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Damwild auf dem Vormarsch

Wildtierfleisch steht - nach Angaben des Statistischen Bundesamtes - bei den Verbrauchern hoch im Kurs. Rund ein Kilogramm pro Kopf wurde in diesem Jahr gegessen - etwa ein Drittel mehr als noch vor einigen Jahren. Weil die heimischen Lieferanten die derart gestiegene Nachfrage gar nicht decken konnten, sind entsprechend stark auch die Wildfleisch-Einfuhren geklettert und zwar um mehr als 20 Prozent. Auch das ist sicherlich eine Folge der Rinderkrankheit BSE. Wildtierfleisch gilt als mager und schmackhaft und gerade jetzt - gegen Ende des Jahres - haben die landwirtschaftlichen Wildtiergehege entsprechend viel zu tun. Knapp 6000 gibt es davon in Deutschland. Und auch im Osten der Republik entdecken die Landwirte mehr und mehr die Alternative zur Rinderzucht - weiträumige Grünflächen gibt es schließlich genug. Viola Leipoldt hat ein Wildgehege in Sachsen besucht, das sich in erster Linie auf die Hege von Damwild spezialisiert hat.

von: Viola Leipoldt |
    Wildtierfleisch steht - nach Angaben des Statistischen Bundesamtes - bei den Verbrauchern hoch im Kurs. Rund ein Kilogramm pro Kopf wurde in diesem Jahr gegessen - etwa ein Drittel mehr als noch vor einigen Jahren. Weil die heimischen Lieferanten die derart gestiegene Nachfrage gar nicht decken konnten, sind entsprechend stark auch die Wildfleisch-Einfuhren geklettert und zwar um mehr als 20 Prozent. Auch das ist sicherlich eine Folge der Rinderkrankheit BSE. Wildtierfleisch gilt als mager und schmackhaft und gerade jetzt - gegen Ende des Jahres - haben die landwirtschaftlichen Wildtiergehege entsprechend viel zu tun. Knapp 6000 gibt es davon in Deutschland. Und auch im Osten der Republik entdecken die Landwirte mehr und mehr die Alternative zur Rinderzucht - weiträumige Grünflächen gibt es schließlich genug. Viola Leipoldt hat ein Wildgehege in Sachsen besucht, das sich in erster Linie auf die Hege von Damwild spezialisiert hat.

    Kaum klappern die Kastanien und Eicheln im Eimer von Gerhard Kroschk kommt das Damwildrudel auch schon angetrabt. Futterzeit für knapp 130 Damhirschmütter und ihren Nachwuchs. Durch die fiepsenden Rufe verständigen sich die Mütter mit ihren Jungen. Ihr Futter besteht im Wildgehege von Gerhard Kroschk aus dem, was sie auch in freier Natur bekommen würden:

    "Im Sommer über gibt es nur Gras und Wasser und im Winter Heu und Wasser und die Eicheln und Kastanien dazu."

    Weder Düngemittel noch Zusatzfutter sind erlaubt - ökologische Tierhaltung auf 20 Hektar eingegatterter Wiese. Seit zehn Jahren betreibt das Ehepaar Kroschk ihr Wildtiergehege in der Nähe von Bautzen. Der Entschluss zur eigenen Firma hat sie vor der drohenden Arbeitslosigkeit bewahrt. Gerhard Kroschk:

    "Ich war 30 Jahre auf der LPG gewesen und unsere LPG ist relativ schnell pleite gegangen. Und zu dem Zeitpunkt war ich 45 Jahre und habe nur in der Landwirtschaft gearbeitet und nun stand ich da – was soll nun werden. Und das ist hier meine elterliche Wirtschaft, das waren damals 15 Hektar mit Wald. Aber dafür waren für die heutigen Verhältnisse die Gebäude zu klein, also brauchte man irgendetwas, was man draußen halten kann."

    Damwild war die Lösung – die pflegeleichten Tiere bleiben das ganze Jahr über im Freien. Ausser einer regelmäßigen Gesundheitskontrolle und der Fütterung im Winter macht ihre Haltung kaum Arbeit.

    Eine Entstehungsgeschichte wie viele andere in Ostdeutschland. Anfang der 90er Jahre gab es einen wahren Gründungsboom von landwirtschaftlichen Wildtiergehegen in Sachsen – etwa 260 gibt es inzwischen. Und es dürften noch mehr werden, wenn das geplante neue Bundesnaturschutzgesetz endgültig beschlossen wird. Denn das komplizierte Genehmigungsverfahren für Gehegebetreiber soll vereinfacht werden. Nicolas Mewes vom sächsischen Landwirtschaftsministerium:

    "Bisher hat das Bundesnaturschutzgesetz vorgeschrieben, das für Tiergehege, dazu zählen auch Wildgehege, einer Genehmigungspflicht unterliegen. Das wird jetzt abgeschafft. Damit besteht für die Länder die Möglichkeit, ebenfalls auf derartige Genehmigungen zu verzichten. Bei uns besteht die Vorstellung oder die Planung, das zumindest für die jagdbaren Tierarten, also gerade Wildgehege, auf die entsprechende Genehmigung im sächsischen Naturschutzrecht verzichtet wird."

    Bis zur Umsetzung des Bundesgesetzes in Landesrecht wird jedoch noch einige Zeit vergehen.

    Gerhard Kroschk ist froh, das er die Behördengänge hinter sich hat. So kann er sich voll und ganz seinen Tieren widmen. Das Geschäft mit dem mageren gesunden Fleisch geht gut – nicht erst seit der BSE-Krise:

    "Gerade so die ersten Jahre zu Weihnachten kamen viele Leute an und sagten, wir haben jetzt die ganzen Jahre Gans gegessen, jetzt wollen wir mal das probieren. Und die kommen wieder, da gibt es keine Probleme."

    Durch die Gehegehaltung kann der 55jährige das ganze Jahr über sein Fleisch anbieten, denn Schonzeiten wie in freier Natur muss er nicht einhalten. Das für die Vermarktung vorgesehene Damwild – etwa 130 Stück - steht getrennt von den Zuchttieren und ihrem Nachwuchs. Wird Fleischnachschub gebraucht, klettert Kroschk auf seinen Hochstand und schießt die entsprechende Anzahl Damwild.

    Cirka 30 Kilo Fleisch ergibt ein junger Hirsch. Der hauseigene Hofladen hat neben Damwild aber auch Fleisch vom Angus-Rind im Angebot, das die Kroschks ebenfalls halten. Edeltraut Kroschk betreut den Verkauf von Fleisch und Wildwurst:

    "Die Salami vom Damhirsch aber auch vom Angus-Rind, die lassen wie beim Fleischer machen, da haben wir die Möglichkeiten nicht in unserer Vermarktung hier, aber die Knacker machen wir selber und den Schinken auch."

    Der Damwildnachwuchs auf der anderen Straßenseite ahnt glücklicherweise noch nicht, das er einmal auf der Ladentheke landen wird. Für die in diesem Frühjahr geborenen Tiere wird es erst im nächsten Herbst ernst. ·

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    Mehr Informationen zu Wildtiergehegen auch auf der Homepage des Bundesverbandes für landwirtschaftliche Wildhaltung