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Dänemark
Digitaler Unterricht mit Blick auf den Datenschutz

Stabiles WLAN, Smartboards und Lerninhalte auf Laptops: Fast alle Schulen in Dänemark sind digitalisiert. Auch an der deutschen Schule in Sonderborg wird auf Tablets und Bildschirmen unterrichtet. Besonders bemüht ist sich die Schule aber darin, die Daten ihrer Schüler zu schützen.

Von Johannes Kulms |
Ein Schüler lernt während des Unterrichts im Fach Geschichte am Alten Gymnasium Oldenburg (AGO) mit einem iPad; Symbolbild Digitales Lernen
Der Einsatz von digitalen Lernmitteln ist in Dänemark selbstverständlich (dpa/Hauke-Christian Dittrich)
An der deutschen Schule in Sonderborg zeigt sich an diesem Morgen, wie lässig Altes und Neues zusammengehen. Im Dänischunterricht der sechsten Klasse schauen sich die 12- und 13-Jährigen ein Musikvideo an. Der Rapper Isam B. hat das berühmte Gedicht "I Danmark er jeg født" des Schriftstellers Hans Christian Andersen vertont. John und Boris schauen abwechselnd aufs Video und ins Lehrbuch und suchen nach Bezügen zur Natur und zur dänischen Geschichte:
"Ja, über die Strände und das Wasser so und mehr, und über die Wälder"
"Ich habe noch nicht so gut geguckt."
Er müsse die Jugendlichen in ihrer Lebenswelt abholen, sagt Dänischlehrer Mikkel Siebenkäß. Auch bei der Vermittlung des Nationaldichters Andersen helfe der Einsatz von Smartphones und Laptops:
"Also, das Gedicht nur für sich alleine ist, glaube ich, wenig interessant für die Schüler. Wenn da ein Rap dazukommt oder so was aus ihrer Lebenswelt, dann wird es interessanter, glaube ich."
Dass die dänischen Schulen bei der internationalen Vergleichsstudie ICILS so gut abschneiden, habe ihn nicht überrascht, sagt Schulleiter Thomas Mühlhausen. Insgesamt sei die Digitalisierung im Königreich viel weiter im Alltag. Unterschriften und Stempel auf Papier und auf Behördenformularen seien überholt:
"Und auch wenn man es ganz eilig hat, sich scheiden zu lassen, dann ist das eine Sache von 60 Sekunden. Man drückt zwei Knöpfe und bekommt seine Schlüsselzahlen über seine Schlüssel-App und dann ist man geschieden."
Umgerechnet eine Milliarde Euro hat die Regierung in Kopenhagen in den letzten Jahren für die Digitalisierung der Bildungseinrichtungen in die Hand genommen. Fast alle Schulen im Königreich haben ein stabiles WLAN und der Einsatz von digitalen Lernmitteln ist selbstverständlich. Schon früh lernen die Kinder in Sonderborg zum Beispiel mithilfe der Computer, Zeitungen zu entwerfen, Umfragen digital auszuwerten oder Videos zu schneiden. Viele Unterrichtsmaterialien seien nur noch digital zu haben, sagt Schulleiter Mühlhausen.
Feinmotorische Entwicklung wird betont
Ihm ist aber auch wichtig zu unterstreichen, dass doch noch einige Kulturtechniken und Fähigkeiten ganz "old school" vermittelt werden müssen:
"Gerade, wenn man jetzt in den Unterstufenbereich geht, da ist es ja schon wichtig, dass aufgrund der feinmotorischen Entwicklung auch Handschrift und Papier auch eine große Rolle spielen. Das ist ja allgemein bekannt, dass viele Kinder im Grundschulalter gar nicht mehr ausschneiden können, eine Schere bedienen können."
Im Matheunterricht der neunten Klasse steht heute Kombinatorik auf dem Plan. Zu Beginn zeigt das Smartboard, wie fast jede Stunde, ein Lernvideo. Kurz darauf machen sich die Jugendlichen an die Aufgabenbearbeitung an ihren Laptops. Lehrer Mirko Poppe läuft derweil mit seinem Tablet durch den Raum, beantwortet Fragen und kann immer wieder auf seinem Bildschirm sehen, wer genau gerade bei welcher Aufgabe steht und wie die Fehlerquote ausfällt, einfach zu erkennen an einer Art Ampelsystem:
"Grün ist natürlich immer richtig schön! Ich würde jetzt bei Zwei, Dreien noch mal hingehen, wo sehr viel rot ist, und da würde ich tatsächlich noch mal gucken, was da denn los war und vor allem, ob sie – so wie jetzt Shayan das gerade sagte – ob sie aus den Fehlern auch gelernt haben, also, dass man jetzt drauf aufmerksam geworden ist."
Lachender Lehrer der deutschen Schule in Sonderborg, Dänemark
Lehrer Mirko Poppe hält digitale Lernmittel für hilfreich, wenn es um Tests und Vergleiche geht (Deutschlandradio / Johannes Kulms)
Datenschutz im digitalen Klassenzimmer
Mirko Poppe hat lange in Deutschland Mathe und Physik unterrichtet. In Dänemark lege man großen Wert auf Tests und Vergleiche, so sein Eindruck. Dafür sei der Einsatz von digitalen Lernmitteln hilfreich. Natürlich kennt Poppe auch die großen Bedenken in Deutschland mit Blick auf den Datenschutz. Um den zu gewährleisten, sei mit dem dänischen Softwarelieferanten eine Vereinbarung getroffen worden:
"Also, es ist sozusagen von denen abgesichert. Wir machen nur das und das, die sind nur für euren statistischen Zweck zur Verfügung. Und wenn die Schüler nicht mehr an der Schule sind, dann werden die gelöscht."
Mira ist vor etwa zwei Jahren von Thüringen nach Sonderborg gezogen. Sie erinnert sich noch an den Matheunterricht in Deutschland mit Heft, Buch und Vorrechnen an der Tafel. Ihr gefällt der dänische Ansatz, selber zu recherchieren und die Aufgaben am Bildschirm zu lösen:
"Und so finde ich, kann man das viel besser lernen am Computer, weil man in seinem eigenen Tempo vorgehen kann."
"Geflasht" sei er gewesen, sagt Yannick, als er vor einem Jahr von Schleswig nach Dänemark zog und hier den Schulbetrieb kennenlernte. Ist digitales Lernen automatisch besser?
"Also, ich bin da etwas zwiegespalten. Also, ich finde, man kann natürlich besser lernen. Aber natürlich bringt das auch ein paar Verlockungen, dass man irgendwie in der Schule auch ein bisschen spielt, aber das legt sich auch mit der Zeit so. Es ist eigentlich eine ganz gute Alternative so."