun, um eine akademische und politische Öffentlichkeit für dieses Anlegen zu bekommen?
Bode: Wir tun ja schon insofern etwas, als wir internationale Studiengänge auszeichnen und auch fördern. Für mich gehört Exzellenz und Internationalität sowieso zusammen. Ich kann mir keine exzellente Lehre und keine exzellente Forschung vorstellen, die nicht auch international ausgerichtet ist. Aber das sind natürlich kleinmaßstäbliche Aktivitäten. Immerhin haben wir jetzt mit dem Stifterverband zusammen und der deutschen Rektorenkonferenz einen Wettbewerb ausgeschrieben und auch schon entschieden, die zehn besten international orientierten Masterstudiengänge in der Bundesrepublik auszuzeichnen. Das wird öffentlich am 1. Dezember geschehen. Damit wollten wir auch ein Zeichen setzen, dass man sich da anstrengen kann, dass es hervorragende Beispiele gibt, und wollen vor allen Dingen auch die beste Praxis den anderen sozusagen zur Nachahmung empfehlen. Also solche Initiativen, aber viel großmaßstäblicher, könnten dazu beitragen, die Lehre an deutschen Hochschulen wieder in den Rang zu versetzen, der ihr gebührt.
Christian Bode: Tag, Frau Maleike.
Maleike: Ist das für Sie heute ein Jubeltag oder teilt er die deutschen Unis künftig, wie viele ja auch befürchten, in Gewinner und Verlierer?
Bode: Na, ich denke erstmal in Gewinner. Und andere haben ja noch die Chance. Wir werden auch dafür sorgen, dass nicht in der Öffentlichkeit, im Ausland der Eindruck entsteht, wir hätten nur ein paar gute Universitäten. Sondern wir haben ein paar, die in diesem Wettbewerb die besseren sind, und andere, die es noch werden können. Also es ist ein Tag der Freude.
Maleike: Mit der Exzellenzinitiative wird ja nun speziell die Forschung an den Hochschulen gefördert. Kommt die Lehre da nicht viel zu kurz im Moment?
Bode: In diesem Wettbewerb kommt sie mir zu kurz. Das war auch so gewollt, ein stark forschungsorientierter Wettbewerb, wenngleich das Element Graduiertenschulen ja schon eine Verbindung zur Ausbildung hat, freilich zur Ausbildung des Forschernachwuchses, und Ausbildung ist natürlich noch ein bisschen mehr als nur wissenschaftlicher Nachwuchs. Insofern ist es nun mal nur ein forschungsbezogener Wettbewerb, und ich wünschte mir, wir hätten etwas ähnliches auch für die Lehre.
Maleike: Wir könnte denn diese etwas ähnliche Sache für die Lehre aussehen? Was könnte man auf die Beine stellen?
Bode: Also es ist ja mit der Lehre ein bisschen schwierig, auf Bundesebene zu agieren - Stichwort Föderalismusreform. Aber die letzte Fassung unserer Verfassungsänderung würde erlauben, dass Bund und Länder sich etwa in dem geplanten Hochschulpakt auch auf einen Wettbewerb verständigen, der besondere Qualität in der Lehre fördert. Das kann man auf unterschiedliche Weise machen, wie zum Beispiel England gezeigt hat - die haben ein ausgesprochenes Exzellenzsystem in der Lehre entwickelt, in dem besondere Studiengänge, besonders vorbildliche Fakultäten und auch ganze Universitäten ausgezeichnet werden für besondere Erfolge in der Lehre, die man durchaus ebenso messen kann, wie Erfolge in der Forschung.
Maleike: Warum gilt denn eigentlich nicht der Automatismus, dass gute Forscher auch gute Lehre machen?
Bode: Also in gewissem Umfang gilt der, insbesondere wenn man in die höheren Etage der Lehre vorstößt, also in die Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses. Aber er gilt erfahrungsgemäß nicht immer. Es gibt begnadete Forscher, die also ausgesprochen schwierige Lehrer sind. Es gibt natürlich auch welche, die sind in beiden Bereichen gleich gut. Wir kennen genug Institutionen sowohl in Deutschland, wie aber vor allem Dingen auch im Ausland, die einen hervorragenden Ruf als Ausbildungsinstitution haben, aber nicht in den obersten Etagen des Forschungsrankings vorkommen. Nehmen Sie mal als Beispiel die französischen Grandes Écoles, die machen kaum Forschung, aber bilden den Spitzennachwuchs aus. In Amerika gibt es das ähnlich. Bei uns würde ich zum Beispiel die Fachhochschulen nennen, von denen es einige hervorragende gibt, insbesondere einige Fachbereiche, die den Universitäten mehr als das Wasser reichen könnten, die aber jetzt zum Beispiel in diesem Exzellenzwettbewerb überhaupt nicht vorkommen können.
Man kann sehr wohl auch da differenzieren. Die Lehre folgt sehr wohl anderen Gesetzen, und nur in der sehr forschungsbezogenen wissenschaftlichen Unterrichtung des wissenschaftlichen Nachwuchses, da gilt diese Kongruenz, diese direkte Entsprechung.
Maleike: Rechnen Sie auch damit, dass zum Beispiel durch die Einführung von Studiengebühren jetzt dann auch der Druck auf die Lehre eine bessere, qualitativ hochwertigere Lehre steigen wird?
Bode: Also das erhoffen wir uns alle.
Maleike: Aber Hoffen reicht ja nicht.
Bode: Man wird auch nicht jetzt die großen Wunderschübe erwarten können von 500 Euro pro Semester. Trotzdem erstmalig ist der Kunde wieder ein zahlender Kunde, und ich denke, dass das auch zusätzliche Anstrengungen erfordert und auch möglich macht. Da kommt ja auch immerhin einiges Geld in die Kasse, das ausschließlich für die Verbesserung der Lehre genutzt werden kann. Aber mit guter Lehre und exzellenter Lehre meine ich nicht nur die Ausstattung, wiewohl die natürlich wichtig ist. Es geht mir letztlich mit dem Vorschlag, auch einen Exzellenzwettbewerb für die Lehre zu machen, darum, dass überhaupt das Thema Lehre und Studium als gleichgewichtige Aufgabe der Universitäten sozusagen die gleiche Würde, den gleichen Rang bekommt wie die Aufgabe der Forschung. Und da haben wir nach wie vor ein gewisses Gefälle im Selbstverständnis der Universitäten, im Selbstverständnis der Professoren und manchmal sogar der Studenten. Forschung ist oben, Lehre ist weiter unten - das ist kein richtiges Verständnis.
Maleike: Was werden Sie denn von Seiten des DAAD nun tun, um eine akademische und politische Öffentlichkeit für dieses Anlegen zu bekommen?
Bode: Wir tun ja schon insofern etwas, als wir internationale Studiengänge auszeichnen und auch fördern. Für mich gehört Exzellenz und Internationalität sowieso zusammen. Ich kann mir keine exzellente Lehre und keine exzellente Forschung vorstellen, die nicht auch international ausgerichtet ist. Aber das sind natürlich kleinmaßstäbliche Aktivitäten. Immerhin haben wir jetzt mit dem Stifterverband zusammen und der deutschen Rektorenkonferenz einen Wettbewerb ausgeschrieben und auch schon entschieden, die zehn besten international orientierten Masterstudiengänge in der Bundesrepublik auszuzeichnen. Das wird öffentlich am 1. Dezember geschehen. Damit wollten wir auch ein Zeichen setzen, dass man sich da anstrengen kann, dass es hervorragende Beispiele gibt, und wollen vor allen Dingen auch die beste Praxis den anderen sozusagen zur Nachahmung empfehlen. Also solche Initiativen, aber viel großmaßstäblicher, könnten dazu beitragen, die Lehre an deutschen Hochschulen wieder in den Rang zu versetzen, der ihr gebührt.