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Damit der Schuh nicht drückt

Wie es um die Gesundheit von Kinderfüßen bestellt ist, dazu startete im Januar dieses Jahres ein Projekt im Bundesland Bayern. Die Ergebnisse der Studie wurden heute in München veröffentlicht. Und Ratschläge, worauf Eltern beim Schuhkauf achten sollten, gab es gleich dazu.

Von Wolfgang Nitschke |
    "Zeigt her eure Füße, zeigt her eure Schuh" heißt es im Kinderlied, und genau das haben rund 1500 Kindergartenkinder in Bayern in den vergangenen Monaten - im Rahmen einer Studie der Betriebskrankenkassen - gemacht. Ergebnis: Jedes achte Kind ist orthopädisch auffällig, hat Knicksenkfüße, X- oder O-Beine oder ein auffälliges Gangbild. Manuela Osterloh von der BKK Bayern mit weiteren Ergebnissen der Studie:

    " Rund drei Prozent der Kinder waren mit Einlagen fehlversorgt. Das klingt zunächst mal nicht viel, ist aber bedeutsam, weil die Kinder a) mit Einlagen unnütz herumlaufen und b) auch die Kassen unnütze Kosten tragen. Drei Prozent der Kinder waren stark übergewichtig. Wesentlich war noch, dass die Schuhpassform in 70 Prozent der Fälle nicht passgenau war. Die Schuhe waren viel zu groß oder zu klein oder auch zu eng. Bei den Straßenschuhen haben wir festgestellt, dass überwiegend zu große Schuhe getragen wurden, bei den Hausschuhen im Kindergarten waren es Schuhe, die bis zu fünf Nummern zu klein waren. "

    Auch das hat Folgen: Jedes fünfte Kindergartenkind hat an den Füßen Druckstellen, Warzen oder Nagelpilz. Hochgerechnet auf Schulkinder oder Jugendliche heißt das: 98 Prozent aller Menschen kommen mit gesunden Füßen zur Welt, aber nur noch 40 Prozent der Menschen haben gesunde Füße, wenn sie erwachsen werden. Aber es sind nicht nur falsche Schuhe, die die Kinderfüße in Mitleidenschaft ziehen. Ein großes Problem ist das Übergewicht und eine schlechte Muskulatur. Mark Nitschky, Diplom-Sportpädagoge:

    " Diese Kinder benötigen in diesem Alter viel Bewegung. Das ist wie bei Erwachsenen auch: Bewegung stäkt die Muskulatur und die Muskulatur hilft dem Bewegungsapparat, sich in eine normale Position zu entwickeln. Das ist das, was für die Kinderfüße entscheidend ist. Deshalb raten wir den Eltern - und deshalb haben wir mit den Kindern auch viel Gymnastik gemacht, haben ihnen Übungen gezeigt, die man machen kann - außerhalb der Schuhe sich viel zu bewegen. Nicht jede Bewegung ist gleich. Barfuß ist eine andere Belastung für die Muskulatur als in Schuhen. Übungen beispielsweise auf den Zehenspitzen zum Zähneputzen, auf den Fersen zurück - also es sind Dinge, die in den Alltag der Kinder mit hinein sollen, die sollen regelmäßig gemacht werden, also das ist das, was bei uns Erwachsenen ja dann auch Muskulatur aufbaut. "

    Die 12 Prozent aller Kinder, bei denen die Füße aber bereits im Kindergartenalter geschädigt sind, sollten neben Gymnastik und Muskelaufbau zunächst mal einen Orthopäden aufsuchen und die Füße gegebenenfalls auch röntgen lassen:

    " Die Orthopäden sagen, bis 13, 14 ist ein Fuß ausgewachsen. Bis dahin kann man noch etwas regulieren, dann natürlich in Form von Einlagen für diese speziellen Fälle. Da muss man aber zu sagen, es gibt unterschiedliche Einlagen. Oft sehen wir diese Einlagen, die wir alle noch kennen aus unserer Jugend - die einfach unten drunter gelegt werden. Aber die Kinder, die Einlagen brauchen, brauchen meistens eine ganz spezielle Einlage, die die Ferse umgreift und dem Fuß eine Richtung vorgibt, in welche Richtung sich der Fuß entwickeln soll. Wenn man eine Einlage nur unten drunter legt, knickt der Fuß weiter im Schuh mit um. Das hat dann auch keine richtige Wirkung. "

    Zwei Ergebnisse der Studie sind darüber hinaus noch erwähnenswert: Erstens: Kinderfußgesundheit hat nichts mit sozialer oder nationaler Herkunft zu tun. Deutsche und ausländische Kinder, reiche oder ärmere Familien sind von kaputten Füßen statistisch gleichermaßen betroffen. Und zweitens: Je billiger der Schuh aus China oder Osteuropa ist, umso größer ist die Gefahr, dass die Angabe über die Schuhgröße fehlerhaft ist, und da immer mehr solche Schuhe verkauft werden, lässt sich auch erklären, warum die Straßenschuhe oft zu groß und die Hausschuhe im Kindergarten oft zu klein sind.